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„Eigentlich müsste man bei einem Final-Four deutschlandweit spielfrei machen“

14.07.2023

Bei der jüngsten Mitgliederversammlung des Ligaverbandes Hockeyliga e.V. im Juni hat sich der Zusammenschluss der Erst- und Zweitligaclubs dafür entschieden, seine Führungsebene um Präsident Dirk Wellen personell zu erweitern. Einer der drei Neuen im Präsidium ist Timo Wess. Der Doppel-Olympiasieger und Doppel-Weltmeister übt bei Rot-Weiss Köln das Amt des Vizepräsidenten Sport aus. Im Interview mit DHZ-Redaktionsleiter Uli Meyer äußern sich Wellen (62) und Wess (41) zu aktuellen Themen rund um die Bundesliga.

Lassen Sie uns mit einem Rückblick auf die vergangene Saison starten. Bei der Umstellung auf das Spielorganisationstool „Liga OS“ hat es ziemlich geknirscht. Sind diese Anfangsprobleme überstanden, also wird es in der neuen Saison runder laufen?
Wellen: Wir als Hockeyliga sind da die Speerspitze in der gesamten Umstellung eines Systems aus den 90er Jahren, das von der verdienstvollen Gruppe um Ben Glubrecht immer weiterentwickelt wurde. Dass es da am Anfang ruckelt und in der Anlaufphase Dinge trotz aller Vorsichtsmaßnahmen schiefgehen, ist doch relativ normal. Es wäre vermessen, das auszuschließen. Aber es wurde immer alles zügig bearbeitet. Da haben sich alle Beteiligten, Basti Schwidder auf unserer Seite und die Mitarbeiter von Computer-Rock, ins Zeug gelegt. Die Leute, die damit arbeiten, aber auch von außen draufgucken, lernen gerade, dass es jetzt ein paar zusätzliche Funktionen gibt (zum Beispiel ein umfangreicherer Liveticker als bisher) und besser ist, aber dass es noch ein wenig dauert, bis alles rund läuft. Das werden auch die unteren Ligen dann noch merken, wenn bei ihnen das System zur neuen Feldsaison umgestellt wird. Das Ganze ist ein wirklich großes Projekt, auch finanziell, für Liga und DHB.

Dann hatten wir in der vergangenen Saison eine neue Abstiegsregelung – wie war das Feedback? Bleibt es so, oder gibt es Änderungen im Detail?
Wellen: Die Neuregelung des Play-down hat sich prinzipiell bewährt, sie ist viel besser als die bisherige. Jeder Platz in der Tabelle bekommt eine Bedeutung. Es ist jetzt einfach ein Unterschied, ob man Fünfter oder Sechster wird. Dadurch kommt mehr Bedeutung schon in die Hauptrunde. Das war gut. Es war klar: Einer der Sechsten wird auf jeden Fall absteigen. Und der Weg für einen Sechsten, es über Play-down und Play-in noch zum Klassenerhalt zu schaffen, wird schwierig. Auch das ist gut so. Die Idee, ein klein bisschen an den NBA-Modus angelehnt, kam ja in einer kleinen Arbeitsgruppe von Freddy Wolff, nachdem sein Nürnberger HTC gerade den Klassenerhalt geschafft hatte. Was wir zur neuen Saison ändern, ist die Regelung des Heimrechts beim Play-in. Das Spiel wird beim Verlierer des Duelles der Fünften stattfinden und nicht mehr auf neutralem Platz. Wir wollten es dieses Jahr eigentlich schon so machen, waren da aber aus formalen Gründen an die ursprüngliche Festlegung gebunden.
Ursprünglich war auch angedacht, die zwei Play-in-Spiele ins Final-Four zu integrieren. Das hätte eine Erweiterung auf Freitagabend bedeutet, was nicht alle mitmachen wollten. Wir wollten das nicht von oben herab einfach durchsetzen, sondern nur in größtmöglichem Konsens. Ich persönlich hätte Halbfinals am Freitagabend für cool empfunden, auch medial.

Noch ein Wort zu den beiden Final-Four-Veranstaltungen 2023. Die Hallen-DM in Frankfurt war ein voller Erfolg, auch beim Zuschauerzuspruch, den man so im Feld in Mannheim nicht hatte. Im Feld gehen die Zahlen eher zurück als nach vorne. Wo liegen die Gründe?
Wess: Da gibt es viele potenzielle Gründe. 2018 und 2019 in Krefeld waren sehr gut besuchte Endrunden-Veranstaltungen. Dann kam Corona. Ob es jetzt noch Nachwirkungen sind, dass die Leute nicht mehr so gerne auf Großveranstaltungen gehen, möchte ich gar nicht sagen. Es gibt ja genügend Beispiele außerhalb des Hockeys und des Sports, wo Events sehr gut besucht sind. Wo sich der Hockeysport deutlich verbessert hat, sind ja die Übertragungen übers Internet. Das führt vielleicht aber auch dazu, dass der ein oder andere bequemer geworden ist und sich die Spiele jetzt von Zuhause aus anschaut, anstatt die Veranstaltung zu besuchen. Das ist ein schmaler Grat. Ich würde trotzdem sagen, wir sollten die Veranstaltungen übertragen und Bilder von unserem Sport nach außen tragen. Warum in Mannheim nicht mehr Zuschauer im Stadion waren, kann ich nicht sagen. Es waren zwei eigene Teams des MHC dabei, ich hätte schon damit gerechnet, dass es besser besucht ist. Ob das eine klare Tendenz ist, muss man abwarten und schauen, wie die nächsten Endrunden laufen.
Was ich schon seit vielen Jahren unglücklich finde, ist der Umstand, dass wir die Spielpläne insgesamt nicht darauf abgestimmt haben. Eine DM-Endrunde ist das Beste, was wir national im deutschen Hockey haben. Dann sollten wir aber auch dafür sorgen, dass zumindest für sämtliche Mannschaften in dem Verband, wo das Final-Four stattfindet, kein Spielverkehr herrscht, also dass auch Jugendliche dort hingehen können. Das klappt eben nicht, wenn da normale Punktspiele stattfinden. Das finde ich ein großes Manko.

Wellen: Um mal konkrete Zahlen zu nennen: Von drei beim Final-Four 2023 in Mannheim beteiligten Hamburger Clubs hat einer im Vorverkauf 29 Tickets gekauft, der nächste 39. Der beste war der UHC mit rund 100 Karten im Vorverkauf. Im Vergleich dazu hatten wir damals bei den Endrunden 2018 und 2019 zwischen 600 und 800 Fans von Uhlenhorst Mülheim an jedem Tag. Wir hatten damals eine perfekte Teilnehmerfeldbesetzung mit Mülheim, RW Köln und den Düsseldorfer Damen. Im Vergleich dazu war jetzt der MHC-Nachbar TSV Mannheim während der DM-Endrunde in gleich zwei Play-in-Spiele involviert, in Stuttgart und Bonn – also maximal unglücklich. Wir hatten damals bei den Turnieren in Krefeld mit dem WHV eine kleine Umsatzbeteiligung vereinbart. Das hat dazu geführt, dass der WHV sich komplett um das Final-Four herum organisiert hat, sprich der Westen hatte komplett spielfrei in allen Alters- und Spielklassen. Eigentlich müsste man bei einem Final-Four deutschlandweit spielfrei machen. Die Hamburger hatten vollen Spielbetrieb, selbst wenn dort nur die Kindermannschaften spielen, fallen viele Leute als potenzielle DM-Zuschauer weg.

Gibt es da Bemühungen, zusammen mit dem DHB und den Landesverbänden entsprechende Regelungen zu treffen?
Wellen: Das müssen wir einfach anders hinbekommen, als es bisher läuft. Da gibt es prinzipiell auch ein offenes Ohr beim DHB und den Landesverbänden. Ein Final-Four ist – neben den Nationalteams - das Highlight des deutschen Hockeys. Das müssen wir besser schützen, das muss ein gemeinsames Event des deutschen Hockeys werden.

Wess: Am Ende des Tages ist es ja kein Interesse alleine der Hockeyliga, sondern müsste ein Interesse des gesamten Hockeysports sein und damit von allen Verbänden. Da habe ich die Chance, mich als Sportart zu zeigen und ein tolles Event zu machen. Da haben wir alle was davon, wenn das gelingt.

Ein Teil des neuen Präsidiums des Hockeyliga e.V. nach der Mitgliederversammlung am 17. Juni 2023 in Düsseldorf. Von links Eiko Rott, Valentin Heyl, Marco Dierkesmann, Dirk Wellen, Geschäftsführer Victor vom Kolke, Ralf Stähler und Joachim Krotz. Foto: Hockeyliga

Eine sportliche Veränderung zur neuen Saison wird die Einführung des Shoot-outs bei unentschieden endenden Spielen sein. Sind alle Clubs ausgestattet mit einer Shotclock?
Wellen: Das ist alles zu organisieren, auch mit Rücksicht auf die Möglichkeiten, die die jeweilige Anlage bietet. Es hat nicht jeder eine computergesteuerte LED-Wand, es haben nicht alle eine Shotclock, und natürlich haben wir im normalen Ligabetrieb auch keinen Videobeweis. Ein Shoot-out ist trotzdem sauber hinzubekommen, es findet im deutschen Hockey ja auch bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel bei den Jugend-DMs, statt.
Man muss nicht groß drum herumreden: Es wollten nicht alle, es war eine Mehrheitsentscheidung, noch nicht mal ein sehr klarer Mehrheitsbeschluss. Es gibt die, die sagen, es macht unser Spiel attraktiver, weil wir nicht einfach mit einem Unentschieden vom Platz gehen. Je besser wir uns medial verbreiten können, um so schöner, wenn wir dieses spezielle Duell Torwart gegen Angreifer auch noch zeigen können. Und es gibt andere, die sagen, das ist zu viel Stress, zum Beispiel an einem Doppelwochenende, wo du nach dem ersten Spiel vielleicht gedanklich schon beim nächsten Spiel bist. Ich persönlich gehöre zu den Befürwortern, weil ich denke, dass es unseren Sport einfach noch interessanter macht und spektakulär für Zuschauer am Platz und am Videostream ist. Von daher freut es mich, wenn es jetzt so kommt.

Wess: Ich bin ebenfalls ein Befürworter davon. Unser Ziel muss sein, Hockey noch attraktiver zu machen. Und so zu gestalten, dass es für Zuschauer attraktiv ist und auch für Dritte, also neue Zuschauer. Da sollten wir uns also nicht zu sehr Gedanken drüber machen, ob wir noch eine Viertelstunde mehr Zeit brauchen oder einen Zeitnehmer organisieren müssen. Das alles muss möglich sein, wenn wir ein gutes Produkt haben wollen.

Wellen: Ich denke im Übrigen, dass wir mit unserer Neuregelung ganz auf der Linie der Bundestrainer liegen. André Henning hat ja bei der WM erlebt, wie wichtig es ist, Shoot-out gut zu können, und auch bei der jüngsten EHL hat man gesehen, was Erfahrung im Shoot-out ausmacht. Die Spieler von Polo, die im Viertelfinale gegen Timos Club eine richtig starke Performance im Spiel gezeigt hatten, sahen im Shoot-out zum Teil plötzlich sehr unerfahren aus. Da standen auf der anderen Seite die vielen Kölner Nationalspieler, die das alles schon öfters gemacht haben, bei Länderspielen oder in der EHL. Da ist es wichtig und hilfreich auch für das international höchste Level, wenn das Shoot-out im Ligabetrieb regelmäßig vorkommt.

Dann greift mit Beginn der neuen Feldsaison die DYN-Medienkooperation. Sind denn alle Clubs inzwischen soweit vorbereitet, dass es in einigen Wochen auch tatsächlich losgehen kann? Wie sieht es beispielsweise bei RW Köln aus?
Wess: Ich glaube, dass wir da ganz gut vorbereitet sind. Wir haben in den letzten Jahren schon intensiv daran gearbeitet und bereits einen guten Livestream gehabt. Wir sind da ganz ordentlich aufgestellt und werden da jetzt auch gut vorbereitet sein, um die Anforderungen von DYN erfüllen zu können. Als Liga-Organisation unterstützen wir die Clubs natürlich und sind froh, einen professionellen Produktionspartner an unserer Seite zu haben, der unseren Sport besser darstellt.

Wellen: Es gibt in der Liga natürlich eine ziemliche Spannweite. Da ist RW Köln sportlich und auch organisatorisch auf der einen Seite und auf der anderen Seite des Spektrums – ohne den Kollegen zu nahe treten zu wollen – zum Beispiel der Gladbacher HTC, der jetzt aufgestiegen ist. Ich schätze den GHTC sehr und bewundere, was sie mit ihrem Team geschafft haben, aber sie haben organisatorisch und medial natürlich einiges aufzuholen als Aufsteiger. Genau dafür und für diese Situation ist es natürlich gut, dass wir das eine Jahr Lernphase haben, wo die Hockey-Bundesliga auf dem DYN-Kanal bei Youtube läuft, also noch nicht auf der Bezahlplattform. Es wäre ein absoluter Graus und der größte anzunehmende Unfall, wenn Leute sich so ein DYN-Konto zulegen für 12,50 Euro im Monat und dann aus irgendeinem Grund bei einer Hockey-Übertragung der Bildschirm schwarz bleibt oder es sehr unprofessionell wirkt. Dieses eine Jahr Lernphase werden aber sicher nicht nur unsere Aufsteiger brauchen, sondern auch alle anderen in der Liga. Es gibt Clubs, die das vom Start weg sicherlich vernünftig hinkriegen werden, weil sie schon lange Livestream-/Medienerfahrung haben, vor allem Uhlenhorst Mülheim oder der UHC Hamburg. Was wir aber jetzt schon sehen, was DYN da alles lostritt. Da macht sich jetzt ein Zug auf den Weg. Es wäre fürchterlich, wenn wir da nicht dabei wären. Das wäre wahrscheinlich nie mehr aufzuholen. Christian Seifert als Gesellschafter und der Springer-Verlag stecken da unglaublich viel Geld rein, um das Unternehmen erfolgreich zu machen. Wenn die zum Beispiel in der Sport-Bild Anzeigen für das Produkt DYN platzieren, da ist jedesmal Hockey mit dem Bundesliga-Logo mit drauf. Das ist das, was wir brauchen, um unsere Sportart weiterzuentwickeln. Gerade jetzt in der Zeit, in der wir mit der Nationalmannschaft den WM-Titel gewonnen haben.

Ist die Ausstattung der Clubs mit Equipment soweit abgeschlossen, so dass garantiert werden kann, dass von allen Erstligavereinen die Übertragungen stehen?
Wellen: Ja. Das Thema, um das wir uns besonders kümmern müssen, sind die Aufsteiger. Aber auch da sind nicht alle gleich. Die Zehlendorfer Wespen zum Beispiel haben bereits in der 2. Bundesliga viel gemacht beim Thema Livestream, die haben das innerhalb eines Jahres neu aufgebaut, haben Geld reingesteckt und intern gute Leute für das Projekt gefunden. Bei anderen müssen wir helfen, das jetzt nachholen. Dafür haben wir ja aber auch einen Partner an unserer Seite, also DYN mit der Produktionsfirma Spontent, die die Betreuung vor Ort übernimmt, außerdem über die Hockeyliga durch Justin Gervelmeyer. Wir merken schon, dass die neue Medienpartnerschaft etwas ausgelöst hat bei den Clubs. Bei uns in Krefeld zum Beispiel melden sich jüngere Leute, die im Hinterkopf haben, vielleicht eine berufliche Laufbahn im Sportmedienbereich einschlagen zu wollen und jetzt nach Möglichkeiten suchen, bei so einem Projekt mitzuarbeiten. Da ist etwas in Gang gekommen, das ist ja auch cool und soll so sein.

Zum Verein Hockeyliga. Da sind einige neue Positionen im Präsidium geschaffen worden. Hat der Präsident die Neuen herangezogen oder haben die von sich aus ihr Interesse signalisiert?
Wellen: In verschiedener Hinsicht gab es im letzten dreiviertel Jahr sehr intensive Diskussionen, zum Beispiel um das Medien-Thema, aber auch um andere Dinge rund um die Professionalisierung des ganzen Bundesligageschehens. Zudem haben wir innerhalb unserer ungefähr 60 Mitgliedsvereine eine extreme Spannweite, irgendwas zwischen Cöthener HC und Rot-Weiss Köln, von daher gibt es auch ganz unterschiedliche Sichtweisen. Wir haben zu einem bestimmten Zeitpunkt gesagt, dass wir uns intensiv darum kümmern müssen, einen größeren Konsens, vor allem unter den führenden Clubs der 1. BL Feld und vor allem zum Medienthema zu erreichen. Die regelmäßig beim Final-Four dabei sind und immer wieder EHL spielen, das sind ja die, die auch medienmäßig am gefragtesten sind und die auch ein besonderes Interesse daran haben müssen, dass wir medial besser vorkommen. In den Gesprächen im Vorfeld der Mitgliederversammlung 2023 hat sich dann eben rauskristallisiert, dass es wichtig ist, Clubs wie RW Köln oder Der Club an der Alster stärker einzubinden. Sie haben alle ihre Unterstützung für das Projekt und die grundsätzliche Linie, die wir in den letzten vier Jahren gefahren haben, bezeugt. Es hat dann Sinn ergeben, den Vorstand zu erweitern und zwei Vertreter von großen Clubs dazuzunehmen und mit Marco Dierkesmann von DTV Hannover jemand, der eine etwas andere Perspektive hat als die Clubs der 1. BL Feld.

Sportentwicklung und internationale Kooperationen stehen hinter der Aufgabenbeschreibung des neuen Vizepräsidenten Timo Wess.
Wess: Es ist, wie Dirk es schon gesagt hat. Es muss eine Aufgabe sein, die auch zu mir passt, nicht nur zum Verein. Ich kann sagen, dass ich für den Sport stehe und mit Sicherheit auch ein gewisses internationales Netzwerk habe. Entsprechend hat es Dirk als sinnvoll angesehen, dort einzusteigen, und den Aufgabenbereich vorgeschlagen. Ich glaube, wir haben als Hockeyliga und gemeinsam mit dem Verband den internationalen Austausch, den Turnierkalender und den Spielplan zusammenzubekommen. Ich denke, dass ich da meinen Beitrag leisten kann.

Wellen: Beim Zusammenschluss der europäischen Ligaverbände namens EHCO, wo ich bislang die Hockeyliga vertreten habe, ging es grob um drei Themen: der internationale Kalender, die europäischen Wettbewerbe und die Sicherung des Hockeys elf gegen elf. Lassen wir den dritten Punkt mal beiseite, aber bei den ersten beiden Themen ist Timo jemand, den man aufgrund seiner Hockey-Biografie niemandem vorstellen muss, und der zudem mit seinem Club Rot-Weiss Köln als Serienteilnehmer an der EHL direkt involviert ist. Von daher ist es eine ganz naheliegende Lösung, dass er das übernimmt.

Ein viel diskutierter Begriff ist ja die Produktentwicklung. Was muss die Ligaorganisation noch leisten, um tatsächlich mit der Hockey-Bundesliga ein echtes Produkt zu werden, um zum Beispiel auch einen Ligasponsor gewinnen zu können?
Wellen: Ganz wichtig ist ja, dass wir mit den getroffenen Beschlüssen vom April und Juni erstmal die Basis geschaffen haben, um einen Ligasponsorvertrag abschließen zu können. Wir hatten ja davor als Ligagemeinschaft eigentlich gar keine Rechte im laufenden Bundesliga-Betrieb, hatten nur die Rechte an den eigenen Veranstaltungen, die wir in den letzten Jahren auch gut vermarktet haben. Das hat Victor mit dem Team auch super hingekriegt und auch einige Erlöse hereingeholt. Aber darüber hinaus hatte der Hockeyliga e.V. keine Rechte. Das haben wir mit der Vermarktungsordnung, die wir im April beschlossen haben, zum ersten Mal auf die Spur gebracht, um da jetzt aktiv werden zu können. Wenn wir vorher einen Vertrag gemacht hätten, wären wir quasi Leerverkäufer gewesen. Also wir hätten eine Vereinbarung mit einem Sponsor gemacht, ohne nachher sicherstellen zu können, dass wir das auch erfüllen können. Natürlich ist es so, dass man bessere Erlöse für die Gemeinschaft erzielen kann, je besser sichtbar der Sport ist. Da spielen die internationalen Erfolge, sprich aktuell der Weltmeistertitel und alles was Richtung EM und Olympia 2024 hoffentlich noch kommen mag, eine Rolle, aber auch die Art und Weise, wie wir die Hockey-Bundesliga medial präsentieren können. Es ist jetzt natürlich etwas anderes, einem potenziellen Sponsor sagen zu können, dass er jetzt neben einer Easycredit-BBL oder der Liqui-Moly-HBL gemeinsam auf einer Plattform steht, als das, was wir vorher hatten mit den Youtube-Kanälen einzelner Clubs. Wir haben in den letzten vier Jahren mit Gründung der eigenständigen Ligaorganisation und jetzt mit der Basisaufstellung Vermarktung und Rechte ganz viel Vorarbeit geleistet – jetzt können wir im Prinzip richtig anfangen zu arbeiten.

Wess: Darüberhinaus ist ja in den letzten Jahren auch an Themen wie Qualitätsstandards gearbeitet worden. Das ist ja auch wichtig, wenn man von einem Produkt spricht. Wenn man zu einem Bundesligaspiel kommt, sollte es gleiche Begebenheiten geben. Wir müssen da weg von dem Bild, dass jeder macht, wie er es gerne möchte. Wir brauchen ein einheitliches Konzept, es muss ein gleiches Prozedere sein, der Platz muss professionell aussehen. Nur dann kann ich auch ein gutes Bild rüberbringen. Diese Qualitätsstandards, das sind viele kleine Punkte, die erarbeitet worden sind. Aus meiner Sicht sind ein paar Dinge selbstverständlich, einige vielleicht auch kleinlich. Aber nur so kommt man dahin, auch mal ein vernünftiges Produkt zu schaffen und es auch Dritten präsentieren zu können. Wir sollten nicht stolz darauf sein, wenn bei unseren Bundesligaplätzen die Hunde über den Platz rennen.

Wellen: Ein Beispiel ist der Spielbeginn. Also vom Einmarsch der Spieler, bis der erste Ball rollt. Das wird überall unterschiedlich gehandhabt. Und obwohl wir uns in den letzten Jahren immer bemüht haben, eine einheitliche Form zu finden, hat sich kaum einer daran gehalten. In der Arbeitsgruppe, in der Timo auch vorher schon beteiligt war, ist geklärt worden, wie das künftig laufen soll. Das muss einfach sein.

Wess: Bei der EHL ging das los, das war ein Riesenschritt damals. Da wurde genau festgelegt, wie Trikots aussehen müssen und wie man sich da zu Beginn zu verhalten hat. In der Bundesliga hatten wir teilweise noch Mannschaften, wo man Trikots mit verschiedenen Sponsorenlogos sieht oder Nummern doppelt vergeben sind. Das sieht einfach nicht gut aus, da müssen wir künftig professioneller sein.

In der Hockeyszene geht das ein oder andere Gerücht herum, dass es dem Hockeyliga e.V. wirtschaftlich nicht gut ginge. Was ist da dran?
Wellen: Wir stehen finanziell solide und ordentlich da. Es ist ja ganz transparent, wie im Liga-Verein gewirtschaftet wurde. Wir gaben unseren Mitgliedern bei den Versammlungen einen genauen Rechenschaftsbericht ab, zuletzt über das Geschäftsjahr 2021/22. Ich will da auch gar kein Geheimnis machen: Wir haben wirklich ordentlich verdient beim Hallen-Final-Four in Frankfurt, und wir haben ein kleines Minus gemacht beim Feld-Final-Four in Mannheim. Insgesamt haben wir in der Summe aus beiden Veranstaltungen einen Ertrag. Und bei der Mitgliederversammlung am 17. Juni haben wir beschlossen, unsere Geschäftsstelle aufzustocken. Wir hatten da zuletzt drei Hauptamtliche und einige Praktikantinnen/Fachstudentinnen. Daraus machen wir jetzt zwei Vollzeitstellen, die sich in erster Linie mit Events, Marketing und Salesunterstützung befassen. Es sind also künftig fünf Personen aktiv.

Das Zusammenspiel zwischen Hockeyliga und dem DHB funktioniert?
Wellen: Ich zitiere gerne den DHB-Vizepräsidenten Marc Stauder, der schon vor einem dreiviertel Jahr gesagt hat: Es haben noch nie so viele gute Leute für Hockey gearbeitet. Das hatte er gesagt, nachdem Niclas Thiel (kaufmännischer Vorstand DHB) und Victor vom Kolke (Hockeyliga-Geschäftsführer) beim Bundesrat vorgetragen haben. Und ich sehe das genauso wie Marc Stauder. Ich finde sowohl die professionelle Spitze des DHB als auch die professionelle Seite bei uns sind wirklich top besetzt. Das sind Leute, die für ihre Jobs all das mitbringen, was wir brauchen. Und unser Job als Ehrenamtler – so verstehe ich meine Rolle wenigstens – ist es, den Hauptamtlern den Rücken freizuhalten und möglichst viel Konsens unter den Vereinen zu organisieren, damit die ordentlich arbeiten können. Unser Geschäftsführer Victor hat da schon einiges mitgemacht in den Auseinandersetzungen und Diskussionen, die wir im letzten dreiviertel Jahr hatten, und hat das durchgefochten. Und jetzt beginnt die Phase, in der wir wirklich richtig nach vorne arbeiten können. Von daher zeigt es sich, dass das eine richtige und gute Aufstellung ist, die wir mit dem DHB auf der einen Seite und der Ligaorganisation auf der anderen haben. Und die dann eng und Hand in Hand zusammenarbeiten, wenn es zum Beispiel um internationale Themen, aktuell den Weg unserer Nationalmannschaften Richtung Paris, geht. Der Austausch zwischen der Hockeyliga und DHB-Sportdirektor Martin Schultze und auch den Bundestrainern André Henning und Valentin Altenburg läuft gut, vertrauensvoll und immer im Sinne, gute Lösungen zu finden.   

Vielen Dank für das Gespräch!

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