DEUTSCHE
HOCKEY ZEITUNG

Mit Hockey erhalten Sie wertvolle Tipps und Informationen rund um den Hockeysport.

Henning Fastrich: „Unser großer Wunsch ist, beide Teams im Halbfinale zu sehen“

In Seoul 1988 war er als junger Außenverteidiger dabei, 36 Jahre später kehrt Henning Fastrich auf die olympische Bühne zurück. Diesmal als Präsident des Deutschen Hockey-Bundes. Was der DHB-Chef (60) seinen beiden Nationalmannschaften bei den Spielen in Paris wünscht und was er von ihnen erwartet, hat er im Gespräch mit DHZ-Redaktionsleiter Uli Meyer erzählt. Es geht auch um die herausragende Wichtigkeit von Olympia für den Hockeysport und wie sich dieser seit Fastrichs aktiver Spielerzeit verändert und entwickelt hat.

 

Herr Fastrich, ist neben viel Vorarbeit auch eine gewisse Vorfreude beim DHB-Präsidenten auf Paris vorhanden?

Ja, natürlich. Ich weiß ja selbst aus eigener Erfahrung, wie wichtig und schön Olympische Spiele sind, insofern freue ich mich wahnsinnig, jetzt auch mal in meiner Funktion als Präsident dabei zu sein. Es herrscht eine sehr große Vorfreude. Ich war schon sehr begeistert, kürzlich nochmal unsere Herren in Mönchengladbach zu sehen und freue mich nun sehr auf Paris.

 

Neben Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden verbinden Sie aber bestimmt auch gewisse Erwartungen an die Mannschaften. Was wünscht und erwartet der DHB-Präsident von seinen beiden Teams in Paris?

Ich denke, man kann schon sagen, dass beide Mannschaften wirklich sehr gut auf Olympia vorbereitet sind. Und ich glaube auch, dass beide das Potenzial haben, ihre Ziele zu erreichen. Wenn eine deutsche Hockeymannschaft zu Olympischen Spielen fährt, dann träumt sie immer auch von einer Medaille, das ist klar. Ich traue beiden Mannschaften zu, ihre Ziele, die sie formuliert haben, aber auch ihre Träume verwirklichen zu können. Natürlich gibt es besonders in einem olympischen Turnier eine starke Konkurrenz, und man braucht dazu auch ein bisschen Glück, wenn man was erreichen möchte. Aber ich traue beiden wirklich viel zu und freue mich sehr auf die Spiele.

 

Gilt die Einschätzung tatsächlich gleichermaßen für beide? Oder erwarten Sie von den Herren als amtierender Weltmeister vielleicht einen Tick mehr als von den Damen?

Der Weltmeistertitel verleiht unseren Herren natürlich eine etwas andere Ausgangsbasis. Das steckt in den Köpfen, bei uns selber, aber auch von außen. Die Erwartung ist da vielleicht noch größer, weil man in der jüngeren Vergangenheit eben schon mal so einen großen Erfolg landen konnte und sein Potenzial bis zum Emde ausgespielt hat. Aber auch die Damen haben in der letzten Zeit wirklich begeisterndes Hockey gespielt. Ihr zweiter Platz in der aktuellen Pro-League-Saison zeigt, dass sie sich gegen starke Konkurrenz behaupten können.

 

Präsident Henning Fastrich mit Vizepräsidentin Katrin Kauschke, Sportdirektor Martin Schultze und Ex-Bundestrainer Markus Weise (bei der Hallen-EM 2022 in Hamburg). Foto: Kaste

 

Was darf denn in Paris eigentlich nicht passieren, damit man als Verband hinterher nicht von einer sportlichen Enttäuschung sprechen muss? Konkret: Wäre zum Beispiel ein Nicht-Überstehen der Viertelfinalrunde als klarer Misserfolg einzustufen?

Ich habe es ja bereits angesprochen, dass auch immer ein bisschen Glück dazugehört, wie die Erfahrung vieler Turniere zeigt. Auch beim Gewinn des WM-Titels in Indien gehörten zum Triumph unserer Herren gerade im Viertelfinale glückliche Konstellationen dazu. Ich sage klar, dass es natürlich unser großer Wunsch und in gewisser Weise auch die Erwartung der Mannschaften ist, sie in Paris möglichst in einem Halbfinale zu sehen. Aber wir wissen eben auch, wie hoch die Leistungsdichte im Welthockey ist. Insofern kann man das alles natürlich nicht einfach so garantieren. Und doch glaube ich sehr daran, dass unsere beiden Mannschaften das schaffen werden.

 

Warum ist das Abschneiden bei Olympia in Bezug auf die staatliche Sportförderung eigentlich so viel wichtiger als Platzierungen bei anderen Großveranstaltungen wie WM oder EM? Man hört ja immer, dass es total von Olympia abhängt, wie stark man in der Zukunft finanziell unterstützt wird.

Olympische Spiele sind neben Weltmeisterschaften das große Highlight und haben natürlich auch immer eine Strahlkraft auf das Thema Förderung durch den Staat, auf die Vermarktung und auf die Nachwuchsgewinnung. Insofern ist natürlich Olympia da schon einer der wichtigsten Bausteine. Aber ich glaube, dass wir in Summe mit den Erfolgen der Vergangenheit und mit dem Setup, was wir momentan gefunden haben, grundsätzlich gut aufgestellt sind. Ich wünsche mir natürlich wirklich, dass sich der entsprechende sportliche Erfolg in Paris einstellt. Doch es ist jetzt nicht so, dass beim Deutschen Hockey-Bund nur Olympia existiert. Es gibt viele andere Facetten im Jugend- und Nachwuchsbereich, die für die Förderung und Weiterentwicklung für uns eine große Rolle spielen. Aber klar: Olympische Spiele sind so ein großes Aushängeschild, das hat natürlich einen großen Einfluss auf alles. So orientieren sich die Förderzyklen am olympischen Vier-Jahres-Rhythmus. Spätestens alle vier Jahre gibt es da intensive Gespräche, wie der kommende Zyklus ausgestaltet wird. Wir haben momentan eine sehr gute Verbindung zu den Förderern, also nicht nur zu den staatlichen Förderern, sondern auch zu unseren Sponsoren. Diese Entwicklung haben wir über viele Jahre aufgebaut. Wir kommen ja aus einer sehr schwierigen Zeit mit der Pandemie und sind jetzt glücklich, mit den Partnern den richtigen Weg gefunden zu haben.

 

Für Paris 2024 sind im Vergleich zu den Spielen zuvor wieder deutlich mehr deutsche Mannschaften in Spielsportarten qualifiziert. Das ist einerseits natürlich schön, aber muss man sich da als Hockey erstmal wieder ein bisschen intern vorkämpfen, um auch die öffentliche Beachtung zu bekommen, die unsere Sportart ja praktisch nur bei Olympia in größerer Form erhalten kann?

Nach manchen Olympischen Spielen mit einer eher schwachen Repräsentanz deutscher Teams, wo in den klassischen Ballsportarten gefühlt nur unser Hockey konstant dabei war, ist es natürlich sehr erfreulich, dass sich diesmal so viele qualifiziert haben. Das sehen wir grundsätzlich erstmals als Ansporn und begeisternd für das gesamte deutsche Olympiateam. Es ist klar, dass das auch die Konkurrenz untereinander erhöht, aber wir sind da eher entspannt und glauben, dass die Mannschaften voneinander lernen können und man sich da gegenseitig irgendwie anstacheln kann zu noch größeren Erfolgen. Wir sind wir ein Team und hoffen dementsprechend auch, dass möglichst viele deutsche Mannschaften aufs Treppchen kommen. Wir als Hockey wollen da dazugehören. Und wenn uns das gelingt, ist auch die Beachtung vorhanden.

 

Wird das Vordringen in die Medaillenränge nicht immer schwieriger, wenn man es im Hockey mit einer Profi-Konkurrenz zu tun hat, während man selber immer noch ein anderes System fährt?

Tatsächlich spielen viele auf erfolgreiche Nationen wie Belgien, Niederlande oder Australien mit ihren zentralisierten Systemen an, die wir halt nicht kopieren können. Wir können sicherlich von denen Besten der Welt lernen, aber wir müssen immer sehen, wie wir das unter unseren Rahmenbedingungen ausgestalten können. Wir müssen unseren eigenen deutschen Weg finden. Ich glaube, wir sind momentan mit den Konstellationen richtig glücklich, haben mit den beiden Bundestrainern Valentin Altenburg und André Henning eine optimale Besetzung. Sie werden auch optimal unterstützt durch unseren Sportdirektor Martin Schultze und die Vizepräsidentin Katrin Kauschke, die auch Erfahrung aus drei Olympiateilnahmen mitbringt. Das sind im Endeffekt sehr glückliche Umstände, die, so glaube ich, auch Garant dafür sind, dass wir uns in den letzten Jahren so gut entwickelt haben.

 

Sie haben anfangs Ihre eigene Olympiateilnahme 1988 angesprochen. Was würden Sie im Vergleich von damals zu heute als die wichtigsten Punkte herausgreifen, wie sich Hockey in den fast vier Jahrzehnten verändert hat?

Da würde ich als erstes sicherlich das Thema Professionalisierung in allen Bereichen nennen. Also bei den Verbänden, den Wettbewerben, den Spielern und den Mannschaften. Das gesamte Umfeld spielt mittlerweile eine viel, viel größere Rolle. Und es ist uns allen klar geworden, dass Rahmenbedingungen, die man für eine Mannschaft aufbauen muss, elementar wichtig für sportlichen Erfolg sind. Auf der anderen Seite haben wir es geschafft, im Lauf der Jahre immer wieder unser Spielsystem mit neuen oder veränderten Regelungen wie zum Beispiel dem Selfpass und dem Interchanging deutlich attraktiver nach vorne zu entwickeln. Ich persönlich glaube, dass wir da noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt sind. Es gibt immer noch Potenzial, die Verbesserungen für die Sportart bringen können. Ich glaube, das ist auch für das Thema Medienwirksamkeit der große Punkt der Zukunft: Wie können wir unser System und unser Spiel so spannend machen, dass wir noch mehr Leute von unserem Sport begeistern können?

 

Vielen Dank für das Gespräch!