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Rein van Eijk: „Wir können im Viertelfinale wieder bei Null anfangen“

Zu Beginn der heißen Saisonphase im Kampf um die Deutsche Feldmeisterschaft 2022 überraschte Rein van Eijk mit seiner Bekanntmachung, Ende Juli den Trainerjob aus familiären Gründen an den Nagel zu hängen. Vielleicht hat das den positiven Effekt, dass sich sein Herrenteam des Berliner HC nun noch mehr ins Zeug legt, dem Coach einen gebührenden Ausstand zu bescheren. Trotz durchwachsenen Leistungen während der Runde erreichten die Berliner klar das Viertelfinale, wo es nun gegen Mannheimer HC geht. Im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner leuchtet van Eijk die Chancen seines Teams aus. Der 34-jährige Niederländer spricht auch über seine persönliche Situation und welchen Job im Hockey er sich in näherer Zukunft eventuell doch noch vorstellen könnte.

 

Herr van Eijk, zum Abschluss der Ligaphase konnten Ihre BHC-Herren einen ungefährdeten Sieg auf heimischer Anlage einfahren. Wenn Sie jetzt ein Zwischenfazit fällen müssten über die bisherige Spielzeit, wie würde dieses ausfallen?  

REIN van Eijk: Wir nehmen aus der bisherigen Saison mit, dass in der Mannschaft viel mehr steckt, als wir bisher rausgeholt haben. Warum das so ist, dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Wir befinden uns gerade noch klar in der Findungsphase und suchen weiter nach neuen Strukturen in der Mannschaft. Mit Martin Häner, Moritz Kentmann und Luca Wild haben wir ganz erfahrene Spieler verloren. Da muss man erst einmal wieder herausfinden, wer wofür zuständig ist und welche Rolle übernimmt. Das ist ein ganz normaler Prozess. Dazu kam, dass während des Prozesses einige Wechsel in der Begleitung der Mannschaft und des Prozesses an sich stattfanden. Adi Pasarakonda hat uns nach der Halle verlassen, ich habe den Anfang des Prozesses verpasst, als ich Vater geworden bin. Das sind auch alles Veränderungen, die die Mannschaft und die Leistung beeinflussen. Und gerade zu Beginn der Rückrunde war es auch nicht so leicht, die Enttäuschung des verlorenen Hallen-DM-Finals zu verarbeiten. Das Gute ist aber, dass wir jetzt im Viertelfinale wieder bei null anfangen können. Wir haben die gleichen Chancen wie Mannheim.

Der vierte Tabellenplatz in der Staffel A stand für Sie schon vor dem letzten Spieltag fest. Nun steht seit Sonntag mit dem Sieger der Staffel B, dem Mannheimer HC, endgültig Ihr Viertelfinalgegner fest. Mit welchem Anspruch und welchen Erwartungen gehen Sie an diese Spiele heran?

Jedes Spiel gewinnen zu wollen. Es ist ab sofort egal, ob du mit 1:0 oder mit 10:0 gewinnst. Es geht einzig allein um Siege. Das ist das Großartige an diesen Spielen, und so gehen wir es auch an. Wir versuchen natürlich, nicht ins offene Messer zu laufen. Wir werden unsere Hausaufgaben machen und uns optimal vorbereiten.

Vergangene Feldsaison trennte Ihre Mannschaft (50) und den MHC (51) nur ein Punkt am letzten Spieltag. In der jetzigen, deutlich kürzeren Saison sind es ganze 15 Punkte, die der MHC mehr eingefahren hat. Hat der Berliner HC aktuell den Anschluss an die Top-Mannschaften etwas verloren, oder wodurch erklären Sie sich diese starke Differenz von der jetzigen zur Vorsaison?

Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass wir damals deutlich besser waren. Der einzige Grund, warum Mannheim so nah an uns dran war, war der Umstand, dass sie ihre Punkte aus der Vorsaison mitgenommen haben. In der „Saison“ 2020/2021 waren wir punktgleich mit Mülheim die beste Mannschaft. Aber ja, diese Saison ist die Differenz sehr groß. Das ist eine Folge der eben genannten Gründe und der Tatsache, dass wir zu vielen ungünstigen Zeitpunkten mit vielen Ausfällen gebeutelt waren. Man sieht aber auch am Mannheimer HC dieses Jahr, dass Mannschaften im zweiten Jahr unter einem neuen Trainer grundsätzlich besser performen. Man sieht, dass Mannheim sich schon gefunden hat und sich auch vom Rest ein bisschen abgesetzt hat. Sie sind eine sehr gute Mannschaft, die schönes Hockey spielt und auch sehr sauber verteidigt. Nichtsdestotrotz würde ich mich wundern, wenn eine Mannschaft sagt, dass sie gerne gegen den Berliner HC spielt. Ich vermute, dass wir jetzt rechtzeitig wieder fit sind.

  Rein van Eijk (Mitte, in weiß) am vergangenen Sonntag bei einer Pausenbesprechung während des letzten Ligaspiels seines Berliner HC gegen den SC Frankfurt 80. Der BHC-Trainer überraschte vergangene Woche mit der Ankündigung seines Abschieds aus der Bundesliga. Foto: F. Ebeling

Am meisten Aufmerksamkeit zog vergangene Woche jedoch eine Nachricht abseits des Platzes auf sich. In einem persönlichen Statement verkündeten Sie, dass Sie ab Sommer Ihre Karriere als Bundesligatrainer beenden werden. Eine echte Überraschung, bedenkt man, dass Sie diese vor „erst“ fünf Jahren begonnen haben und in dieser kurzen Zeit eine unglaubliche Erfolgsgeschichte schreiben konnten. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Allgemein: Es war meine, beziehungsweise unsere Entscheidung, dass ich kein Trainer mehr auf Vereinsebene sein möchte. Damit ist nicht nur die Bundesliga gemeint. Ich kann auch ein Engagement in Holland ausschließen. Denn wir wollen auch in Berlin bleiben. Auch wenn ich „erst“ seit fünf Jahren in der Bundesliga als Trainer tätig bin, geht meine Trainerlaufbahn insgesamt um die 20 Jahre zurück. Ich habe also schon einige Jahre als Trainer auf dem Buckel. Mit den Trainingszeiten einer Vereinsmannschaft - drei bis vier Mal die Woche erst um 22.00 oder 22.30 Uhr nach Hause zu kommen – und den in Deutschland überdurchschnittlich belastenden Auswärtswochen, an denen man teilweise von Freitagmittag bis Sonntagabend unterwegs ist, ist ein Punkt erreicht, an dem man die eigene Familie kaum noch sieht und vor allem wenig Freude miteinander teilen kann. Das Umfeld im Trainerstand im BHC hat sich auch nicht dahingehend verbessert, dass ich mehr entlastet wurde. Wir fühlen uns aber so wohl in Berlin und auch im Berliner HC, dass wir unbedingt hierbleiben wollen. Und jede andere Tätigkeit im Hockey wäre in Berlin ein Rückschritt gewesen oder hätte einen Standortwechsel bedeutet, weswegen viele Optionen ausgeschlossen werden konnten.

Wäre demnach eine Tätigkeit als Bundestrainer einer Nationalmannschaft, die Sie die letzten Jahre schon als U16- und U18-Bundestrainer für den Deutschen Hockey-Bund ausgeübt haben, eine Option in der weiteren Karriereplanung?

Das wäre zumindest vorstellbar zum jetzigen Zeitpunkt. Da ist man zwar auch viel unterwegs und weg von zuhause, aber man hätte das ganze Jahr über geregeltere Arbeitszeiten und am Wochenende mehr Freiheiten mit der Familie. Zu den großen Turnieren gerade im Sommer ist man natürlich auch lange Zeit weg, aber ansonsten hat man viel mehr Freizeit, und dafür müsste man nach meiner Vorstellung auch nicht zwingend umziehen. Für eine weitere Planung im Hockeybereich ist das also vorstellbar. In Abwesenheit des neuen Chefbundestrainer Nachwuchs agiere ich zurzeit schon als Interimsbundestrainer bei der U21-Nationalmannschaft der Junioren. Demnach ist es eine von vielen Überlegungen, aber nichts, worüber ich zum jetzigen Zeitpunkt eine klare Aussage treffen kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

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