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Stan Huijsmans: „Wir können das holen, was uns im Juni noch verwehrt blieb“

12.10.2023

Dass er und sein Team lange am unglücklich verlorenen DM-Finale Anfang Juni 2023 zu knabbern hatten, verheimlicht Stan Huijsmans, Trainer der Bundesligadamen vom Club an der Alster, im Interview mit DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt nicht. Aber die Hamburgerinnen haben längst die Kurve bekommen, führen in der neuen Saison als einziger ungeschlagener Erstligist ihre Staffeltabelle souverän an. Der Niederländer Huijsmans (39) übernahm im Sommer 2022 das Alster-Team, davor war er in Berlin beim BHC tätig.

 

Herr Huijsmans, Sie haben jetzt mit Ihrer Mannschaft einen super Saisonstart gehabt, oder?

STAN HUIJSMANS: Ja, es läuft im Moment gut, und das freut mich natürlich sehr. Letzte Saison war auch nicht schlecht, wir haben ja zwei Mal – in der Halle und auf dem Feld – das Finale erreicht und verloren, auf dem Feld sicherlich recht unglücklich. Im Sommer machen die meisten Spielerinnen Pause, und wir gehen kurz auseinander, aber nun sind wir wieder zusammengekommen, und es ist von der Vorbereitung an ganz gut gelaufen. Der Ligastart ist auf jeden Fall punktemäßig sehr gut gelungen.

 

Nach sechs Siegen gab es jetzt am Wochenende den ersten Punktverlust - was ist da passiert? Hat man durch den guten Start einen Punkt erreicht, wo es zu gut läuft, so dass man dann aus den Augen verliert, woran man arbeiten muss?

Nein, so ist das nicht. Wir versuchen schon, uns jede Woche im Training und den Spielen Themen zu erarbeiten, wo wir uns verbessern können. Und da gibt es auch kein Ende, denn es gibt immer Dinge, wo wir als Mannschaft dran arbeiten können und auch müssen. Letztes Wochenende haben wir ein bisschen mit uns selbst gekämpft. Die Defensive war eigentlich gut, da haben wir auch nicht so viele Probleme gehabt, aber in der Offensive war es nicht so genau und fokussiert. Es war vielleicht auch nur eine Phase, in der es nicht so gut gelaufen ist. Samstag gegen Mülheim hatten wir viel Pech im Kreis, und Sonntag gegen Köln war unser Gegner einen Ticken griffiger als wir. Wir werden natürlich besprechen, analysieren und Gründe finden, wie es dazu kam, und weiter dran arbeiten.

 

Wie läuft das ab? Setzen Sie sich zusammen und besprechen das, oder picken Sie sich Sachen heraus, die Sie in der Trainingswoche bearbeiten wollen?

Ein bisschen von beidem. Wir setzen uns zusammen und besprechen Sachen, die wir gerne bearbeiten wollen. Meistens ist es so, dass wir am Dienstag eine Besprechung machen, in der wir auf das Wochenende zurückgucken, wie es gelaufen ist mit bestimmten Szenen, die wir uns angucken und feststellen, dass es noch Potenzial gibt, etwas zu verbessern. Aus den Szenen kommen auch meistens die Themen für die Woche. Ich versuche, das alles miteinander zu verknüpfen und zu verbinden. Also wir versuchen das, was wir im Video erkannt haben, direkt im Training zu verarbeiten und diese Punkte zu verbessern.

 

Stan Huijsmans ist seit Sommer 2022 in Hamburg beim Club an der Alster als Cheftrainer der Bundesligadamen beschäftigt. Foto: Witters

Haben Sie seit Saisonbeginn denn Ihren vollen Kader am Start?

Nein, eigentlich nicht. Wir haben seit langer Zeit mehrere Verletzte und haben bislang nicht ein Spiel in voller Besetzung spielen können. Manche Mädels haben momentan sehr viel mit der Arbeit zu tun, andere haben ja die EM im Sommer gespielt, und denen wollten wir eine Pause geben. Und dann haben wir noch mit Kira Horn (Fuß) und Nele Aring (Knie) zwei langzeitverletzte Stammspielerinnen. Es haben also jede Woche schon vier, fünf Mädels gefehlt, wie auch letzte Woche Lisa Altenburg (Masterarbeit) und Anne Schröder (Pause). Die Belastung der Nationalspielerinnen mit einem sehr vollen Spielkalender ist sehr hoch, es gibt wenig Pause für Kopf und Körper. Es ist schon so, dass dann manchmal Spielerinnen verletzt sind, aber die Mädels, die auf dem Platz gestanden haben, haben es super gemeistert. Sie sind toll damit umgegangen, denn es bedeutet natürlich auch, dass Positionswechsel stattfinden und Spielerinnen auf anderen Positionen spielen müssen, dass die Aufgaben anders sind und die Rolle in der Mannschaft einen Tick anders gewohnt ist. Das macht es nicht einfacher, aber ich muss der Mannschaft ein Riesenkompliment machen, denn die Mädels sind sehr flexibel und offen damit umgegangen. Und es ist natürlich richtig gut zu wissen, dass wir das auffangen können, wenn auch in der Zukunft etwas passieren sollte. Daher sind wir schon sehr zufrieden mit diesem Start.

 

Wen setzen Sie dann ein, wenn so einige Stammspielerinnen fehlen?

Spielerinnen aus unserer weiblichen U18, wie zum Beispiel jetzt Anna Batschko, Sophie Perschk und Zita Grigoleit, die in den letzten Wochen auch dabei waren und gespielt haben. Sie müssen dann auf einmal Bundesligaspiele machen und Leistung bringen. Das ist eine coole Herausforderung, aber das machen sie auch super.

 

Haben Sie schon ein Saisonziel formuliert? Das kann ja für Sie eigentlich nur lauten, das letzte Spiel der Saison zu gewinnen, aber die heiße Phase ist ja noch eine Weile hin...

Ja, das ist natürlich ein Prozess, weil man auch mit der Mannschaft darüber kommuniziert, wann dieses Ziel in den Vordergrund rückt. Wir haben mit der Mannschaft auch darüber gesprochen, wie das Finale 2023 verlaufen ist, und es war wirklich sehr hart. Ich glaube auch, dass nicht nur ich persönlich, sondern auch mehrere Mädels sehr lange über mehrere Wochen hinweg noch damit beschäftigt waren, wie das abgelaufen ist. Es war für mich auch wichtig, dass wir mit der Mannschaft ganz am Anfang der neuen Saison drüber sprechen, was wir jetzt wollen. Es ist dann nur ein nächster Schritt, wenn es darum geht, und der ist, wirklich Meister werden zu wollen. Mit unseren Neuzugängen aber auch Abgängen, was tatsächlich für uns auch Verluste waren, glaube ich, dass wir einen Kader haben, mit dem wir das am Ende holen können, was uns im letzten Juni noch verwehrt blieb.

 

Wie ist das Arbeitsgefühl mit der Mannschaft?

Ich bin noch immer sehr dankbar und glücklich, dass mein Beruf ist mir so viel Spaß macht. Ich stecke deswegen richtig viel Zeit dort rein und mache mir immer viele Gedanken, wie wir das nächste Spiel gewinnen, was wir als Mannschaft brauchen und was für Themen ins nächste Training einfließen sollen. Am Job an sich ändert sich natürlich nichts, auch nicht an der Energie, die ich reinzubringen versuche. Damit meine ich auch meine Kollegen im Trainerteam, wir wollen zusammen etwas aufbauen, womit wir weiterhin an der Spitze der Bundesliga spielen können. Der Verein hat sehr viel Potenzial und Ambitionen. Das freut mich, ist aber kein Selbstläufer. Alster ist sicherlich eine Mannschaft, in der die individuelle Begleitung anders ist als in anderen Mannschaften, weil viele Spielerinnen mit Nationalmannschaftshintergrund auch persönliche Ziele haben, die neben dem Club laufen. Ich versuche, das so gut wie möglich zu unterstützen, weil mir das wichtig ist, dass die Mädels nicht nur bei mir in der Mannschaft Spielfreude haben, fit bleiben und Leistung bringen können, sondern dass sie das auch im A-Kader machen können - oder sich auch dahin entwickeln können. Ich glaube auch, dass wenn sie das Gefühl bekommen, mein Coach hat das Beste mit mir vor, dann zeigt sich das auch in der Leistung auf den Platz.

 

Vielen Dank für das Gespräch!