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Phil Neuheuser: „Man kann das nur machen, wenn man die Eule im Herzen hat"

09.10.2022

Mit der mutmaßlich jüngsten Mannschaft der Konkurrenz will der HTC Uhlenhorst Mülheim in der 1. Bundesliga Damen die Klasse halten. Dass das eine schwierige Angelegenheit wird, ist nach dem Abgang weiterer Leistungsträgerinnen nicht nur Trainer Phil Neuheuser sonnenklar. Der 26-Jährige hat in seiner Debütsaison 2021/22 als Cheftrainer die Uhlenhorst-Damen schon einmal vor dem Abstieg bewahrt. Im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt gibt Neuheuser am Tag nach dem 2:2-Unentschieden gegen den Münchner SC seiner Hoffnung Ausdruck, dass es auch mit einer Mannschaft ohne ausländische Gastspielerinnen möglich sein müsste, die höchste Spielklasse zu halten.

Herr Neuheuser, Sie haben noch selbst gerade gespielt. Wie passt das noch in Ihren Zeitplan?  

PHIL NEUHEUSER: Dadurch, dass ich neben den 1. Damen noch die Mädchen A trainiere und einen ganz normalen Vollzeit-Job ausübe, ist es schwierig, selber noch den Schläger zu schwingen. Wenn mal Zeit ist und ich gebraucht werde, helfe ich gerne bei den 3. Herren aus.

Wie wichtig war es, gegen München einen Punkt zu holen, nachdem die drei Spiele gegen die Teams aus der unteren Tabellenhälfte in den letzten Wochen nicht ganz so erfolgreich für Sie gelaufen sind?

Vor allem nach dem letzten Wochenende gegen Bremen und Berlin, wo wir uns sicherlich deutlich mehr ausgemalt hatten, war es sehr wichtig. Ich glaube, dass das auch ein Reifeprozess der Mannschaft ist. Wir haben sehr ordentlich gegen München gespielt, es war ein Spiel auf Augenhöhe. München ist sicherlich eine sehr ausgeglichene und gut besetzte Mannschaft. Das Spiel hätte in jede Richtung kippen können. In der Vorwoche haben wir oftmals versucht, den Ball in den Schusskreis reinzutragen, was ich noch als Jugendhockey bezeichnen würde. Das ist sicherlich auch auf unseren Altersdurchschnitt zurückzuführen. Wir haben bereits diese Woche gesehen, dass wir den einen oder anderen Fortschritt gemacht haben, indem wir einen guten Mix zwischen Flanken und mit dem Ball in den Kreis eindringen gefunden haben und dementsprechend haben wir uns auch deutlich mehr Chancen herausgespielt als an dem Vorwochenende.

Sie sprechen von Jugendhockey. Wie ist die Situation bei Ihnen im Kader?

Wir hatten am Anfang der Saison wieder den einen oder anderen Abgang, was die ganze Sache nicht leichter macht. Wir sind ja eine der wenigen Mannschaften, die versucht, es ohne Ausländerinnen zu wuppen. Wenn man die Mannschaften in der Liga so durchgeht, hat sich so ziemlich jede Mannschaft namhaft aus dem Ausland verstärkt. Wir haben jedoch dieses Budget einfach nicht. Unser Konzept ist entsprechend, auf junge, eigene Spielerinnen zu setzen. Bis Jugendspieler in der ersten Liga ankommen, dauert es immer eine gewisse Zeit. Es ist nochmal eine ganz andere Sportart vom Tempo her und der Härte und vom Niveau sowieso, deswegen sind wir mit dem Punkt gegen München glücklich. Es hätten auch drei sein können, aber genauso gut auch null. Für uns war einfach wichtig zu sehen, dass es ein Spiel auf Augenhöhe ist. Gerade auch wenn man in die Zukunft vorausblickt, ist es gut möglich, dass dies auch ein Gegner sein könnte, auf den man im möglichen Play-down-Spiel treffen könnte. Momentan ist unsere Ausgangslage, dass wir noch in Richtung Platz vier schielen. Gleichzeitig ist jedoch auch klar, dass das Ziel erst einmal ist, Platz fünf zu behaupten gegenüber TSV Mannheim, aber auch gleichzeitig noch auf Berlin zu schauen. Deswegen war die Niederlage letztes Wochenende gegen BHC auch doppelt ärgerlich. Wenn wir die Leistung vom MSC-Spiel abgerufen hätten, wäre auch absolut etwas drin gewesen gegen Berlin, es war leider nur einfach nicht unser Wochenende. Auch gestern haben die Mädels wunderbar Moral bewiesen nach zweimaligem Rückstand. Wir sind immer wieder gut zurückgekommen, gerade wenn man das letzte Wochenende im Hinterkopf hat, das ist keine einfache Situation, besonders für diese junge Truppe.

Wie jung ist denn das aktuelle Team?

Wir haben momentan insgesamt sechs 2005er Jahrgänge in unserem 20er-Spielerinnenkader. Das ist ein enormer Anteil, und dafür machen wir es über weite Teile auch gut, gerade wenn ich auf die Spiele – was für uns natürlich absolute Bonusspiele sind wie gegen Alster und Düsseldorf – zurückblicke. Ich erhoffe mir, dass wir durch den Punkt gestern so richtig hungrig geworden sind und in den verbleibenden vier Saisonspielen noch einmal den einen oder anderen Punkt ergattern können. Das ist das Ziel, aber es ist auch wichtig, dass wir den Schritt in der spielerischen Entwicklung machen. Unsere Defensive finde ich eigentlich ganz gut, was wir da abliefern, und jetzt gilt es so ein bisschen, weiterhin an der Optimierung des Spiels mit dem Ball zu arbeiten. Da haben wir gestern auf jeden Fall einen richtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Für die letzten vier Spiele heißt es, weiter dran anzuknüpfen. Wie gesagt ist es für uns wichtig zu sehen, dass wir trotz des erneuten Umbruches da wunderbar mithalten können in weiten Teilen der Saison.

Uhlenhorst-Trainer Phil Neuheuser (hinten rechts) am vorigen Sonntag während des Heimspiels seiner Mülheimer Damen gegen den Münchner SC. Foto: S.Rixecker

Sie sind ja auch wirklich gut gestartet gegen die Teams, die sich im oberen Tabellenabschnitt etabliert haben. Wie ist es für Sie als Trainer, nur mit dem Material aus dem eigenen Verein zu arbeiten, selten Leute zu haben, die dazukommen und dann eben auch noch die Gefahr, dass Spielerinnen in erfolgreichere Vereine aus der Umgebung wechseln – wo bleibt da die Motivation als Trainer?

Dadurch, dass man viele Spielerinnen auch aus der Jugend trainiert hat und das auch nach wie vor tut, ist es so, dass man schon weite Teile des Hockeylebens zusammen verbracht hat. Deswegen ist es nach wie vor superspannend für mich, den Schritt in die Bundesliga rein mit den Mädels zu schaffen. Ganz klar steht immer an erster Stelle die Entwicklung der Mädels und das Einbauen neuer Gesichter in eine Mannschaft. In der Zeit, wo ich jetzt dabei bin, haben wir das jetzt, glaube ich, in regelmäßigen Abständen zu jeder Hin- bzw. Rückrunde erlebt und haben es den Umständen entsprechend, wie ich finde, sehr gut gelöst. Wenn man sich so die Einzelspieler der einzelnen Mannschaften anguckt, dann halten wir als Gesamtpaket sehr gut dagegen.

Sie nehmen also diesen Wandel als positive Herausforderung?

Ganz genau. Mir macht es Spaß in Mülheim, und ich glaube, man kann das auch wirklich nur machen, wenn man die Eule im Herzen hat. Darauf kommt es auch so ein bisschen bei den Mädels an. Es ist für uns ganz wichtig, letztendlich einen Kern zu schaffen oder einen zu finden, der sich genauso mit dem Verein und der Mannschaft identifiziert, wie man selber oder viele Teile der Mannschaft in den letzten Jahren. Nur so funktioniert es bei uns. Wir müssen von Saison zu Saison schauen, es wird auch in Zukunft so sein, dass der eine oder andere geht und wieder neue Jugendspieler hochkommen. Deswegen steht die Jugendarbeit bei uns im Verein an allererster Stelle, damit wir dann entsprechend auch oben etwas Vernünftiges herausschöpfen können. Viele aktive Spielerinnen aus dem Bundesliga-Team sind bei uns auch selber in den Nachwuchsmannschaften als Trainer aktiv.

Warum meinen Sie, dass Sie die Klasse wieder halten können? Wird es die Stärke sein, dass Sie so zusammengewachsen sind?

Uns ist auf jeden Fall bewusst, dass es ein hartes Stück Arbeit wird. Es gibt kein Spiel, wo man reingehen kann und nur 80 Prozent geben kann. Im Endeffekt wird es auf Nuancen ankommen, und es wird ein ganz enger Fight werden. Klar ist das oberste Ziel, die Klasse zu halten, aber wir wissen auch genauso gut - und sind da realistisch genug –, dass es sehr schwierig werden wird. Deswegen ist unser Ziel jetzt erst einmal, Platz fünf zu sichern mit der Aussicht auf Platz vier. Wenn wir in den verbleibenden vier Spielen den Punktabstand so halten können auf Berlin, wie er aktuell ist, dann ist das Ziel in der Rückrunde ganz klar, Platz vier anzugreifen. Aber oberstes Ziel ist, Platz fünf zu sichern und TSV Mannheim zu distanzieren, weil man dort durch die Aktualisierung des Spielsystems zwei Chancen auf den Klassenerhalt hat. Das ist das erste Etappenziel. Ich würde mir manchmal ein Stück mehr Kontinuität wünschen, und nicht diese Auf und Abs. Gegen eine Supermannschaft wie Düsseldorf haben wir sehr gut mitgespielt und sehr ordentlich gespielt, und eine Woche später spielt man gegen Berlin und den Aufsteiger Bremen, wo man sich eigentlich etwas ausrechnet, und bringt die Form gar nicht auf den Platz. Das ist ein bisschen schade. Auch da wäre sicherlich deutlich mehr drin gewesen, wenn wir so wie gegen Düsseldorf gespielt hätten. Das soll keine Entschuldigung sein, aber ich schiebe es ein bisschen auf den Reifeprozess der Mannschaft. Das Spiel gegen München war auf jeden Fall eine gute Antwort und ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

Vielen Dank für das Gespräch!

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