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Historisches Projekt: erster Hockeykunstrasen auf deutscher Insel

Auf Deutschlands fünftgrößtem Eiland Föhr passiert Ungewöhnliches: Schon bald soll hier der erste Hockey-Kunstrasen fernab des deutschen Festlandes stehen! Um das Projekt zu realisieren, gab die Hockeyabteilung des Wyker Turnerbundes vor drei Wochen den medialen Startschuss. Zusammen mit dem örtlichen Fußballverein hat ein motiviertes Team der Hockeyinsulaner eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen, um dieses Mammutprojekt zu stemmen. Allein der „Inselbonus“ sorgt für negative Superlative: Mit 1,8 Mio. Euro ist das Projekt bis zu 150 Prozent teurer als Vergleichbares auf dem Festland. Doch Unterstützung erfährt der WTB auch von prominenter Stelle.

2020, als die DHZ die drei Jahre zuvor gegründete Hockeyabteilung erstmals vorstellte, hatte Birgit Johannsen eine Vision: „Ich träum' mal so ein bisschen vor mich hin: ein Kunstrasenplatz (bislang gibt es nur ein sehr kleines Stück Freizeitkunstrasen), Beachcamps, Sportschule ...“ Diesem Ziel kommt die Abteilungsleiterin nun einen entscheidenden Schritt näher. Gemeinsam mit ihrem Projektteam möchte Johannsen der WTB-Hockeysparte den dringend benötigten Kunstrasenplatz beschaffen und die Insel zum Hockeyparadies machen.

Dass dies keine fragile Sandschloss-Träumerei ist, zeigt ein prominenter Unterstützer: „Ein Kunstrasenplatz auf Föhr wäre ein echter Gamechanger für unseren Sport auf der Insel und ist absolut essentiell für die weitere Entwicklung des Hockeysports auf Föhr“, meint der ehemalige Damen-Nationaltrainer Valentin Altenburg. Er selbst kam im Herbst 2023 durch eine Crowdfunding-Aktion für eine Trainingseinheit nach Wyk und blieb mit seinem Herz auf der Insel hängen: Im Sommer darauf organisierte er ein fünftägiges Hockeycamp für rund 50 größtenteils Wyker Hockeykinder, für 2025 ist die zweite Auflage geplant.

Darüber hinaus stehen schon Bundesliga- und Breitensportvereine aus ganz Deutschland Schlange für ein Trainingslager auf der Insel. Denn auch höchsten Ansprüchen soll der Belag genügen: „Das wird ein klassischer Hockey-Kunstrasen, unverfüllt und wasserbasiert. Er wird der DHB-Spielordnung entsprechen“, unterstreicht Michael Noack, Projektleiter und Hockey-Jugendwart, „wir legen großen Wert darauf, dass der Platz allen Umweltrichtlinien entspricht. Hier mitten im Weltnaturerbe Wattenmeer ist das besonders wichtig!“

Für diese Vision setzt Bjørn Wenner alle Hebel in Bewegung. Der 45-Jährige ist Spielerinnenvater, Goalie-Trainer und Betreuer der gemeinsamen U14/U16-Mannschaft – sowie Kommunikator und Motivator des Kunstrasen-Projekts. Er begründet, wie notwendig dieses ist: „Bei Heimspielen in der Halle ist selbige voll. Dieser Moment fehlt im Feld komplett.“ Zwar nehmen die Wyker Mädchenteams seit 2019 am Feldspielbetrieb teil, allerdings in Spielgemeinschaft mit dem Flensburger HC – auf dessen Kunstrasen 70 Kilometer entfernt auf dem Festland.

Unter Anleitung des langjährigen Bundestrainers Valentin Altenburg gab es auf Föhr schon 2023 und 2024 (Foto) Hockeycamps für den Wyker Nachwuchs. Was bisher vorwiegend auf Naturrasen und einem Kleinfeld-Soccer-Kunstrasen stattfand, könnte vielleicht schon bald auf richtigem Kunstrasen ablaufen. Für Altenburg wäre das „ein echter Gamechanger für unseren Sport auf der Insel". Foto: WTB

Hier erschwert die Insellage den Wyker Hockeyalltag zusätzlich. Da der WTB zum Spielbetrieb Hamburg/Schleswig-Holstein zählt, finden viele Spieltage in Hamburg statt: „Auswärtsspiele dauern bei uns dann auch schon mal 12 Stunden“, so Johannsen, „wir treffen uns um acht und kommen um 20 Uhr zurück.“ Während die Hamburger Teams bequem ins Auto oder notfalls in Bus und Bahn steigen, setzen die Wyker Teams mit Fähren aufs Festland über, wo dann Mannschaftsbusse warten. „Wir machen das jede Spielwoche so. Das ist auch unbewusstes Teambuilding“, betont Johannsen. Trotzdem unterstreicht Wenner die Wichtigkeit eines eigenen Platzes: „Vor Heimfans zu spielen, motiviert die Kinder doch ganz anders.“ Johannsen ergänzt: „Dieser Heimvorteil fehlt uns.“

Mit dem Hockey-Kunstrasen will das Projektteam die WTB-Mitglieder nicht direkt belasten: „Dafür brauchen wir 1,8 Mio. Euro“, so Wenner und erklärt die hohe Summe mit dem Insel-Aufschlag: „Für den Aushub benötigen wir 3000 Tonnen Füllmaterial. Das kommt vom Festland. Transportieren kann das Frachtschiff pro Fahrt nur 250 Tonnen.“ Die WTB-Hockeyabteilung hofft auf Unterstützung durch Sachleistungen lokaler Firmen zum Selbstkostenpreis. Den Kunstrasen selbst baut allerdings eine ortsfremde Firma. Diese Fixkosten sollen durch Fundraising eingesammelt werden. Zwei örtliche Banken haben Spendenkonten eingerichtet, auf der Plattform GoFundMe startete ein Crowdfunding.

Das Kurzvideo auf der Website zeigt, was Unterstützende am Ende erwarten können. Ein Infoabend soll die Insulaner abholen und Kontakte zu Firmen knüpfen, die bereit sind, Sachleistungen zu stellen. Im örtlichen Supermarkt wird für das Projekt geworben, im Sommer sollen die Kids in WTB-Trikots mit Flyern ausgestattet über die Strandpromenade laufen. Für das örtliche Kino plant Wenner, im Hauptberuf Filmemacher, einen Spot. „All das geht auf Föhr leichter, weil man sich halt kennt“, erklärt er.

Auch öffentliche Töpfe sollen angezapft werden. Die Regionaldirektion der Nord-Ostsee Sparkasse ist sich zum Beispiel sicher, dass sich die Sparkasse in diesem Projekt einbringen muss und signalisiert Unterstützung beim Stellen von Förderanträgen an die unternehmenseigenen Stiftungen. Auch beim EU-geförderten Fonds „AktivRegion Uthlande“ stehen die Chancen gut, ein Antrag ist in Arbeit, entschieden wird im Sommer.

Stadt, Land und Amt halten sich in Zeiten knapper Kassen erst einmal bedeckt. Wenner ist aber optimistisch, dass diese auf den Zug aufspringen könnten, wenn ein Großteil der Finanzierung steht. Derzeit wird mit der Stadt schon ein Nutzungsvertrag erarbeitet, um den Platz problemlos nutzen zu dürfen.

"Ich bin Kunstraser" - keine Möglichkeit wird ausgelassen, für den Kunstrasen auf Föhr zu werben. 

Zur Feldsaison 2026 soll der Kunstrasen bereits stehen. Ein ambitioniertes Ziel. Dass es so schnell klappt, ist in Wyk gar nicht so unwahrscheinlich. Biggi Johannsen, selber zuvor Bundesligaspielerin in Hamburg, gibt das Tempo vor: 2016 kam sie mit ihrer Familie nach Stopps in Ludwigsburg, München, Hamburg und Freiburg nach Föhr. Ein Jahr später gründete sie die Hockeysparte – heute mit fast 100 Mitgliedern. Gemessen an 8500 Menschen auf Föhr ist das eine tolle Quote. Ein weiterer Grund, dass das Projekt „Hockey-Kunstrasen auf Föhr“ unbedingt klappen muss – mit tatkräftiger Unterstützung aus ganz Hockey-Deutschland.   Andrej Oelze

 

Infos:

Alle Infos zum Projekt: wtb-hockey.de/projektkunstrasen

Social Media:

Instagram: kunstrasenplatz_foehr
Facebook: kunstrasenplatz.foehr

GoFundMe: gofundme.com/ein-dringend-benotigter-kunstrasenplatz-auf-fohr

Spendenkonten bei der Nord-Ostsee Sparkasse (DE89 2175 0000 0166 8504 53) und bei der Föhr-Amrumer Bank (DE49 2179 1906 0000 7410 00), Empfänger: Wyker Turnerbund e. V., Verwendungs­zweck: Spende Kunstrasenplatz Föhr