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Julia Sonntag: „Das Final-Four ist ein klar ausgegebenes Ziel"

07.05.2023

Durch eigene Konstanz in der Rückrunde, aber auch ein wenig durch das Schwächeln des amtierenden Meisters Düsseldorfer HC haben sich die Damen von Rot-Weiss Köln in der Staffel A der 1. Bundesliga vorzeitig Platz eins gesichert. Was das für die Endphase der Saison bedeutet, darüber hat sich DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt mit Kölns Torhüterin Julia Sonntag (31) unterhalten. Die Nationalkeeperin hatte aus gesundheitlichen Gründen in der Hinrunde pausiert, ist jetzt aber wieder voll eingestiegen, auch im DHB-Kader.

Frau Sonntag, es war eine erfolgreiche Rückrunde bisher für Sie und Ihr Rot-Weiss-Team. Kann man sagen, dass es trotz des ersten Punktverlustes am Samstag beim HTHC gut für Sie gelaufen ist?
JULIA SONNTAG: Ja, das kann man so sagen. Direkt als erstes hatten wir Düsseldorf vor der Brust, und es ist natürlich immer die Frage, ob man damit in die Rückrunde einsteigen möchte. Auch wenn wir nicht unser schönstes Hockey gezeigt haben, können wir uns über das Ergebnis (3:2) nicht beschweren. Gegen den HTHC lassen wir unnötig zwei Punkte liegen. Das ist ärgerlich, aber lieber passiert es jetzt als in der K.o.-Runde. Zumal der Punktverlust keine Auswirkung auf unsere Platzierung hatte.   
 
Sie hatten jedoch auch recht viele enge Spiele, was vielleicht auch für die Vorbereitung auf eine Endrunde oder ein K.o.-Spiel besser ist, als wenn es alles wie am Schnürchen klappt und man oft hoch gewinnt. Ist es besser, wenn man so enge Partien hat?
Das muss man schon sagen. Auch so ein Spiel wie gegen Düsseldorf, wo wir erst 0:2 zurückliegen und dann das Spiel noch komplett drehen, zeigt, dass wir mit Kampfgeist und Willenskraft in jeder Phase des Spiels für jeden Gegner brandgefährlich werden können. Wenn wir in den K.o.-Spielen tatsächlich einen schlechten Start erwischen sollten, sind das die Momente, an die wir uns erinnern und daraus wieder Mut und Energie schöpfen können.  
 
Sie haben sich ja auch an diesem Spielwochenende den ersten Gruppenplatz gesichert. Wie schauen Sie nun auf das letzte Spiel und auf das Viertelfinale?
Wir werden das letzte Spiel voll zur Vorbereitung nutzen. Wir haben die Chance, jetzt noch einmal hundert Prozent auf uns zu schauen, und ich glaube, dafür ist Großflottbek auch ein super Gegner. Ich glaube, dass es trotzdem ein hart umkämpftes Spiel werden wird, und wir werden sehen, dass wir da bei uns bleiben, um uns optimal aufs Viertelfinale vorzubereiten. Der sichere erste Tabellenplatz, das letzte Gruppenspiel und die K.o.-Spiele folgen zeitlich so eng aufeinander, dass man sich dazwischen ein Herunterfahren nicht erlauben kann. Das Einzige, was sich durch die sichere Platzierung ändert, ist, dass wir für das Spiel gegen Flottbek die Möglichkeit haben, uns ausschließlich mit unserem Spiel zu befassen und nicht im Detail auf den Gegner eingehen zu müssen.  
 
Für Flottbek ist die letzte Ligapartie ungleich wichtiger, geht es doch für die Hamburgerinnen noch um die Qualifikation für das Play-off. Wird Köln trotz feststehendem Gruppensieg alles dransetzen, die Punkte zu holen?
Auf jeden Fall. Gerade im Hinblick auf die kommenden K.o.-Spiele müssen wir mental so eingestellt sein, jedes Spiel zu gewinnen. Ich bin froh, dass wir mit Flottbek einen Gegner haben, für den es im Spiel um alles geht, der uns ähnlich mit Herz und Einsatz gegenübersteht wie unser Gegner im Viertelfinale. Mit einer Niederlage im Rücken will man ungern in ein K.o.-Spiel gehen.  
 
Ihr Coach Markus Lonnes sagte, dass Rot-Weiss etwas zu sorglos gewesen sei am zurückliegenden Wochenende. Wo sehen Sie die Ansatzpunkte für die Arbeit im Hinblick auf die Play-offs?
Gegen den HTHC spielen wir in weiten Teilen überlegen, belohnen uns aber nicht mit Toren. Die Gegentore haben uns dann aus dem Konzept gebracht. Anstatt uns auf unseren sicheren Aufbau über das Mittelfeld und auf das schnelle Konterspiel zu besinnen, verlassen wir unseren Matchplan. Per Brechstange gewinnt man aber eben nicht gegen den HTHC. Das Spiel ist bereits analysiert und besprochen. Jetzt haben wir noch sechs Trainingseinheiten, für das nötige Finetuning.  

Seit dem Rückrundenauftakt am 15. April in Düsseldorf (Foto) ist Julia Sonntag wieder zurück im Tor von Rot-Weiss Köln. Foto: Kramhöller
 
Sie haben gesagt, Sie haben sich Etappenziele gesetzt, das nächste ist also eine gute Vorbereitung aufs Viertelfinale, und danach gilt es, das Viertelfinale erfolgreich zu absolvieren. Schauen Sie auch weiter oder noch gar nicht?
Das Final-Four ist ein klar ausgegebenes Ziel. Aber wir haben in der Vergangenheit leider oft genug feststellen müssen, dass das Viertelfinale eine nicht zu unterschätzende Hürde ist. Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und das Viertelfinale nur als Etappe auf dem Weg nach Mannheim betrachten. Aber klar, wer dann schlussendlich zur Deutschen Meisterschaft fährt, tut dies, um zu gewinnen. Und als Gruppensieger kann man selbstbewusst in die K.o.-Spiele gehen.  
 
In der Bundesliga-Hinrunde haben Sie pausiert. Warum?
Es gab verschiedene Gründe, quasi eine Kette von Umständen. Ich hatte mich nach der Weltmeisterschaft mit Corona angesteckt und hatte danach etwas längere Zeit gebraucht, um wieder aus dem Quark zu kommen – mein Körper wurde einfach nicht richtig fit. Hier muss man gründlich auf die Signale seines Körpers achten und Geduld haben. Mit fortschreitender Gesundheit habe ich stetig an meiner Fitness gearbeitet und war zum Lehrgang im März wieder topfit. Nach den ganzen Fitnesseinheiten habe ich mich riesig gefreut, endlich wieder auf dem Hockeyplatz zu stehen. Spielen zu wollen, aber es nicht zu können, war ein wirklich blödes Gefühl, was ich trotz meines fortgeschrittenen Alters und der langen Karriere noch nie erleben musste.  
 
In der Nationalmannschaft sind Sie aber auch noch dabei?
Ja, auch hier habe ich das Gefühl, sehr gut aus der Zwangspause herausgekommen zu sein. Als nächstes steht die Europameisterschaft im Hockeypark in Mönchengladbach an, Luftlinie nicht einmal einen Kilometer von meinem ehemaligen Kinderzimmer entfernt. Hier zu spielen, wo ich vor 15 Jahren als Ballmädchen im Einsatz war, ist nach wie vor sensationell.  
 
Wie vereinbaren Sie das mit Ihrem Job als Zahnärztin? Sie sind ja vermutlich eine der wenigen Hockeyspielerinnen, die komplett berufstätig sind.
Vollzeitjob, Bundesliga und Nationalmannschaft verlangen schon ein gewisses Organisationstalent. Diese Herausforderung ist für mich aber nichts Neues mehr, und inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, montags schon mein Essen für Donnerstag einzutuppern. Abgesehen von der eigenen Organisation des Alltags ermöglicht es einem die Sporthilfe, die vielen Ausfallzeiten zu kompensieren. Nichtsdestotrotz ist man natürlich auch auf Verständnis und Unterstützung von Chefs, Kollegen, Freunden und Familie angewiesen.  
 
Sie wohnen nicht in Köln?
Nein, nach meinem Studium in Witten bin ich wieder zurück nach Mönchengladbach gezogen, wo ich auch arbeite. Ich fahre inzwischen schon zwölf Jahre nach Köln zum Training. Da fange ich jetzt auch nicht mehr an, darüber nachzudenken, wie lang oder lästig die Fahrt ist. Im Auto esse ich zu Abend, telefoniere mit Freunden oder höre laut Musik. So schließe ich den Arbeitstag ab und gehe in die Freizeit über. Nach dem Training bin ich noch so voller Adrenalin, dass mir die Stunde Autofahrt hilft, runterzukommen, um am nächsten Morgen wieder voll für meine Patienten da zu sein.  

Vielen Dank für das Gespräch!

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