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Europacup: MHC-Damen schreiben unfreiwillig Geschichte

Auf solch einen Eintrag in den Hockey-Geschichtsbüchern hätten die Damen des Mannheimer HC sicherlich gerne verzichtet. Nach 30 (!) deutschen Turniersiegen und zwei dritten Plätzen verfehlte bei der 33. Auflage des Europacups der Hallen-Landesmeister der deutsche Damen-Vertreter erstmals die Medaillenränge. In Siauliai/Litauen schloss der Mannheimer HC den „EuroHockey Indoor Club Cup Women 2025“ lediglich auf Platz vier ab. „Das haben wir uns anders vorgestellt“, sagte MHC-Trainer Christian Wittler. Nicht viel mehr als ein schöner Trost für die sportliche Enttäuschung war die Auszeichnung von MHC-Nationalspielerin Sonja Zimmermann als beste Spielerin des Europacups. Gewonnen wurde der Pokal vom ukrainischen Serienmeister MSC Sumchanka.

Begonnen hatte es für den deutschen Hallenmeister von 2024 erfolgreich, aber durchaus zäh. In der Auftaktbegegnung am Freitagmittag gegen die Spanierinnen von Sansa Complutense ging Mannheim zwar durch Giulia Schubert (4.) und Sonja Zimmermann (E, 12.) in Führung, doch Eckenspezialistin Alejandra de la Llama (14./36.) brachte das Team aus San Sebastian mit erfolgreichen Standards zum Ausgleich. Zum Glück waren auch die Zimmermann-Ecken von guter Effektivität. In den letzten vier Spielminuten führten sie Mannheim mit zwei weiteren Einschlägen, erst per Siebenmeter nach Ecke (37.) und dann direkt (40.), zum hart erarbeiteten 4:2-Startsieg.

Sechs Stunden später ging es gegen die Waterloo Ducks aus Belgien. Erneut bahnte Sonja Zimmermann ihrem Team den Weg zum Erfolg. Nach 14 Minuten legte die Nationalspielerin nach Solo über rechts bis zur Grundlinie für die in der Mitte postierte Alexine Matthysen zum 1:0-Halbzeitstand auf, das 2:0 (22.) erzielte Zimmermann per Ecke selber. Der Erfolg geriet noch einmal kurz ins Wanken, als Marie Ronquetti per Ecke (36.) zum 1:2 verkürzte. Doch Zimmermann nutzte auch die zweite MHC-Ecke des Spiels zum 3:1 (39.) und damit zur Entscheidung. Trainer Wittler lobte die Steigerung gegenüber dem ersten Auftritt („wir haben besser verteidigt“), musste aber erneut feststellen, „dass man hier nichts geschenkt bekommt“.

Mit der sicheren Halbfinalteilnahme in der Tasche konnte Mannheim am Samstagvormittag im letzten Gruppenspiel gegen Gastgeber Siauliau Ginstrekte-Akademija wie schon im ersten Spiel auf seine kränkelnde Kapitänin Fiona Felber verzichten. Auch ohne Felber und Charlotte Hendrix (die Stürmerin erlebte den gesamten Europacup aufgrund von Fußproblemen lediglich als Zuschauerin vorort) reichte es dank erneut guter Eckenausbeute (vier von acht Versuchen wurden von Sonja Zimmermann, 3, und Carolin Seidel verwandelt) und zwei Feldtoren von Giulia Schubert zu einem souveränen 6:0 (4:0)-Erfolg.

 

Die Entscheidung im Europacup-Halbfinale. Gerade hat Anastasiia Shyshyna (Nr. 21) einen Eckennachschuss zum 0:3 aus Mannheimer Sicht ins Tor gelenkt. Der Ukraine-Meister MSC Sumchanka triumphierte dann auch im Finale. Foto: Worldsportpics

Als Gruppensieger traf Mannheim am Samstagabend im Halbfinale auf Sumchanka, das die Gruppe B als Tabellenzweiter abgeschlossen hatte. Die in diesem Wettbewerb ungemein erfahrenen Ukrainerinnen, quasi identisch mit der Nationalmannschaft, dominierten über weite Strecken der ersten Halbzeit und ließen den deutschen Meister bis auf zwei gefährliche Kreisszenen offensiv überhaupt nicht zum Zuge kommen. Die 1:0-Führung nach einer Ecke von Kateryna Popova (6.) war für Sumchanka zur Pause mehr als verdient. Im zweiten Durchgang machte der MHC mehr Druck und kam jetzt auch häufiger zum Abschluss, doch spätestens bei Yuliia Dubovychenko war Endstation. Die Taktik der ukrainischen Torfrau, bei den Ecken von Zimmermann auf der Linie zu bleiben, erwies sich als effektives Mittel. So fand keine der fünf Mannheimer Ecken ihr Ziel, auf der anderen Seite erhöhte Popova mit der vierten von sieben Sumchanka-Ecken auf 0:2 (31.). Die Felle schwammen dem deutschen Meister endgültig davon, als Anastasiia Shyshyna im Eckennachschuss (37.) auf 0:3 stellte, bei dem es dann auch blieb. „Wenn man 40 Minuten lang ohne Torerfolg bleibt, wird es schwierig weiterzukommen“, sah Christian Wittler die fehlende Durchschlagskraft in der Offensive, inklusive der Ecken, als Hauptmanko, musste aber auch Mängel in der ganzen Spielgestaltung einräumen: „Vor allem im ersten Viertel war es gar kein gutes Spiel von uns. Und trotz einer Umstellung im Aufbau wurde es später nicht viel besser“, so Wittler, der von einem „gebrauchten Tag“ sprach.

Der Traum vom zweiten Hallen-Europacupsieg nach 2017 (vom heutigen MHC-Team war damals nur Sonja Zimmermann dabei) war für Mannheim vorbei, aber wenigstens wollte man mit einem gewonnenen letzten Spiel die insgesamt starke Hallensaison 2024/25 (erfolgreiche DM-Titelverteidigung) versöhnlich und mit einer Bronzemedaille abschließen. Es kam im Spiel um Platz drei zum Wiedersehen mit Complutense, das sein Halbfinale gegen den niederländischen Vertreter SCHC nach 0:0 (!) im Shoot-out mit 0:1 verloren hatte. Die Spanierinnen hatten im kleinen Finale den deutlich besseren Start und gingen durch de la Llama (4.) und Melero (13.) mit 2:0 in Führung. Mannheim krempelte nach dem Fehlstart noch einmal die Ärmel hoch, kam erst durch Verena Neumann (18.) und Carolin Seidel (E, 19.) zum 2:2-Gleichstand zur Halbzeit und holte sich durch Seidel (37.) die erste Führung. Aber das 3:2 brachte der deutsche Meister nicht über die Zeit. In der Schlussminute erzwang Complutense um seine erfahrene Altinternationale Lola Riera in künstlicher Überzahl noch eine Strafecke, die durch Carmona zum 3:3-Endstand führte.

Im fälligen Shoot-out parierte MHC-Torhüterin Chiara Vischer, die sich in den Spielen mit Leonie Weißenberger abgewechselt hatte, die ersten beiden spanischen Versuche. Nach Felber-Treffer und Mayerhöfer-Fehlschuss bekam Sonja Zimmermann als dritte MHC-Schützin einen ersten Matchball aufgelegt, den sie aber nicht nutzen konnte. Es ging ins Sudden Death, wo Ramona ein zweites Mal für die Spanierinnen erfolgreich war und Felber mit dem 2:2 den MHC im Rennen hielt. Als dann Vischer ein drittes Mal erfolgreich eingriff, bot sich Zimmermann der zweite Matchball – doch erneut scheiterte sie an der später der besten Turniertorhüterin gewählten Lidia Paniagua. Besser machte es Complutense, das nach Mayerhöfer-Fehlversuch durch Alcaide seinen ersten Matchball zum Sieg nutzte.

„Das 3:3 geht in diesem Spiel in Ordnung. Als Team haben wir eigentlich gut verteidigt, aber es gab zu viele individuelle Fehler. Im Shoot-out hat es Chiara richtig gut gemacht, aber wir wussten auch, dass die spanische Torhüterin gut ist“, sagte Christian Wittler zum Spiel. Die Unerfahrenheit seines jungen Teams auf der europäischen Ebene und „Schiedsrichter-Pfiffe, die du in der Bundesliga so nie bekommst“, hätten letztlich zum ernüchternden Ergebnis mit beigetragen. „Es ist, wie es ist“, so Wittler, „wir werden unsere Lehren daraus ziehen.“ Und einen neuen Anlauf starten, schließlich sind die MHC-Damen als Deutscher Hallenmeister 2025 bereits für den 34. Europacup im nächsten Jahr qualifiziert.

 

Sonja Zimmermann mit ihrer Auszeichnung als "best player" des Europacup-Turniers in Siauliai. Überreicht wurde der Preis von Giedrius Grybauskas, dem Sportminister Litauens. Foto: Worldsportpics

Im Finale, bei dem der deutsche Schiedsrichter Ole Ingwersen als „Reserve Umpire“ beteiligt war, sah es lange Zeit danach aus, als ob sich der SCHC aus Bilthoven als drittes niederländisches Team nach HC Den Bosch (2013) und MHC Laren (2019) in die sonst ausschließlich von neun deutschen Clubs beschriebenen Siegerliste des Hallen-Europacups würde eintragen können. 2:0 führten die Holländerinnen zur Halbzeit. Doch Mannheim-Bezwinger Sumchanka schwang sich im letzten Viertel zu einem Kraftakt auf, glich dank der besten Turniertorschützin Karyna Leonova (zehn Treffer) zum verdienten 2:2 aus und gewann dann das Shoot-out mit 2:0. Perfekt war der größte Hockeyerfolg der Ukraine um die langjährige Vereins- und Nationaltrainerin Svitlana Makaieva.   lim