10.05.2023
Trotz einer krassen Ligabilanz mit null Punkten und 18:87 Toren in 16 Saisonspielen bleibt den Herren des Düsseldorfer HC immer noch eine Chance auf den Klassenerhalt in der 1.Bundesliga. Man lässt bei den Rheinländern hier auch nichts unversucht. Dazu zählt der Wechsel auf der Cheftrainerposition (Tina Bachmann für Mark Spieker) genauso wie die Reaktivierung des vorjährigen Kapitäns Clemens Oldhafer. Der 33-Jährige hatte seine Leistungssportlaufbahn eigentlich im Sommer 2022 nach dem auf dramatische Weise verhinderten Abstieg eigentlich beendet und war im DHC als Vizepräsident eingestiegen. DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner hat sich mit Oldhafer über sein Comeback wie auch die aktuelle Lage vor den Play-down-Spielen gegen den TSV Mannheim unterhalten.
Herr Oldhafer, Vizepräsident oder Bundesligaspieler? Welche Rolle im Düsseldorfer HC trifft im Moment eher auf Sie zu?
CLEMENS OLDHAFER: Auf jeden Fall die Rolle als Vizepräsident. Durch den Wechsel im Vorstand des DHC im vergangenen Jahr passiert gerade unglaublich viel im Verein. Es gibt etliche Projekte, aber auch langfristige strategische Themen, an denen wir gemeinsam arbeiten. Natürlich spielen dabei die 1. Herren ebenfalls eine Rolle, aber auf einer anderen Ebene. Es ist mir jedoch wichtig, zwischen dem Vorstandsamt und der Rolle als Mitspieler zu unterscheiden. Dazu gehört natürlich auch die Erkenntnis, dass ich nicht mehr der Jüngste bin und ich meinen Einfluss auf das Spiel der Mannschaft nicht überbewerten möchte.
Sie haben im vergangenen Sommer ihre lange Bundesligakarriere, an dessen Ende Sie Kapitän im DHC-Team waren, eigentlich schon beendet. Jetzt stehen Sie wieder auf den Platz mit Ihrer alten Mannschaft. Wie kam es zu der Reaktivierung?
Kurz und knapp: Die Mannschaft hatte mich gefragt, und ich habe „Ja“ gesagt. Da mir der Verbleib der Mannschaft in der ersten Liga sehr am Herzen liegt und auch für die langfristige Ausrichtung des Clubs relevant ist, möchte ich natürlich nichts unversucht lassen. Wenn ich also der jungen Mannschaft mit ein bisschen Erfahrung und Ruhe in den anstehenden emotionalen Spielen helfen kann, bin ich schon sehr zufrieden.
Nach dem vermeintlichen Karriereende ging es für Sie quasi vom Hockeyplatz direkt in den Vorstand. War das lange geplant oder eine spontane Entscheidung? Wieso haben Sie sich direkt dazu entschieden, weiterhin im Verein so aktiv zu bleiben?
Dem Verein habe ich viel Positives in meinem Leben zu verdanken. Dazu gehören natürlich unvergessliche Momente mit der Mannschaft und Freundschaften fürs Leben, aber vor allem auch der Einfluss auf meine berufliche Laufbahn. Aus diesem Grund war für mich immer klar, dass ich den Verein nach meiner aktiven Hockeykarriere ehrenamtlich unterstütze. Die Vakanz im Vorstand kam dann eher zufällig zur gleichen Zeit auf.
Clemens Oldhafer mit Gesichtsmaske im Mai 2022. Nach dem damals knapp gesicherten Klassenerhalt in der 1. Bundesliga hatte der DHC-Routinier den Schläger eigentlich an den Nagel gehängt. Jetzt mischt der 33-Jährige, inzwischen Vereinsvizepräsident, aber doch wieder auf dem Platz mit. Foto: Kramhöller
Nun müssen Sie die Entscheidungen treffen, die den Club und unter anderem auch Ihre alte Mannschaft leiten und nach vorne bringen sollen. Eine Entscheidung war unter anderem die Absetzung von Mark Spieker als Herrentrainer Anfang voriger Woche und die interimsmäßige Übernahme durch Tina Bachmann. Wie kam es dazu?
Zunächst möchte ich klarstellen, dass es keine leichte Entscheidung war. Mark ist ein hervorragender Trainer mit einem unglaublichen taktischen Verständnis und einem hohen Anspruch an seine Mannschaft sowie sich selbst. Dafür schätze ich ihn persönlich sehr. Gemeinsam mit Nico Sussenburger bildete Mark bis zuletzt das „Erfolgsduo“ hinter unseren Damen. Es ist in meinen Augen wichtig, sich in entscheidenden Momenten auf seine Stärken zu konzentrieren - auch als Verein. Hierauf liegt der Fokus. Dies gilt in ähnlicher Ausprägung auch für Tina: Mit all ihrer Erfahrung als Spielerin und Trainerin aus zahlreichen K.O.-Spielen, aufgrund ihrer offenen und klaren Ansprache und ihrer ruhigen und positiven Art, eine Mannschaft zu führen, bin ich überzeugt davon, dass sie in der aktuellen Situation den Unterschied ausmachen kann. Insofern bin ich glücklich, sie für das Projekt „Klassenerhalt“ gewonnen zu haben.
Aus dem Vereinsumfeld hörte man, dass sich die Mannschaft aktiv eine Trennung von ihrem Trainer Mark Spieker gewünscht hatte. Wie kam es zu so einem Bruch zwischen Trainer und Mannschaft, zumal das nun schon der dritte Trainerwechsel der letzten drei Jahre war?
In einer Saison wie der aktuellen staut sich natürlich eine Menge Frustration im gesamten Team an. Hierfür ist jedoch niemals eine Person allein verantwortlich, und jeder hat sein Päckchen zu tragen. Wenn man sich die Historie der 1. Herren des DHC anschaut, muss man aber auch klar resümieren, dass wir es in den vergangenen Jahren versäumt haben, wirklich in der Liga anzukommen. Dies hat verschiedene Gründe. Ein Aspekt dessen ist, dass viele Top-Talente nunmehr in anderen Vereinen der Liga zumindest vorübergehend ihr Zuhause gefunden haben. Dies gilt es für die Zukunft zu ändern und um den Stamm der Mannschaft langfristig eine schlagfertige Truppe aufzubauen. Hieran arbeiten wir aktuell mit aller Kraft.
Die Mannschaft steht vor wichtigen, entscheidenden Wochen. Trauen Sie der Mannschaft und Tina Bachmann trotz der Horrorbilanz in der Liga den Klassenerhalt über die Play-downs noch zu?
Ja. In K.O.-Spielen ticken die Uhren erfahrungsgemäß ein wenig anders. Kaum jemand weiß dies so gut wie Tina Bachmann. Auch wenn es wahnsinnig klingt: Es ist noch alles drin. Natürlich gehen wir als krasser Außenseiter in die anstehenden Partien gegen den TSV Mannheim, die noch mit ganz anderen Ambitionen in die Saison gestartet sind. Für sie heißt es also: „verlieren verboten“. Wir hingegen haben gar nichts zu verlieren und sind mental optimal eingestellt auf die bevorstehenden Spiele.
Und was muss passieren, dass der DHC es schafft, im Herrenbereich ähnlich konstant und erfolgreich zu arbeiten, wie es beispielsweise seit Jahren bei den Damen gelingt?
In meinen Augen sind es verschiedene Stellschrauben, an denen wir drehen müssen. Zum einen hat der Verein eine hervorragende Basis: die Jugendarbeit. Aus dieser gingen in der Vergangenheit gerade bei den Herren schon viele gute Bundesliga- und Nationalspieler hervor. Hier müssen wir anknüpfen. Dies allein wird aber nicht reichen. Um den aktuell jungen Kern des Kaders gilt es eine Mannschaft aufzubauen. Die Stärken des Vereins liegen wie bereits erwähnt im Bereich der Unterstützung von Athleten in ihrer beruflichen Karriere und dem Standort Düsseldorf als solches. Darüber hinaus werden auch Elemente wie der Förderkreis und der ein oder andere Rückkehrer eine Rolle spielen. Eine Strategie, die nur darauf wartet, umgesetzt zu werden, gibt es bereits.
Vielen Dank für das Gespräch!
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