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Ein Paukenschlag, aber mit Vorgeschichte

01.06.2021

Wie sehr Janne Müller-Wieland als Synonym für das aktuelle deutsche Damenhockey steht, wird einem bewusst, wenn man auf die offizielle Event-Homepage der Europameisterschaft 2021 schaut. Dass die niederländischen Ausrichter dort die Kapitäne (Eva de Goede und Billy Bakker) ihrer eigenen Nationalmannschaften abbilden, ist wenig überraschend. Dazu kommt mit Arthur van Doren der zweifache Welthockeyspieler aus den Reihen des amtierenden Herren-Europameisters, der das belgische Hockey wie kaum sonst jemand verkörpert. Die Vierte im Bunde dieser EM-Optik ist Janne Müller-Wieland als Repräsentantin des Vizeeuropameisters Deutschland. Natürlich konnten die EM-Organisatoren nicht ahnen, dass die langjährige Danas-Kapitänin in Amsterdam gar nicht dabei sein wird, wenn am kommenden Freitag die EM beginnt. Und auch das olympische Turnier in Tokio wird ohne JMW stattfinden.

Auch in Deutschland konnte sich das bis vor wenigen Tagen niemand richtig vorstellen. Ist Janne verletzt? Das fragte in den Sozialen Netzwerken sogleich jemand, als vorige Woche die Nominierung für EM und Olympia vom DHB öffentlich gemacht wurde. Nein, eine Verletzung ist nicht der Grund. Aus Leistungsgründen hat Bundestrainer Xavier Reckinger seine bisherige Abwehrchefin aus den Aufgeboten gestrichen. Dieser Paukenschlag (anders kann man diese Personalie nicht bezeichnen) hat aber offenbar eine Vorgeschichte. Reckinger gab in einer virtuellen Journalisten-Gesprächsrunde zu, dass er der 329-fachen Nationalspielerin im vergangenen halben Jahr eine Art „Wildcard“ gegeben habe. Tatsächlich war Müller-Wieland die einzige aus dem Kreis des erweiterten Olympiakaders, die aus privaten Gründen mit dem Umzug zur Lebenspartnerin in England seit Ende Oktober 2020 kein Ligahockey mehr spielte. Dass sie Anfang des Jahres auch den ein oder anderen Kurzlehrgang in Mannheim wegen Reiseverbots (Corona!) unfreiwillig verpasste, kam als Pech obendrauf.

Die Verlegung der Olympischen Spiele 2020 um ein Jahr warf die eigene Lebensplanung offenbar über den Haufen, trotzdem wollte die 34-Jährige für Tokio 2021 weiter zur Verfügung stehen und versuchte Versäumtes auf eigene Art zu kompensieren. Alles machte der Bundestrainer mit, auch aus Respekt vor der großen Karriere von Müller-Wieland. Doch einen Blankoschein wollte Reckinger nicht ausstellen, sondern am Ende möglichst objektiv vergleichen. Bei diesem Prozess kam er zum Schluss, dass „die anderen Mädels Janne überholt“ hätten. Hart!

Uli Meyer