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Wünsche wurden wahr: Zum Abschied (noch) ein Titel

18.06.2023

Mit einem großen Sieg aufhören – das ist der Wunsch vieler Leistungssportler. Beim Final-Four um die Deutsche Feldmeisterschaft 2023 wurde er gleich für mehrere Personen wahr. Zwar nicht mit Meisterehren, aber immerhin mit einer erneuten Qualifikation für die Euro Hockey League konnten Trainer Christoph Bechmann und Legende Tobias Hauke ihr letztes Pflichtspiel für den Harvestehuder THC abschließen.

Hatten Bechmann und Hauke in ihrer langen Laufbahn schon ganz andere Erfolge vorzuweisen, so war für Karlotta Lammers die DM-Endrunde Höhepunkt und Schlussakt zugleich. Die 24-Jährige, die sich beim Mannheimer HC die Torhüterrolle mit Lisa Schneider teilt, hatte intern bereits länger angekündigt, dass sie nach Ende dieser Saison dem Hockey zugunsten der beruflichen Laufbahn (Endphase Medizinstudium) komplett den Rücken kehren wird. Als Lammers dann im Finale zum Shoot-out für Schneider eingewechselt wurde („Das war klar, dass Karlotta reinkommt“, so MHC-Trainer Niklas Benecke) und mit zwei parierten Versuchen mit dazu beitrug, dass der Erfolg gegen den Club an der Alster errungen wurde, konnte sie ihr Glück kaum fassen: „Ich bin noch nie Meisterin geworden. Das in meinem letzten Spiel zu schaffen, ist das größte, coolste Happy End, das man sich vorstellen kann.“
Dass der Premieren-Feldtitel der Mannheimerinnen auf wackligen Beinen stand, war vor allem der nach Videobeweis erfolgten fragwürdigen Aberkennung eines Hamburger Strafeckentores zum vermeintlichen 2:1-Siegtreffer drei Minuten vor Schluss geschuldet. „Vielleicht war der Hockey-Gott heute auf unserer Seite“, brachte MHC-Kapitänin Stine Kurz höhere Mächte mit ins Spiel. Dass Mannheim als jene Mannschaft, die als einziger Bundesligist unbesiegt durch die Saison kam und in 20 Pflichtspielen 18 Siege und zwei Unentschieden bei nur acht Gegentoren einfuhr, den Titel verdient hat, steht außer Frage. Doch nicht immer passen Saisonverläufe und die Meisterfindung dann zusammen. „Wir kennen es ja, dass wir das punktbeste Team der Saison waren und es am Ende doch nicht zum Titel gereicht hat“, sagt Kurz über schon mehrfach gescheiterte Anläufe der MHC-Damen. Vor eigenem Publikum „musste es jetzt einfach sein“.

Emotionen pur bei Karlotta Lammers und Nicklas Benecke nach dem dramatischen Damen-Finale. Foto: Kaste

Auch der seit 2019 in der Verantwortung für die Mannheimer Damen stehende Nicklas Benecke sieht das Glück, das man heuer benötigte, als eine Art ausgleichende Gerechtigkeit an: „Dass wir in den zwei verlorenen Endspielen gegen Düsseldorf die bessere Mannschaft waren, interessiert später auch nicht mehr.“ Der Titelfluch der MHC-Damen ist nun endgültig Geschichte. „Wir haben nie aufgehört, daran zu glauben. In den letzten Wochen haben wir viel mit einem Mentaltrainer gearbeitet“, sagt Nadine Kanler, die seit Kindheit das Mannheimer Trikot trug und praktisch ein Überbleibsel ist in einem Team, das kontinuierlich und gezielt auch mit Kräften aus dem Ausland verstärkt wurde. Neben der seit Jahren schon großen Argentinien-Fraktion im MHC kam vor dieser Saison mit Lucia Jimenez eine Spanierin, die voll einschlug, wie die Auszeichnung als MVP der Endrunde 2023 bewies.
Beim Deutschen Herrenmeister Rot-Weiss Köln wird der Anteil der ausländischen „Gastarbeiter“ in der kommenden Saison zurückgefahren. Der Belgier Vincent Vanasch und der Niederländer Mink van der Weerden bestritten im DM-Finale 2023 ihr letztes Spiel im Kölner Trikot. „Eine fantastische Reise geht zu Ende“, sagte Vanasch. Der Olympiasieger und mehrfache Welttorhüter, der künftig bei Oree in Brüssel spielen wird, blickt auf drei Saisons zurück, in denen er mit Köln immer Deutscher Meister wurde und zweimal ins EHL-Endspiel einzog. Dass er nach zwei DM-Endspielen ohne Gegentor jetzt in Mannheim gleich zweimal hinter sich greifen musste, nötigte dem 35-Jährigen höchstens ein Lächeln ab: „Das ist doch gut fürs Publikum, und es zeigte außerdem unsere Stärke, dass hier jeder für jeden kämpft und wir in der Lage sind, Rückstände zu drehen.“ Dass ausgerechnet van der Weerden dann in seinem letzten richtigen Spiel (der 34-Jährige beendet seine Leistungssportkarriere) den 3:2-Siegtreffer gegen den Mannheimer HC schoss, passt voll in die Geschichte.

Moritz Trompertz durfte nach seinem letzten Pflichtspiel den Meisterpokal als Erster in die Hände nehmen. Foto: Foto2Press

Doch weder Vanasch noch van der Weerden und nicht einmal Kapitän Mats Grambusch sollten bei der Siegerehrung derjenige sein, der den Meisterpokal als Erster in Empfang nehmen durfte. Es war eine Geste an den scheidenden Weltmeister Moritz Trompertz, der wie auch Florian Pelzner mit dem DM-Sieg seine Laufbahn in der ersten Mannschaft beendete. Sein letztes richtiges Spiel konnte der 27-Jährige nur unter starken Schmerzen bestreiten. „Vor zwei Wochen habe ich mir einen Muskelbündelriss im linken Oberschenkel zugezogen“, verriet Trompertz, der mit Bandagen und Tabletten dagegen ankämpfte. „Aber schnell laufen war unmöglich.“
Mit all seiner Erfahrung konnte der Mittelfeldmann das Manko überspielen und seinen persönlichen Beitrag zum dritten gewonnenen DM-Titel in Folge leisten. Apropos Erfahrung. „Das macht auf alle Fälle einiges aus“, sagt der Kölner und meint vor allem „unsere Gelassenheit und Ruhe“, sich auch von einem Rückstand im Finale nicht verrücktmachen zu lassen.
Dem pflichtet auch Doppeltorschütze Christopher Rühr zu. „Wir wissen um unsere Qualität und dass wir in einer Halbzeit locker zwei, drei Tore schießen können.“ Man habe im Finale vor allem in der zweiten Halbzeit „unglaublich dominiert“. Das Wissen um den Abgang von vier verdienten Spielern gab zudem den Schuss Extramotivation. Zum Abschied sollte, ja musste es unbedingt nochmal der Titel sein.  lim

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