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Jahresrückblick 2022: Rückkehr zum sportlichen Normalbetrieb

31.12.2022

Nach zwei einschneidenden Corona-Jahren kehrte 2022 weitgehend der sportliche Normalbetrieb zurück. Und damit auch die gewohnten Wettbewerbe. Für die internationalen Titel des deutschen Hockeys war in diesem Jahr war ausschließlich die weibliche Seite zuständig. Die Damen wurden Hallen-Europameister, die Juniorinnen holten den EM-Siegerpokal im Feld und wurden zudem Vizeweltmeister.

Weitere Silbermedaillen gab es für die Herren bei der Hallen-EM, die Junioren bei der U21-EM, das Vereinsteam von Rot-Weiss Köln als EHL-Finalist und zwei Ü45/Ü50-Teams bei den Masters-Weltmeisterschaften. Beim sportlich hochkarätigsten Wettbewerb des Jahres, der 15. Damen-Weltmeisterschaft, schrammte die DHB-Auswahl als Vierter nur knapp an einer Medaille vorbei. Und sonst? Die Hockeywelt hat einen neuen Präsidenten, das deutsche Hockey keine Doppelspitze mehr. Nachstehend ein Streifzug durchs abgelaufene Hockeyjahr.

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Die ersten Titel 2022 gehen an die Damen des Düsseldorfer HC und die Herren des Mannheimer HC. Beim Final-Four der besten Hallen-Bundesligisten am 29./30. Januar in Düsseldorf siegen die Teams mit den besten Defensivleistungen. In ihren 120 Spielminuten des Endrundenwochenendes müssen die neuen Meister jeweils nur fünf Gegentreffer einstecken. Im 60. Hallen-DM-Endspiel unterliegen die Damen des Mannheimer HC mit 1:5 und die Herren des Berliner HC mit 3:9. Bereits im Halbfinale sind die Titelverteidiger Club an der Alster (Damen) und Rot-Weiss Köln (Herren) hängen geblieben. Besonders bemerkenswert ist dabei die Leistung der Mannheimer Abwehr und ganz besonders des MHC-Torwarts Jean Danneberg, der gegen Rühr, Grambusch und Co. 58 Minuten lang seinen Kasten sauberhält. Danneberg wird wie Düsseldorfs Haupttorschützin Sara Strauss zum MVP der Endrunde gewählt. 

Als schier unüberwindliches Bollwerk steht im DM-Halbfinale Rot-Weiss Köln (hier Christopher Rühr und rechts hinten Mats Grambusch) und im Finale dem Berliner HC der Mannheimer Torwart Jean Danneberg gegenüber. Foto: Kramhöller

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Dass die Corona-Pandemie den Sport (und vieles andere im Leben) nicht mehr ganz so stark reglementiert wie in den zwei Jahren davor, aber gelegentlich immer noch dazwischenfunkt, wird beim Europacup der Hallen-Landesmeister deutlich. Das in Almere/Niederlande geplante Turnier der Damen wird komplett abgesagt. Leidtragender aus deutscher Sicht sind die Alster-Damen. Das Herrenturnier in Alanya/Türkei findet Mitte Februar dagegen statt – aber ohne deutsches Team. Das als DM-Sieger 2020 qualifizierte Rot-Weiss Köln sagt seine Teilnahme aufgrund mehrerer infizierter Hallenstammspieler (die Kölner Kaderakteure sind aufgrund eines DHB-Lehrganges ohnehin nicht für den Hallencup vorgesehen) kurzfristig ab. Dies hat in der Konsequenz die Degradierung des Deutschen Meisters in die B-Division beim nächsten Europacup zur Folge. Ganz ohne deutsche Beteiligung geht das Turnier in der Türkei dann aber doch nicht über die Bühne: Die Alt-Internationalen Jan Philipp Rabente (34), Benjamin Wess (36) und Sebastian Draguhn (38) verhelfen als Gastspieler dem kroatischen Meister HK Zelina zur Silbermedaille hinter dem russischen Champion Elektrostal. 

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Mit einem Lehrgang und vier Pro-League-Spielen gibt der neue Herren-Bundestrainer André Henning in Potchefstroom seinen Einstand, der mit vier Siegen über Frankreich und Gastgeber Südafrika auch optimal gelingt. Vor deutschem Publikum sind die Honamas später im Jahr in Mönchengladbach, Berlin und Hamburg sowie bei den Danas noch in Düsseldorf mit Pro-League-Heimspielen zu sehen.     

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Nach einem Jahr Corona-Zwangspause werden Ende Februar/Anfang März auch wieder Deutsche Hallenmeisterschaften der Jugend ausgetragen. Die blauen Siegerwimpel erringen Berliner HC (WU18), UHC Hamburg (MU18), Zehlendorfer Wespen (WU16) und drei Mal Harvestehuder THC (MU16; WU14; MU14). 

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Erst im Finale der 9. Weltmeisterschaft wird der Siegeslauf der deutschen Juniorinnen gestoppt. Bei dem wegen Corona um gut vier Monate nach hinten verschobenen WM-Turnier in Potchefstroom muss sich die U21-Mannschaft von Bundestrainer Akim Bouchouchi nach starken Auftritten gegen Titelverteidiger Argentinien (4:1 im Viertelfinale) und England (8:0 im Halbfinale) am Ende den abgezockerten Niederländerinnen mit 1:3 geschlagen geben. Die Enttäuschung im deutschen Lager um den verpassten Titel wird aufgewogen durch die erste Juniorinnen-WM-Medaille für Deutschland seit 17 Jahren und die Sonderpreise für Stine Kurz als beste Spielerin und Mali Wichmann als beste Torhüterin des Turniers. 

Schöne Auszeichnung bei der U21-WM in Potchefstroom: Stine Kurz wird als beste Spielerin ausgezeichnet. Foto: Worldsportpics

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Die Ostertage sind der traditionelle Zeitraum für das Finalturnier der Euro Hockey League. In Amsterdam bleiben Mitte April die Damen des Düsseldorfer HC und die Herren von Uhlenhorst Mülheim nach verlorenem Auftaktspiel zwar früh hängen, doch Rot-Weiss Köln schafft es bis ins Endspiel der Herrenkonkurrenz. Dort wird das Kölner Team ausgerechnet von einem Deutschen am Erfolg gehindert. Ein überragender Florian Fuchs führt sein Team des holländischen Meisters HC Bloemendaal zu einem 4:0-Sieg. Bei den Damen geht der EHL-Siegerpokal in einem rein holländischen Finale an den AHBC Amsterdam, der Titelverteidiger HC Den Bosch nach Shoot-out bezwingt. Auch auf weiblicher Seite gibt es eine deutsche EHL-Siegerin: Nationalspielerin Kira Horn, die sich beim AHBC einen Stammplatz erobert hat. 

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Das Pfingstwochenende ist kein dagegen kein typischer Zeitpunkt für eine DM-Endrunde, aber in diesem Jahr lassen die Zwänge des Terminkalenders keine andere Lösung zu. Ein Machtwechsel an der Spitze des deutschen Vereinshockeys bleibt aus. Beim Final-Four der besten Feld-Bundesligisten in Bonn verteidigen am 4./5. Juni die Damen des Düsseldorfer HC und die Herren von Rot-Weiss Köln ihre Meistertitel des Vorjahres erfolgreich. Mit Toren wird in beiden Endspielen auf der Anlage des BTHV gegeizt. Im 76. DM-Finale der Damen fallen zwischen DHC und dem Mannheimer HC gar keine Treffer. Dass Düsseldorf das Shoot-out gewinnen wird (3:2), hat wahrscheinlich selbst beim MHC wohl schon vorher fast jeder geahnt. Und im 79. DM-Endspiel der Herren reicht ein einziges Tor, um Köln zum 1:0-Sieger über den Hamburger Polo Club zu machen. Der Verlierer kann trotzdem stolz auf das Erreichte sein. Als Endrundenneuling erreicht Polo durch seine Finalteilnahme die Qualifikation für die EHL, was im Übrigen auch dem Harvestehuder THC gelingt, der in einem eigens angesetzten Qualifikationsduell der beiden Halbfinalverlierer den Mannheimer HC 4:2 schlägt. Die MVP-Trophäen in Bonn gehen an Nathalie Kubalski (DHC) und Tobias Hauke (HTHC). 

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Bayerns Mädchen mit einer Premiere und Hamburgs Jungen mit einem Hattrick – diese Schlagzeilen schreibt der U16-Länderpokal, der am 18./19. Juni in Hamburg ausgetragen wird. In der 67. Ausspielung des Hessenschildes kann sich erstmals eine Mädchenauswahl des Bayerischen Hockey-Verbandes auf die Siegerliste setzen. Im 69. Franz-Schmitz-Pokal feiert die männliche Auswahl des Hamburger Hockey-Verbandes den dritten Erfolg hintereinander. 

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Ende Juni werden Argentiniens Damen und den Herren der Niederlande die Siegerpokale der FIH Pro League 2022/23 überreicht. In der männlichen Konkurrenz kassieren die Holländer in 16 Saisonspielen lediglich eine Niederlage in regulärer Spielzeit – beim 1:4 in Hamburg gegen Deutschland. Die DHB-Auswahl belegt den vierten Platz, die deutschen Damen werden Sechster der Neunerliga. 

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Das sportlich wichtigste Turnier des Jahres findet in der ersten Juli-Hälfte statt: die 15. Weltmeisterschaft der Damen. Erstmals wird ein WM-Turnier nicht nur in zwei Städten (Terrassa/Amsterdam), sondern auch in zwei Ländern (Spanien/Niederlande) ausgetragen. Das deutsche Team tritt in Holland mit der Absicht an, sich eine Reise nach Spanien verdienen zu wollen. In Terrassa finden nämlich die Halbfinal- und Medaillenspiele der besten vier von insgesamt 16 Teams statt. Und tatsächlich schafft die Mannschaft von Bundestrainer Valentin Altenburg dieses Etappenziel. Aber damit nicht genug: Jetzt soll es auch ein Platz auf dem Podest und die erste WM-Medaille seit 1998 sein. Das Halbfinale gegen Argentinien ist an Dramatik und auch Klasse kaum zu überbieten. Nach einem 2:2 kommt es zum Shoot-out, das Deutschland mit 2:4 verliert. Die Erholungszeit bis zum Spiel um Platz drei beträgt für die Danas keine 19 Stunden, Gegner Australien kann sich immerhin drei Stunden länger von seinem Halbfinalkampf (0:1 gegen Niederlande) bei 30 Grad Sommerhitze erholen. Die an Wettbewerbsverzerrung grenzenden Rahmenbedingungen tragen womöglich ihren Teil dazu bei, dass bei Deutschland in der Schlussphase des Bronzemedaillenspiels nach lange währender und verdienter 1:0-Führung die Kräfte aufgebraucht sind und man noch mit 1:2 verliert. Olympiasieger Niederlande verteidigt seinen WM-Titel mit einem 3:1-Finalsieg über Argentinien eindrucksvoll – auch ein Riesenerfolg für Jamilon Mülders. Der ehemalige Bundestrainer ist nach dem Rücktritt von Alyson Annan eingesprungen und beendet seine halbjährige Zeit als Interims-Bondscoach als Weltmeister. 

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Die Acht-Nationen-Sommerturniere sind für die U18/U16-Nationalmannschaften Mitte Juli der Saisonhöhepunkt. Für die deutschen Auswahlen kommt eine ordentliche Bilanz zustande: Die männliche U16 gewinnt in Frankfurt ihre Konkurrenz, die weibliche U18 wird in Terrassa Zweiter, und jeweils dritte Plätze holen die weibliche U16 (ebenfalls in Terrassa) und die männliche U18 in Hanau. 

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Ende Juli legen die deutschen U21-Nationalteams im belgischen Gent einen starken Doppelauftritt hin. Bei der 20. Europameisterschaft holen die DHB-Juniorinnen nach 14 Jahren mal wieder den Titel, den insgesamt neunten in dieser Altersklasse. Im Endspiel schlägt das Team von Akim Bouchouchi Gastgeber Belgien nach 1:1 im Shoot-out mit 3:2. Nachziehen wollen direkt anschließend die deutschen Junioren. Aber im Finale erwischt Gegner Niederlande einfach den besseren Tag und gewinnt mit 3:1. Das DHB-Team von Rein van Eijk muss sich mit Silber begnügen.  

Riesenjubel bei den deutschen Juniorinnen, als Kapitänin Lisa Nolte den EM-Pokal in die Höhe hält. Foto: Schumacker

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Die neue Feldsaison 2022/23 startet am letzten August-Wochenende. Einer ist nicht mehr dabei, der gefühlte Ewigkeiten zum Inventar der Bundesliga gehörte: Nach 23 Jahren hat Jens George im Sommer sein Amt als Trainer der Erstligadamen vom Club an der Alster niedergelegt. Ein Rekordwert. 

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Am 10. September jährt sich der Tag des ersten deutschen Hockey-Olympiasieges zum 50. Mal. Zur Feier dieses stolzen Jubiläums kehren die noch lebenden Spieler des Goldteams von 1972 in die Stadt ihres größten Triumphes zurück. Nicht mehr dabei sein kann allerdings der damalige Trainer und Goldschmied Werner Delmes, der zu Jahresbeginn im Alter von 91 Jahren friedlich eingeschlafen ist. Das Treffen im Münchner Olympiapark und abends im Clubhaus des ASV München wird sogar eine Zusammenkunft ganzer Generationen von Gold-Gewinnern. Die DHB-Führung hat die Spielerinnen und Spieler aller fünf deutschen Olympiasiegerteams eingeladen. Doch so richtig zünden will die Idee nicht: Zwar sind die „Golden Girls“ von 2004 fast vollständig anwesend, aber die männlichen Siegerteams von 1992 und vor allem 2008 und 2012 sind nur handverlesen in München vertreten. 

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Ihren Heimvorteil nutzen am 2.Oktober die Herrenteams vom Harvestehuder RTHC und Hamburger Polo Club, die auf der HTHC-Anlage ganz souverän die Qualifikation zum Final8-Turnier der Euro Hockey League schaffen. 

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Keinen Titel, aber immerhin vier Medaillen bringen die deutschen Mastersteams im Oktober von ihrer Weltmeisterschaft aus Kapstadt zurück. Bei einer Dominanz der niederländischen Senioren (gewinnen alle drei männlichen Konkurrenzen) und englischen Seniorinnen (holen vier von fünf Titel auf weiblicher Seite) ist Silber für die M45 und M50 sowie Bronze für die M55 und die W45 ein sehr ordentliches Abschneiden der mit sechs Teams teilnehmenden deutschen Delegation. Im August sind vier deutsche Teams ohne Medaille vom Worldcup der Ü35-45 aus Nottingham heimgereist. 

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Die bereits überragende Vorjahresbilanz mit drei Feld-DM-Titeln kann der Nachwuchs des Harvestehuder THC diesmal sogar noch toppen. Bei den Deutschen Meisterschaften 2022 gehen Ende Oktober die blauen Meisterwimpel vier Mal an den Hamburger Nachwuchs. Lediglich bei der weiblichen U18 (Bremer HC) und der männlichen U16 (Rot-Weiss Köln) können sich andere Clubs durchsetzen. 

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Die Hockeywelt bekommt einen neuen Präsidenten. Am 29. Oktober wird Tayyab Ikram zum 13. Chef der Fédération Internationale de Hockey gewählt. Der gebürtige Pakistaner mit Wohnsitz in Macau schlägt in einer Abstimmung den Belgier Marc Coudron deutlich mit 79:47 Stimmen. Notwendig geworden ist die Wahl, nachdem der bisherige FIH-Präsident Narinder Batra (Indien) im Juli überraschend seinen Rücktritt bekanntgibt. Nach dem Ausscheiden von Michael Green hat Deutschland nun keinen Vertreter mehr im höchsten FIH-Gremium, dem Executive Board, da Marion Rodewald als neue Kandidatin für einen Sitz im Board knapp scheitert. 

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Einen Präsidenten-Rücktritt erlebt aber nicht nur die Weltbühne des Hockeys. Auch im DHB verlässt die ranghöchste Person den Posten. Ende November legt Carola Morgenstern-Meyer ihr Amt mit sofortiger Wirkung nieder, weil sie nicht mehr genügend Rückhalt für ihre Arbeit bei Kollegen im Präsidium und bei den Länderchefs verspürt. Gescheitert ist damit auch die DHB-Doppelspitze, die Morgenstern-Meyer zusammen mit Henning Fastrich seit Mai 2021 gebildet hat. 

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Gefeierter Hallen-Europameister vor Hamburger Publikum: die deutschen Damen. Foto: Kaste

Mit einem großen Schlussakkord geht international das Jahr zu Ende: Bei der Hallen-Europameisterschaft in Hamburg stehen am 10./11. Dezember beide deutschen Mannschaften im Endspiel. Der ganz große Wurf gelingt aber nur den Danas, die die Niederlande 5:4 besiegen und den 16. EM-Titel eines deutschen Damenteams klarmachen. Auch bei den individuellen Preisen nimmt Deutschland alles mit: Pia Maertens (beste Spielerin), Nathalie Kubalski (bester Torhüterin) und Lisa Altenburg (beste Torschützin). Die deutschen Herren müssen sich dem Hallenweltmeister Österreich mit 1:2 geschlagen geben. Offiziell aus dem Nationalteam verabschiedet werden mit Janne Müller-Wieland, Franzisca Hauke, Lisa Altenburg und Tobias Hauke vier Größen, die zusammen mehr als 1000 A-Länderspiele bestritten haben. 

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Der letzte nationale Wettbewerb 2022 ist der Ü15-Länderpokal in Oberhaching. Beim 39. Berlin-Pokal der Mädchen und beim 49. Rhein-Pfalz-Pokal der Jungen geht der Sieg doppelt an den Berliner Hockey-Verband.    lim 

 

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