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Robert Tigges: „Ich will hier etwas Erfolgreiches aufbauen“

20.10.2023

Ein erfolgreiches Auswärtswochenende liegt hinter dem Hamburger Polo Club. Beim Mannheimer HC siegten die Hanseaten 4:2, und beim TSV Mannheim ging Polo als Gewinner nach Shoot-out hervor. Auch wenn sich das Team von Robert Tigges (38) in der Tabelle der 1. Bundesliga Herren platztechnisch gar nicht mal verbesserte, konnte der neue Polo-Trainer im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner eine positive Bilanz ziehen. Dass der Niederländer sich auf die kommende Hallen-Bundesliga freut, hat viel mit seiner eigenen Hockey-Biografie zu tun.

 

Herr Tigges, fünf Punkte lautet die Ausbeute für Polo in Mannheim. Wie zufrieden sind Sie mit der Performance Ihrer Mannschaft?

ROBERT TIGGES: Ich denke, dass fünf gewonnene Punkte aus einem Auswärtswochenende in Mannheim eine sehr gute Anzahl an Punkten sind. Das sind gute Ergebnisse. Natürlich ist das Unentschieden gegen den TSV Mannheim ein wenig ungewöhnlich, aber auch dort haben wir ein gutes Spiel abgeliefert. Wir hatten genügend Kreiseintritte und Torchancen, um das Spiel zu gewinnen, aber der TSV hat uns einen guten Fight geliefert. Ich bin sehr, sehr glücklich mit den Ergebnissen und der Leistung meiner Mannschaft.

 

Sie haben es schon kurz erwähnt, die Verteilung der Punktgewinne ist schon interessant. Gegen Vizemeister MHC konnte die volle Punktezahl einfahren werden, gegen den Play-down-Teilnehmer TSV kam Polo nicht über ein 1:1-Unentschieden hinaus. Waren Sie davon etwas überrascht?

Es war mein erstes richtiges Auswärtswochenende in der Bundesliga mit der weiten Reise nach Mannheim und zwei Spielen am Wochenende. Das ist für mich auch eine neue Erfahrung gewesen. Wir haben uns länger auf das Spiel am Samstag gegen den Mannheimer HC vorbereitet, da es das erste Spiel am Wochenende war. Da haben wir ein wirklich starkes Spiel abgeliefert mit einer kompakten Defensive, sehr gefährlichen Kontern und einigen schönen Toren. Die Erholung bis zum Sonntagspiel war dann sehr kurz. Wir wirkten etwas müde und nachlässig im eigenen Spiel. Trotzdem haben wir ein gutes Spiel absolviert. Der TSV hat einfach einen wirklich sehr starken Fight abgeliefert. Wir waren natürlich ein wenig enttäuscht, da wir das Wochenende gerne mit sechs Punkten beendet hätten, aber mit dem Extrapunkt im Shoot-out war es dann auch ein sehr versöhnliches Ergebnis für uns.

 

Vor dem letzten Spielwochenende der Hinrunde liegen Sie auf dem vierten Platz der Staffel A. Komfortable fünf Punkte beträgt der Vorsprung auf den Berliner HC, sechs Punkte Rückstand sind es allerdings auch schon auf Köln und Mülheim. Befinden Sie sich damit eher voll im Soll oder ist eher noch etwas Luft nach oben?

Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass es immer Luft nach oben gibt - auch wenn man ganz oben in der Tabelle steht. Wir sind mit dieser Mannschaft gerade in einer sehr interessanten Phase. Wir haben zwei neue Trainer, neue Spieler, erfahrene Spieler, die nicht mehr bei uns spielen oder aufgehört haben. Wir müssen uns auch erst einmal aneinander gewöhnen und uns an alle neuen Gegebenheiten anpassen. Für die Phase, in der wir uns befinden, haben wir eine gute Anzahl an Punkten und sind in der Tabelle gut platziert. Auf uns wartet jetzt ein sehr wichtiges Wochenende mit Spielen gegen Krefeld und Gladbach. Mit zwei Siegen hätten wir die Hinrunde sehr erfolgreich abgeschlossen. Aber natürlich, wir sprechen ständig darüber, wo und wie wir uns noch verbessern können.

 

Sie haben im Sommer das Erbe von Matthias Witthaus angetreten, der den Hamburger Polo Club von der Oberliga in die Bundesliga, zur Vizemeisterschaft und in die EHL geführt hat. Wohin soll die Reise des Vereins nun unter Ihrer Führung gehen?

Ich bin hier in einem sehr ambitionierten Verein, in dem ich lange bleiben möchte und etwas Erfolgreiches aufbauen will. Nicht nur für diese Mannschaft, sondern für den ganzen Verein. Dazu zählt auch eine bessere Verbindung zwischen der U18 und der Herrenmannschaft, sodass Talente aus der eigenen Jugend und einer starken zweiten Mannschaft in die Herren finden. Wir wollen ein starker Wettbewerber in der Top-Vier der Bundesliga sein. Am Ende zählen dazu auch nationale Titel und erfolgreiche Teilnahmen in der EHL. Das muss aber dieses Jahr noch nicht zwingend der Fall sein. Wenn es so kommt, freuen wir uns. Aber im Club geschehen gerade sehr viele Prozesse und Entwicklungen, manche brauchen auch länger. Polo ist ambitioniert, der Druck zu gewinnen, ist immer da. Aber gerade schauen wir tatsächlich von Spiel zu Spiel, wir müssen nicht unbedingt den Titel diese Saison gewinnen. Vielleicht ist der Prozess dieses Jahr schon ein Erfolg, wenn wir uns wieder für die Endrunde qualifizieren.

 

Cheftrainer Robert Tigges am vorigen Samstag beim 4:2-Sieg seines Hamburger Polo Club bei Vizemeister Mannheimer HC. Foto: Foto2press

 

Neben Ihnen in der Rolle des neuen Cheftrainers sorgte auch eine weitere neue Personalie für Aufmerksamkeit. Christoph Bechmann wechselte im Sommer vom Stadtkonkurrenten HTHC zu Polo. Wie genau sieht Ihre Zusammenarbeit mit ihm aus? Wie nah ist er auch an der Mannschaft dran?

„Bechi“ und Ich arbeiten sehr eng zusammen. Von dem Moment an, an dem wir wussten, dass wir zusammenarbeiten werden, ist ein sehr enger Zusammenhalt entstanden. Wir haben sowohl auf als auch neben dem Platz sehr viel Kontakt, sprechen viel über Hockey und die Mannschaft. Ich bin der Cheftrainer und er ist der Co-Trainer und Sportdirektor. Er hat also noch eine wichtige Rolle im Club. So steht es zumindest auf dem Papier. Aber natürlich ist „Bechi“ mit seiner Erfahrung ein großer Gewinn, und er wird immer die Sachen sagen, die er zu sagen hat. Ich bin sehr froh darüber, dass ich mit diesem erfahrenen Trainer zusammenarbeiten kann.

 

Nach der Feldsaison ist bekanntermaßen vor der Hallensaison. Sie selbst sind ein Hallenhockey-Experte, waren lange Zeit niederländischer Nationalspieler in der Halle und zuletzt auch Trainer der Herren-Nationalmannschaft in der Halle. Wie sehr freuen Sie sich auf die Hallensaison, die in Deutschland sicherlich einen anderen Stellenwert genießt als in Ihrem Heimatland?

Ich freue mich sehr auf die Hallensaison. Ich habe hier nie als Spieler gespielt. Es gab immer wieder Angebote von deutschen Vereinen, doch in Amsterdam hatte ich immer eine starke Mannschaft, mit der wir auch sehr erfolgreich waren, sodass ich mich immer dafür entschieden habe, in Amsterdam zu bleiben. Deswegen freue ich mich vielleicht umso mehr. Gerade die Nord-Gruppe ist sehr interessant. Viele starke Teams, hohe Konkurrenz, die Derbys, die ausverkauften Hallen, die Atmosphäre. Ich habe schon einiges darüber gehört oder in Livestreams selbst gesehen. Das Niveau ist sehr, sehr hoch. Wir haben oft mit der holländischen Nationalmannschaft gegen deutsche Vereine getestet, und es war immer auf Augenhöhe, obwohl wir „nur“ gegen Vereinsmannschaften gespielt haben. Die Hallensaison wird eine großartige Erfahrung.

 

Hat ihr „Hallenhockey-Herz“ dementsprechend ein wenig geblutet, als der niederländische Hockeyverband seinen Rückzug aus dem internationalen Hallenhockey verkündete?

Ja, natürlich. Der Verband hat seine Gründe. Man kann damit einverstanden sein oder auch nicht. Ich kann auch einige Punkte nachvollziehen, aber für mich „Hallenhockey-Typ“ ist es sehr schade. Als die Niederlande 2007 abstieg, tat ich mich mit einigen Spielern und Robin Rösch zusammen, mit dem Ziel, Hallenhockey in den Niederlanden wieder in die Weltspitze zu bringen. Das haben wir Jahre lang intensiv betrieben, bis wir die Weltmeisterschaft 2015 in Leipzig gewonnen haben. Wir haben so viel Blut, Schweiß und Tränen investiert. Natürlich ist das nicht alles verpufft. Die Erinnerungen bleiben. Aber es tut weh zu sehen, dass 16, 17 Jahre Arbeit, mit der wir die Niederlande im Hallenhockey wieder in die Weltspitze geführt haben, nun vorerst nichts mehr wert sind.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

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