DEUTSCHE
HOCKEY ZEITUNG

Mit Hockey erhalten Sie wertvolle Tipps und Informationen rund um den Hockeysport.

„Unvergessliches Erlebnis“, aber auch EM-Vorbereitung

Ob sie es auf dem ersten Karriereweg zu Olympia geschafft hätte? Eine hypothetische Frage, aber doch wohl eher mit nein als mit ja zu beantworten. Als Jugendliche bestritt Tessa-Margot Schubert zwischen 2012 und 2017 insgesamt 43 Spiele für verschiedene deutsche Jugend-Nationalmannschaften, absolvierte auch eine U21-EM. 2016 bestritt sie bei der Hallen-EM in Minsk ihre einzigen fünf Einsätze im Trikot einer deutschen Damen-Auswahl. Für den Sprung in den A-Kader reichte es danach, warum auch immer, nicht.

Normalerweise hat sich eine internationale Karriere an dieser Stelle erledigt. Für Tessa-Margot Schubert, die bei ETUF Essen das Hockeyspielen erlernte und nach drei Jahren beim Club Raffelberg im November 2013 zum Düsseldorfer HC wechselte und mit den DHC-Damen vom Erstliga-Aufsteiger zum deutschen Spitzenteam (inklusive dreier Feld-DM-Titel) wuchs, gab es jedoch noch einen zweiten Weg. Da ihre Mutter Französin ist, bot sich die Chance, für den französischen Verband zu spielen.

Und als im Sommer 2017 das IOC die Sommerspiele 2024 nach Paris vergeben hatte und somit die international eher zweitklassigen französischen Hockeydamen plötzlich eine greifbare Chance besaßen, erstmals überhaupt bei einem olympischen Turnier dabei zu sein, löste dies irgendwann auch bei Schubert den Kick aus, ihre zweite internationale Karriere zu starten. „Wegen Paris 2024 ist die Entscheidung gefallen“, bestätigt die inzwischen 28-Jährige.

Auch wenn die französischen Damen bei ihrer Olympia-Premiere letztlich keine sportlichen Wunder vollbrachten und keines ihrer fünf Spiele gewinnen konnten, so haben sie absolut nicht enttäuscht. Das Team von Gael Foulard kann sich rühmen, als einziges Team dem späteren Olympiasieger Niederlande beim 2:6 gleich zwei Gegentore eingeschenkt zu haben, Lucie Ehrmann hielt so viele Bälle wie keine andere Torhüterin im Turnier. Und der Rückhandknaller von Yohanna Lhopital zum zwischenzeitlichen 1:3 gegen Deutschland (Endstand 1:5) wird als eines der schönsten Tore des olympischen Hockeyevents 2024 in Erinnerung bleiben.

 

Das olympische Gruppenspiel gegen Deutschland (1:5) war für Tessa-Margot Schubert (in weiß; Mitte) rein emotional keine einfache Sache, standen doch auf der anderen Seite durchweg bekannte Gesichter aus der Bundesliga und sogar echte Freundinnen wie Clubkollegin Selin Oruz (vorne rechts) gegenüber. Foto: Kaste

„Natürlich ist es frustrierend immer zu verlieren, und gegen Japan hatten wir tatsächlich die Chance zu gewinnen“, störte Tessa-Margot Schubert dieses knappe 0:1 fast mehr als hohe Niederlagen gegen Belgien (0:5) oder China (1:7). Dass Schubert und ihre Kolleginnen (darunter mit Albane Garot vom HTHC noch eine zweite Bundesligaspielerin) letztlich ein zufriedenes Fazit ziehen konnten, hat vornehmlich mit drei Umständen zu tun. Die Erwartungshaltung war von vornherein realistisch (Schubert: „Es war klar, dass wir nicht ums Viertelfinale spielen würden, auch wenn es natürlich schön gewesen wäre“), außerdem sei man mit der eigenen Leistung „relativ zufrieden“ gewesen, und letztlich trugen die französischen Zuschauer ihr Team auch bei Niederlagen. „Wir hatten das Publikum bei jedem Spiel auf unserer Seite“, genoss auch Schubert die meist enthusiastische Unterstützung von den Rängen.

Letztlich sei das ganze Olympia-Abenteuer „ein unvergessliches Erlebnis“ geworden. Und noch nicht das Ende, wie die hauptsächlich als Rechtsverteidigerin oder im Mittelfeld eingesetzte Deutsch-Französin beteuert. „Das Ziel bei Olympia war auch, als Team zu wachsen, um anschließend die EM-Qualifikation zu gewinnen“, beschreibt Schubert den Fahrplan, der dann ja auch tatsächlich wie erhofft eingetroffen ist.

Jetzt dürfen die französischen Damen im kommenden Jahr erstmals nach 20 Jahren Abstinenz wieder mit den stärksten Teams um den Europameistertitel kämpfen. „Wir müssen weiter arbeiten, vor allem an der Defensive, um noch näher an die großen Nationen ranzukommen“, sagt Tessa-Margot Schubert über den Verbesserungsprozess, der die französischen Damen seit fünf, sechs Jahren antreibt. Mönchengladbach 2025 wäre ein echtes Heimspiel für die Essenerin. Womöglich ein ähnlicher Anreiz wie Paris 2024.    lim