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Phil Neuheuser: „Wir sind natürlich auf jedes Szenario vorbereitet“

Mit ihrem ersten Sieg im 14. Saisonspiel haben die Damen des HTC Uhlenhorst Mülheim das Schlusslicht in der 1. Bundesliga abgeben können. Es winkt nun eine bessere Ausgangsposition im bald beginnenden Play-down um den Klassenerhalt. Wie befreiend der 3:1-Erfolg über den direkten Konkurrenten Club Raffelberg war und wie die dritte Erstliga-Rettung in Folge gelingen kann, davon erzählt Uhlenhorst-Trainer Phil Neuheuser (28) im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt.

Herr Neuheuser, Glückwunsch zum ersten Saisonsieg, Wie schön war es?

PHIL NEUHEUSER: Natürlich war eine Menge Erleichterung mit dabei. Unser letzter Feldsaisonsieg war im letzten Jahr das entscheidende Play-down-Spiel gegen den TSV Mannheim. Entsprechend auch noch im Derby gegen Raffelberg zu gewinnen bei gutem Wetter und einer tollen Kulisse hat schon echt Spaß gemacht. Es war der absolut richtige Schritt in die richtige Richtung und in meinen Augen auch verdient. Am Anfang haben wir ein bisschen gewackelt, aber es war wichtig, dass wir im ersten Viertel die Ecken gut verteidigt haben, und mit zunehmender Spielzeit würde ich sagen, dass der Sieg absolut in Ordnung geht.

 

Es muss unglaublich schwierig sei, den Spannungsbogen in der Saison hochzuhalten, wenn man immer wieder Spiele verliert. Wie haben Sie es geschafft, dass es in so einem entscheidenden Moment klappt, und was gibt Ihnen das für die nächsten Spiele?

Wenn man sich den Spielplan vor Beginn der Rückrunde anschaut, weiß man die Spiele schon einigermaßen anzuordnen. Das heißt nicht, dass wir die Spiele am vorletzten Wochenende mit HTHC und Berlin abgeschenkt haben. Natürlich versuchen wir auch dort, den Gegner zu reizen und entsprechend zu ärgern und möglichst was mitzunehmen, sind aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass das Spiel gegen Raffelberg ein sogenanntes Sechs-Punkte-Spiel ist. Uns war vorher klar, dass es sehr auf dieses Spiel ankommt. Natürlich nicht nur, denn es ist auch klar, dass wir den fünften Platz überhaupt nicht sicher haben, weil noch zwei Spiele vor uns liegen. Bei der Gestaltung des Spannungsaufbaus ist schon klar, dass wir die Vorbereitung in großen Teilen auf dieses Spiel ausgelegt haben, haben uns aber schon letzte Woche etwas geärgert, weil wir fanden, dass wir über weite Teile in Berlin bereits eine gute Leistung gebracht haben. Leider wurden wir noch nicht belohnt und haben innerhalb kürzester Zeit wieder drei Gegentore gefressen. Meiner Meinung nach wäre da schon etwas mehr drin gewesen. Das Spiel gegen HTHC war schon ein Klassenunterschied, das muss man ganz klar sagen. Umso schöner war es, nun den ersten Dreier einzufahren. Und wir hoffen nun, dass wir diesen Aufwärtstrend weiter fortsetzen können und wissen auch, dass mit Köln und Alster die nächsten beiden Kaliber auf uns warten, und dass diese Teams wieder ganz andere Hausnummern sind.

 

Wie schaffen Sie es als Team, da einfach nicht die Nerven, die Hoffnung und auch den Glauben an sich selbst zu verlieren oder irgendwann einmal den Mut? Ziehen Sie aus diesen Spielen doch etwas raus, obwohl man immer wieder verliert?

Den Mut verlieren wir tatsächlich nicht, weil wir immer wieder schauen, dass wir Schritte als Mannschaft nach vorne machen. Wir haben zum einen die Situation, dass wir jetzt das dritte Jahr in Folge gegen den Abstieg spielen und zwei Mal den Kopf aus der Schlinge ziehen konnten, zum anderen ist es natürlich so, dass wir nach wie vor ein superjunges Team sind und unsere einzige Möglichkeit auch immer noch ist - eigentlich ein schöner Trend –, auf die Jugendspielerinnen zu setzen. Natürlich ist es dann auch klar, dass wenn man mit 16-jährigen Spielerinnen gegen gestandene Bundesligaspielerinnen spielt, man entsprechend noch grün hinter den Ohren ist und nicht komplett mithalten kann. Deswegen versuchen wir auf die Entwicklung des Teams zu achten, obwohl es ein Ergebnissport ist. Auch wenn wir in der Hinrunde nur zwei Punkte eingefahren haben, gab es doch den ein oder anderen Lichtblick, wenn man sich unsere Ergebnisse anschaut. Als Beispiel: Wir haben in der Hinrunde nur 0:1 gegen Alster verloren, 1:2 gegen Köln, 0:1 gegen Flottbek, 0:1 gegen den MSC, das waren alles enge Spiele, wo auch mal so ein Spiel hätte kippen können. Demgegenüber gestellt sind natürlich auch immer wieder dann die etwas höher verloren gegangene Spiele, ob es jetzt gegen Düsseldorf, Mannheim und auch HTHC und den BHC in der Hinrunde war. Das sind immer wieder so Punkte, wo wir denken, in den Spielen haben wir wirklich den Gegnern Paroli geboten, und wir wollten, dass sie sich die Zähne ausbeißen. Natürlich sagen wir nun auch, dass wir mal aus diesen Spielen etwas mitnehmen wollen und an der Konstanz arbeiten wollen. Aber wir wissen unsere Qualität auch einzuordnen. Wenn man sich allein die letzten beiden Spiele der Wespen ansieht, da macht Charlotte Stapenhorst einfach mal fast alle Tore, und das ist nochmal ein gewisser X-Faktor. Aber auch hier sind wir bereits auf dem richtigen Weg und haben nun nach längerer Zeit wieder zwei Nachwuchstalente in der U21.

 

Uhlenhorst-Trainer Phil Neuheuser (im grünen Shirt) während einer Pause des Mülheimer Spiels gegen Club Raffelberg. Links Phy- siotherapeut Roman Obermanns. Neuheuser ist in seiner dritten Bundesliga-Trainersaison. Foto: S.Rixecker

 

Sie sagen, Sie müssen auf die Jugend setzen: Das ist eigentlich eine tolle Sache. Allerdings dürfte das Problem dann sein, dass man diese Spielerinnen dann auch wieder verliert, wenn sie zu gut sind, weil sie weggehen. Wie arbeiten Sie also in Mülheim?

Dadurch, dass ich selber sehr engagiert in die Jugend bin, sind mittlerweile fast alle Mädels, die irgendwie im Damenbereich hochgekommen sind, in den letzten drei Jahren mal in einer Mannschaft gewesen, die ich in der Jugend trainiert habe. Die einen etwas länger, die anderen etwas kürzer. Das heißt, es sind alles bekannte Gesichter, und es ist natürlich superschön, wenn die dann den Sprung in die Bundesliga schaffen und sich dort etablieren. Dem gegenüber gestellt ist es dann natürlich so, dass man sie integriert, sie bleiben dann ein bis zwei Jahre. Dann ruft das Studium, und dann ist Mülheim leider nicht der Nabel der Welt. Es gibt entsprechend andere Angebote, wo man zum einen eine super Möglichkeit zum Studieren hat und zum anderen dann vielleicht auch nochmal die ein oder anderen Zusatzkosten noch erstattet bekommt. Das ist leider etwas, was wir an dem Standort Mülheim in dem Umfang nicht bieten können, und deshalb sind wir darauf angewiesen, immer wieder auf die eigene Jugend zu setzen. Diesen Weg unterstütze ich auch voll und ganz. Dennoch wünsche ich mir natürlich sehr, dass sich im Kreise der Mädels ein Kern findet, der in Mülheim bleibt und hier über ein paar Jahre hinweg das Grundgerüst bildet. Nur so kann man langfristig etwas aufbauen und dann auch Früchte davontragen. Auf der anderen Seite ist es schon irre und echt schade, wenn man sieht, wie viele Mädels, die durch den Uhlenhorst ausgebildet wurden, für irgendwelche anderen Mannschaften in Hockeydeutschland auflaufen. Es bringt uns jedoch nichts, dem hinterher zu trauern. Wir versuchen immer, das Maximum aus der aktuellen Mannschaft herauszuholen und leben im Hier und Jetzt.

 

Bei anderen Bundesligamannschaften kommen ja gar nicht so viele Spielerinnen der weiblichen Jugend U16 in die ersten Damen hoch nach der Winterpause. Bei Ihnen schon?

Ja, auf jeden Fall. Auch am zurückliegenden Wochenende haben wir mit zwei Spielerinnen gespielt, die jetzt aus der WU16 hochgekommen sind. Die eine schießt sogar auch noch ein Tor. Das sind superschöne Momente, und das ist auch so ein bisschen der Weg beziehungsweise die Geschichte vom Uhlenhorst. Sonst ist es ja wirklich so, dass bei vielen anderen Mannschaften die Jugendlichen weniger eine Rolle spielen, denn da gibt es eben genug gestanden A-Kader-Spielerinnen oder U21-Spielerinnen oder gute Spielerinnen, die schon viele Jahre Bundesligaerfahrung vorweisen.

 

Wie geht es am Ende für Sie aus in diesem Jahr? Und wie schlimm wäre es für Ihren Weg, wenn Sie tatsächlich mal absteigen würden?

Wir sind natürlich auf jedes Szenario vorbereitet. Wir wissen, dass es eine große Herausforderung wird, in diesem Jahr die Klasse zu halten. Wir wissen auch, dass wir es in den letzten zwei Jahren geschafft und gemeistert haben und gerade gegen die direkten Konkurrenten wie eben angesprochen, ob es Raffelberg, Zehlendorfer Wespen, Flottbek oder München waren, ganz, ganz enge Spiele gemacht haben. Das werden ja im Abstiegskampf die Gegner werden. Für uns sind alle Chancen offen. Es geht jetzt in den letzten beiden Rückrundenspielen sicherlich noch einmal darum, Köln oder Alster vielleicht irgendwie ein Pünktchen abzuluchsen, um definitiv den fünften Platz zu halten, weil sich Raffelberg natürlich nicht geschlagen geben wird. Dementsprechend legen wir den Fokus nun darauf, auf diesem fünften Platz zu bleiben, und danach haben wir dann zwei Chancen, die Klasse zu halten. Wir werden versuchen, uns bestmöglich darauf vorzubereiten. Aber wir wissen auch, dass es sehr schwierig wird. Wir werden mit allem, was wir haben, versuchen, die Liga zu halten, und mehr als alles reinwerfen können wir sowieso nicht tun. Wir hoffen natürlich darauf, ein weiteres Jahr die Zugehörigkeit zur ersten Liga zu sichern.

 

Vielen Dank für das Gespräch!