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Rosa Krüger: „Nicht nach den großen Sternen von Anfang an greifen“

Mit ihrer Parade entschärfte HTHC-Torhüterin Rosa Krüger am Sonntag die gegnerische Schlussstrafecke. Wäre der Ball drin gewesen, hätte Harvestehude das letzte Bundesligaspiel nicht gewonnen und damit das Viertelfinale verpasst. Weil die im Hallenhockey international erfolgreiche Keeperin (mit Deutschlands Damen Weltmeisterin 2018 und EM-Siegerin 2018 und 2024) ihrem Team aber den 3:2-Sieg beim UHC rettete, darf das im Schnitt junge HTHC-Team vom Sieg im K.O.-Spiel bei Titelverteidiger Mannheimer HC, von der DM-Endrunde und sogar vom Meistertitel träumen. Im Interview mit DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt spricht Rosa Krüger (29) über das dramatische Ligafinale und die möglichen Folgen.

Frau Krüger, wie knapp war es denn am Ende für Sie und Ihr HTHC-Team?

Rosa Krüger: Wenn man sich das Ergebnis anschaut, war es schon sehr knapp. Es war uns klar, dass wir die letzten beiden Spiele noch gewinnen müssen, und wir haben uns aber auch vor dem Wochenende ganz klar gesagt, dass unser Fokus erst einmal auf dem Bremen-Spiel liegt und wir erst einmal noch gar nicht an den Sonntag denken und an den UHC. Am Samstag hat es dann ja schon einmal für die erste drei Punkte gereicht. Wie ich finde, haben wir die auch über den größten Anteil der Spielzeit souverän runtergespielt. Am Sonntag war ich nicht so ganz zufrieden mit dem Spiel, aber im Endeffekt ist es ja doch ein Ergebnissport. Wir haben das Spiel so ein bisschen für uns als Achtelfinale betitelt, weil es ja wirklich um die Punkte ging und nicht darum, das schönste Hockey auf den Platz zu bringen. Es war dann ja in der Schlussphase schon noch einmal etwas hitziger, auch mit der Schlussecke, die wir, wie ich finde, als Mannschaft echt super verteidigt haben. Wir haben da drei Wiederholungsecken, und die ersten beiden waren sehr stark von unseren Rausläufern abgelaufen. Am Ende war es dann eine Generalprobe für das Viertelfinale, und am Ende waren die drei Punkte bei uns. Es war nicht besonders schön, aber darum ging es ja im Endeffekt nicht.

 

Sie als Torhüterin halten dann mit Ihrer Parade quasi die drei Punkte fest. Wie wichtig ist es, auf den Punkt da zu sein? Und wie machen Sie das?

Wie schon gesagt, war es am Ende dann auch eine Teamleistung mit den beiden abgelaufenen Ecken vorher, welche dann zu der letzten Wiederholungsecke geführt haben. Solche Momente pushen mich dann eher, als dass ich Gedanken zulasse, was passieren könnte, wenn ich jetzt nicht performe. Da versuche ich negative Gedanken gar nicht erst zuzulassen. Ähnlich ist das bei anderen Momenten wie zum Beispiel beim Shoot-out. Ich mag solche Phasen und versuche alles drumherum auszublenden, um dann auf den Punkt da zu sein und meine Stärken ausspielen zu können

 

Es war dann also auch noch einmal eine mentale Herausforderung?

Ja, absolut. Ich glaube auch, dass es vielleicht sogar ganz gut ist, dass es so gekommen ist, wie es am Sonntag gekommen ist und wie es letztendlich war, weil wir auch sehr viele junge Spielerinnen bei uns im Team haben, die auch noch keine Erfahrung mit K.O.-Spielen oder Play-Off-Phasen haben. Und dann war das natürlich schon mal so ein kleines vorgegriffenes K.O.-Spiel. Ich glaube, das war im Hinblick auf das Viertelfinale schon mal ganz gut, dass wir das auch mental schon mal ein bisschen vorbereiten konnten.

 

Es ist auch eine sehr kurze Zeit, um sich quasi in einer Woche auf die Saisonendphase vorzubereiten. Wie geht das?

Was ich aus Erfahrung mitnehmen konnte, ist, dass man sich da schon etwas spezieller drauf vorbereiten muss, einfach auch auf den Gegner, weil man die Süd-Gruppe nicht so gut kennt aus der vergangenen Saison, weil wir ja nur im Norden gespielt haben. Eigentlich versuchen wir, unsere Trainingsabläufe einfach so beizubehalten. Ich glaube auch, wenn man da superviel umstellen würde, macht es auch im Kopf viel, und dann man macht aus einer Mücke einen Elefanten. Natürlich bereiten wir uns noch einmal gesondert auf den MHC vor, schauen uns das an, und ein paar von uns, wie auch Fenja Poppe und ich, haben ja schon öfter mal gegen Mannheim spielen dürfen, und so ist es auch ein bisschen unsere Aufgabe, die etwas Jüngeren vielleicht auch abzuholen und ein bisschen den Wind aus den Segeln zu nehmen. 

 

Es ist geschafft! Die HTHC-Damen freuen sich nach dem 3:2-Sieg beim UHC Hamburg als Nord-Zweiter auf das Viertelfinale. Rosa Krüger mal ohne Helm (hinten neben Cheftrainer Tobias Jordan). Foto: S.Müller

 

Haben Sie vor der Saison gedacht, dass die HTHC-Damen das Viertelefinale erreichen können? Was war das Ziel? 

Das Ziel war schon, das Viertelfinale zu erreichen und unter die Top 2 der Gruppe zu kommen. Es hat sich, finde ich, recht schnell herauskristallisiert, dass wir so einen kleinen Dreikampf im Norden haben mit dem Club an der Alster und Flottbek, aber unser klares Saisonziel war schon zu sagen, wir wollen das Viertelefinale erreichen. Schön wäre es natürlich auch gewesen, das als Nord 1 zu tun, aber letztlich ist es eigentlich egal, Hauptsache wir stehen am Ende dann auch wirklich im Viertelfinale. 

 

Sie sind am Anfang ja zunächst nicht in den Top 2 gestartet, sondern sind ein bisschen von hinten gekommen.

Genau, durch zwei Unentschieden gegen Flottbek und Alster war es immer so ein bisschen ein Rein- und Rausrotieren zwischen Platz 1 und 3. Es war lange und bis zum Ende offen, ganz bis zum Ende eigentlich, denn am letzten Spieltag hätte noch alles passieren können. Aber es war unser klares Ziel, und die Enttäuschung wäre schon groß gewesen, wenn wir es nicht geschafft hätten. Umso erleichterter sind wir jetzt, dass wir Freitag nach Mannheim fahren dürfen. 

 

Das wird sicher keine leichte Aufgabe, gegen den amtierenden deutschen Meister in dessen Halle zu spielen. Wie gehen Sie darauf zu?

Dadurch, dass einige von uns Erfahrung mit Mannheim haben, würde ich sagen, dass es ein total offenes Spiel ist. Da darf man sich auch nicht zu verrückt oder nervös machen, wir haben in Mannheim schon einmal ein Viertelfinale gewonnen, wir haben da auch schon einmal verloren, teils knapp, teils nicht so knapp. Die größte Aufgabe ist es, die Mannschaft so zusammenzuhalten und die Jüngeren auch so darauf vorzubereiten, dass sie nicht so supernervös in dieses Spiel hineingehen. Ich bin mir aber auch sicher, dass wir sehr viel Qualität in der Mannschaft haben. Und weil wir eben eine Mannschaft sind, die über eine Teamleistung kommt und gar nicht so sehr über individuelle Spieler, glaube ich schon, wenn wir unser Spiel spielen, was wir auch können, und unsere Leistung abrufen, dass wir sehr gute Chancen haben, uns für die Final-Four zu qualifizieren. 

 

Fenja Poppe, Katharina Kiefer und Teresa Martin Pelegrina und Sie haben ja im letzten Jahr mit der Hallen-Nationalmannschaft den EM-Titel geholt. Ist das etwas, wo man denkt, das haben wir schon mal geschafft, da ganz oben zu stehen, gibt einem das einen Boost?

Das war ja mit der Nationalmannschaft, und das ist für mich etwas ganz anderes als Clubhockey. Ich trenne das komplett, denn mit dem HTHC habe ich noch keinen Titel gewonnen, und das wäre für mich absolut das Größte, dies noch in meiner Karriere zu erreichen. Ich glaube auch, dass die anderen das komplett trennen können. Was man natürlich sagen kann, ist, dass Spiele in großen Hallen helfen, die Nervosität in solchen Spielen wie im Viertelfinale zu nehmen, das auf jeden Fall. Aber ich glaube, das ist jetzt gerade in der Bundesligasaison gar nicht mehr im Hinterkopf. Das blendet man komplett aus, und der Fokus ist sehr auf dem HTHC und nicht auf anderen Dingen. 

 

Sind bereits Nominierungen für die Hallen-WM raus, und machen Sie sich Hoffnungen?

Ich musste mich leider dazu entscheiden, vorab zurückzutreten, weil ich aus beruflichen Gründen während des Zeitraums nicht zur Verfügung stehen kann, was für mich sehr, sehr schade ist. Ich hoffe aber natürlich für alle, die gerade aus meiner Mannschaft, die noch hoffen dabei zu sein, dass es klappt. Leider kann man nichts machen, wenn der Beruf dann vorgeht. Ich hatte ja das große Glück, letztes Jahr in Berlin dabei sein zu dürfen, auch bei der WM 2018 in Berlin war ich ja schon dabei, und es war super. Ein bisschen traurig bin ich schon, dass ich die Entscheidung so für mich treffen musste, aber irgendwann gibt es auch wirklich den Punkt, wo die berufliche Karriere etwas mehr Priorität haben muss

 

Was macht Sie denn momentan stark, und was könnte den Ausschlag geben, dass es mal klappen könnte mit einem Titel für den HTHC in diesen Jahr?

Ich glaube, dass unsere Stärke ist, dass wir nicht das Große und Ganze betrachten und uns sagen, wir wollen unbedingt Deutscher Meister werden oder wollen da im Finale stehen und die Hymne singen, sondern dass wir wirklich - und das nicht nur einfach auf den Papier - von Spiel zu Spiel gucken. Weil wir so Respekt vor diesen großen Spielen haben und sagen, dass wir von Spiel zu Spiel gucken und sagen, wenn es klappt, dann klappt es. Das macht uns auch stark, weil wir dadurch wirklich fokussiert sind auf das nächste Spiel und eben nicht nach den großen Sternen von Anfang an greifen. Das ist etwas, was uns im Moment extrem stark macht.

 

Vielen Dank für das Gespräch!