29.06.2023
Fast genau auf den Tag 60 Jahre nach der berühmten Berlin-Rede von John F. Kennedy gewann das Specialhockeyteam Deutschland am gleichen Ort die Goldmedaille! Wo der Zusammenhang ist? US-Präsident Kennedy sprach damals in seiner Rede nicht nur über die Mauer in der geteilten Stadt, sondern auch über Mauern in den Köpfen. Und genau Letztere zu überwinden, dazu trägt auch unser sympathisches und erfolgreiches Specialhockeyteam bei!
Das Specialhockeyteam Deutschland umfasst drei Mannschaften, von denen die Beste im August bei der Europameisterschaft in Mönchengladbach auf Medaillenjagd gehen wird. Die anderen beiden Mannschaften vertraten jetzt Deutschland bei den Special Olympic World Games 2023 in Berlin, der weltweit größten Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Beeinträchtigung. Im Kreis der 26 Sportarten mit knapp 7000 Teilnehmern war Hockey erstmals dabei und in Berlin neben Rudern offizielle Demonstrationssportart.
Damit jedes Gegeneinander zugleich ein Miteinander ermöglicht, fanden zunächst Klassifizierungsspiele statt. Die darauffolgende Einteilung in „Championship“, „Challenge“ und „Trophy“ soll sicherstellen, dass jeweils annährend gleichstarke Mannschaften den Sieger unter sich ausspielen. Es wurden also insgesamt drei Goldmedaillen vergeben, und es kann sein, dass die zweite Mannschaft erfolgreicher ist als die Erste.
Auch Team "Germany 1" durfte sich feiern lassen.
„Germany 1“ (mit Stefan Schlehahn, Lara Holzmüller, Marius Schwahn, Sascha Gerth, Markus Steffen, Jasmin Weschke, Kevin Waskowsky, Simone Ohlig, Alex Spannenkrebs, Mahmut Gerdan) traf in seiner Gruppe auf die starken Teams von Spanien, Ägypten und Belgien, gegen die es vom Ergebnis her allerdings wenig zu holen gab. Kampfgeist und Teamspirit stimmten im Team der Trainer Norma Rettich und Wolfgang Max aber, und so konnte das entscheidende Gruppenspiel gegen Pakistan mit 3:1 gewonnen und der Einzug in das Spiel um Platz 3 perfekt gemacht werden. Zwar ging dieses gegen Belgien mit 1:4 verloren, gefeiert wurde aber dennoch! Und Deutschland hatte ja auch noch ein zweites Eisen im Feuer.
„Germany 2“ (mit Stefan Koch, Chloé Beloin, Oliver Junke, Caroline Krönig, Lucas Lenzner, Torsten Steinmetz, André Bobnic, Tom Krohn, Yannick Stojanovic, Verena Senger) startete allerdings mit einer Niederlage gegen Bulgarien in das Turnier, steigerte sich dann aber von Spiel zu Spiel und gewann zum Teil deutlich gegen Tschechien und Chile. Mit Frankreich und den Niederlanden warteten auf das Team der Trainer Sonja Ricken, Claus Heinze und Hans-Peter Kempe noch zwei echte Schwergewichte in der Gruppenphase, an deren Ende Deutschland und die Niederlande in das Finale einzogen. Als dieses mit 7:1 gewonnen werden konnte, brachen alle Dämme im Hockey-Olympiastadion! Denn auch wenn Inklusionssport in erster Linie für Toleranz, Hilfsbereitschaft und Freude steht, sind die Specialhockies natürlich auch ehrgeizig. Nicht umsonst heißt es im sportlichen Eid bei Special Olympics: “Ich will gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben!“ Und das haben alle Athleten – egal, welcher der beiden Mannschaften sie angehörten. Denn am Ende waren sie ein Team!
"Germany 2" mit der Goldmedaille.
Solch eine Teamleistung ist nur möglich, wenn es auf und neben dem Platz passt. Allein über die zurecht stolzen Eltern zu schreiben, hieße mehrere Seiten zu füllen. Menschen mit geistiger Behinderung stehen leider noch immer am Rande der Gesellschaft, und sie zu integrieren kostet sehr viel Kraft. Elterliche Liebe aber überwindet Mauern, und deswegen dürfen sich die Eltern ebenso als Sieger fühlen! Ebenso wie der Staff, der häufig ohne inklusiven Hintergrund ist oder ursprünglich nicht aus dem Hockey kommt. So wie Claus Heinze aus Mönchengladbach. Bereits 1972 wurde hier das erste inklusive Hockeyteam in Deutschland gegründet, und so ist es sicherlich kein Zufall, dass Claus gleich mit fünf Athleten aus seinem Heimatverein das Specialhockeyteam bereicherte. Marc Brando
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