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Mädchen sorgen für den größten Zuwachs im DHB

Seit 2001 hat Hockey seinen Mitgliederbestand um fast 30 Prozent auf knapp 84.000 Mitglieder erhöht

21.01.2021 - Alljährlich zum Jahresende hin veröffentlicht der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ein umfangreiches Statistikwerk. In dieser sogenannten „DOSB-Bestandserhebung“ geht es darum, wie der organisierte Sport in Deutschland nach Mitgliedern gegliedert ist. In schier endlosen Zahlenkolonnen ist dokumentiert, in welchen Regionen des Landes, in welchen Altersgruppen und in welchen Disziplinen wie viele Menschen dem Sport verbunden sind. In der Summe sind es über 27 Millionen Personen, die in Sportvereinen und -verbänden registriert sind. Sportpolitiker sprechen gern von der „größten Bürgerbewegung in Deutschland“.

Interessant wird diese Bestandserhebung, wenn man die Zahlen über mehrere Jahre hinweg vergleicht. Hier werden dann Entwicklungen deutlicher. Für Hockey und den Deutschen Hockey-Bund ist dieser Blick auf die statistische Bewegung durchaus positiv zu bewerten. Seit der DOSB Anfang der 2000er-Jahre begonnen hat, seinen Mitgliederbestand auf diese Weise regelmäßig mit dem Stichtag 1. Januar zu dokumentieren, erfreut sich Hockey eines kontinuierlichen Zuwachses. Aus 64.646 DHB-Mitgliedern des Jahres 2001 sind bis ins Jahr 2020 nun 83.912 geworden, Hockey konnte seine Basis also um fast 20.000 Mitglieder, also um knapp 30 Prozent steigern.

In der DHZ-Ausgabe 3 haben wir die DOSB-Zahlen der vergangenen 20 Jahre für den Deutschen Hockey-Bund zusammengestellt. Übernommen haben wir auch die Einteilung der DOSB-Bestandserhebung in sieben Altersabschnitte. Basis sind die Meldungen der Vereine an ihren Landessportbund. Unterhalb der Gesamtzahl steht in Klammer die Veränderung gegenüber dem Vorjahr, in absoluten Zahlen wie auch in Prozentangaben.

Über einem „kleinschrittigen, aber stetigen Zuwachs in den letzten beiden Jahrzehnten“ freut sich Maren Boyé, die Direktorin Sportentwicklung des DHB, bei Betrachtung der Hockey-Mitgliederentwicklung. Tatsächlich ist festzustellen, dass es für den DHB fast jährlich ein Plus gab, das mal mehr und mal weniger groß ausfiel. Nur zwei Mal hatte man einen Zahlenrückgang. Das war von 2001 auf 2002 und ganz aktuell von 2019 zu 2020 der Fall. Von diesem jüngsten Minus von immerhin 2083 Mitgliedern im DOSB-Zahlenwerk will sich Boyé „nicht panisch machen lassen“. Wichtiger für eine Einordnung ist für die langjährige DHB-Mitarbeiterin (seit 2006) die Entwicklung über einen längeren Zeitraum: „Mich interessiert immer eine Tendenz über mehrere Jahre.“

Dass solch eine Tendenz für 2021 und darüberhinaus wieder positiver ausschauen wird, kann sich Maren Boyé derzeit allerdings nur schwer vorstellen. „Corona wird es uns schwermachen“, glaubt die 43-Jährige, dass die Pandemie Folgen haben wird für die Vereine, neue Mitglieder an sich zu binden und auch die bisherigen allesamt an Bord zu halten, allen lobenswerten Bemühungen zum Trotz, die sehr viele Clubs in den letzten schweren Monaten angestrengt hätten. „Wir werden leiden, aber wahrscheinlich nicht so sehr wie manche Einzelsportart“, schätzt Boyé.

Was sich aus der DOSB-Bestandserhebung sehr gut herauslesen lässt, ist der Umstand, dass der Mitgliederzuwachs im Hockey zu großen Teilen weiblich ist. Gliederte sich 2001 der personelle Bestand unseres Sports noch in rund zwei Drittel Männer/Jungen (knapp 43.000 Mitglieder) und ein Drittel Frauen/Mädchen (knapp 22.000), so hat sich dieses Verhältnis signifikant in Richtung des weiblichen Anteils verschoben. Konnte der männliche Bereich in den vergangenen zwei Jahrzehnten seine Zahlen um lediglich gut zehn Prozent steigern (auf 46.659), so legte der weibliche Bereich im gleichen Zeitraum um über 70 Prozent zu (auf 37.253). Somit hat sich das Geschlechterverhältnis prozentual auf 55,6 (männlich) zu 44,4 (weiblich) angenähert.

Frühere DHB-Kampagnen wie „Hockey – weil ich ein Mädchen bin“ und andere gezielte Aktionen für den weiblichen Nachwuchs seien „damals ein wichtiges Signal, ein Startschuss“ gewesen, sieht Maren Boyé die Früchte einer Saat inzwischen aufgegangen. „Junge Mädchen haben Hockey als Sportart für sich entdeckt“, folgert die Kölnerin aus den Zahlen. Die Gründe für diese Entwicklung seien vielschichtig. „Hockey hat auf vielen Kanälen den weiblichen Bereich einfach angesprochen. Wir sind da als Sportart einen guten Weg gegangen“, sagt Boyé und nennt neben großen sportlichen Erfolgen der Damen-Nationalmannschaft (Olympiagold 2004, Europameister 2007, Olympiabronze 2016) auch Dinge wie mädchenorientierte Outfits der Sportkleidung oder den in den Social-Media-Kanälen sehr positiv präsenten „Danas“ und ihre Aushängeschilder, die damit für potenzielle Nachahmerinnen noch mehr Idol seien als die Stars früherer Tage.

Tatsächlich weist die Statistik der zurückliegenden fünf Jahre für den Bereich der Sieben- bis 14-Jährigen, der als klassisches Einstiegsalter in den Vereinssport gilt und alle anderen Altersspannen zahlenmäßig klar überragt, im Hockey mehr Mädchen als Jungen auf. Das war noch vor 20 Jahren ganz anders mit fast doppelt so vielen Jungen wie Mädchen. Zur statistischen Realität gehört aber auch, dass spätestens ab dem Bereich der 19- bis 26-Jährigen der männliche Bereich wieder die Oberhand zurückgewinnt. Für Maren Boyé ist das nichts Überraschendes: „Bei der Selbstentfaltung der jungen Frau mit Ausbildung, Job, Familie und vielleicht Mutterschaft hat der Sport dann oft keinen Platz mehr, während er bei vielen Männern trotz Karriere und Familie immer Teil ihres Lebens bleibt.“ Etablierte soziale Strukturen würden diesen Trend noch verstärken. Boyé: „Trotz aller gesellschaftlichen Entwicklungen ist es doch in vielen Partnerschaften immer noch so, dass Frauen zu einem größeren Teil den familiären Part zu Hause übernehmen, während die Männer beispielsweise auch nach einem langen Arbeitstag abends noch ins Zweite-Herren-Training gehen.“

Eine andere Zahl ist in der großen DHZ-Statistik zur DOSB-Bestandserhebung außen vor geblieben, weil für manche Jahre auch kein Wert in den Datenbanken eingetragen war. Unstrittig aber ist die Feststellung, dass sich die bundesweite Anzahl der Hockeyvereine und -abteilungen in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten so gut wie nicht verändert hat, sogar minimal rückläufig ist. In der aktuellen DOSB-Statistik (2020) werden für den DHB 370 Vereine ausgewiesen, 2014 waren es mit 382 noch zwölf mehr. „Zu- und Abgänge halten sich seit vielen Jahren in etwa die Waage“, bestätigt Maren Boyé den Trend, sagt aber auch: „Da gibt es kein festes Muster.“ Wenn es der DHB-Sportentwicklung durch Aktionen wie die regelmäßigen Regionalkonferenzen oder der Ausbildung von sogenannten Hockey-Scouts gelingt, die Gründung neuer Vereine und Abteilungen zu unterstützen, so verschwindet an anderer Stelle vielleicht ein schon länger kriselnder Club vollends von der Bildfläche. „Es passiert einfach und ist nicht selten dem Tun und Sein Einzelner in den Vereinen geschuldet, in welche Richtung es geht“, sind der DHB-Direktorin oftmals die Hände gebunden, was solche Entwicklungen angeht.

Gleichwohl arbeitet der DHB unvermindert daran, seine Basis auszubauen. „Wir wollen zusammen mit unseren Landesverbänden die weißen Flecken auf der Hockey-Landkarte klein halten oder klein machen“, betont Maren Boyé. Die Schwierigkeiten, gerade außerhalb von Zentren und größeren Städten die Sportart Hockey anzusiedeln und dann zu etablieren, seien groß. „Trotzdem sind wir mehr geworden im Hockey“, stellt Boyé bei aller Stagnation der Vereinszahlen die gute Arbeit vieler bestehender Clubs heraus, die für das Mitglieder-Plus der vergangenen Jahre gesorgt hätten. Allerdings seien in vielen Vereinen die Kapazitäten ausgereizt. „Es gibt einige Hockeyvereine“, so Maren Boyé, „die ganz bewusst einen Aufnahmestopp neuer Mitglieder eingelegt haben, weil beispielsweise Trainer- oder Platzkapazitäten fehlen.“        

lim