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Hanna Granitzki: „Diese Saison ist noch sehr viel möglich“

Mit einem 2:1-Sieg beim Hamburger Nachbarn Harvestehuder THC haben die Damen vom Club an der Alster den HTHC von Platz drei der 1. Bundesliga verdrängt. In der oberen Hälfte der acht Teilnehmer in die Play-off-Runde zu gehen, wird für das Team von Alster-Kapitänin Hanna Granitzki immer wahrscheinlicher. Warum sie ihre im Umbruch befindliche Mannschaft trotz des Fehlens langjähriger Stützen auf einem guten Weg sieht, hat Granitzki (27) im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt erzählt. Thema dabei auch: das Comeback der 112-fachen Internationalen, die bis auf die Torhüterrolle schon jede Position auf dem Spielfeld bekleidet hat, in der Nationalmannschaft.

Frau Granitzki, was hatten Sie sich für das Derby gegen den HTHC vorgenommen und wie, fanden Sie, haben Sie es umgesetzt?

Hanna Granitzki: Wir hatten ein klares Ziel für dieses Derby: Platz 3 erobern. Das ist uns durch eine sehr starke Defensivleistung und zwei hervorragend geschossene Siebenmeter auch gelungen. So ein enges Derby am Ende für sich zu entscheiden, tat uns als Mannschaft sehr gut und gibt uns viel Selbstbewusstsein für die kommenden Spiele sowie für ein mögliches Viertelfinale.

 

Sind Sie also zufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf für Ihre Mannschaft?

Absolut. Nach der Hallensaison hatten wir einen größeren Umbruch und sind in die Rückrunde mit einem deutlich jüngeren Team gestartet. Durch den Wegfall von drei etablierten Spielerinnen mussten wir die Rollen im Team schnell neu verteilen, und viele jüngere Spielerinnen haben mehr Verantwortung übernommen. Ich bin sehr happy zu sehen, wie gut unsere Youngsters das machen und wie viel Lust sie haben, diese neuen Rollen anzunehmen und ihren Input ins Team einzubringen. Wir entwickeln uns von Woche zu Woche weiter und haben unser klares Ziel, das Final Four in Krefeld, fest im Blick.

 

Wo sehen Sie also die Mannschaft gerade in dieser Entwicklung im Hinblick auf dieses Ziel?

Wir befinden uns noch mitten in der Entwicklungsphase und nutzen jedes Spiel sowie jede Trainingseinheit, um besser in unsere Abläufe zu kommen und Routinen gemeinsam zu entwickeln. Ich denke, wir sind mit unserem Trainerteam um Julian Tarres und Jens George (Maus) auf einem sehr guten Weg, trotz des Umbruchs auch diese Saison um den Deutschen Meistertitel mitzuspielen. Man sieht bereits, wie gut es funktioniert, die jüngeren Spielerinnen in die Verantwortung zu nehmen, ohne dass sie dabei ihre Spielfreude verlieren. Johanna Hachenberg ist für mich ein perfektes Beispiel: Sie ist letzten Sommer zu uns gewechselt und hat im Dezember bereits ihre ersten Länderspiele im A-Kader bei den Danas bestritten. Ich freue mich auf die nächsten Wochen mit diesem Team – ich glaube, diese Saison ist noch sehr viel möglich.

Alster-Abwehrchefin Hanna Granitzki (links) im Bundesliga-Derby beim Harvestehuder THC im Zweikampf mit HTHC-Angreiferin Katharina Becker. Mehr als Beckers Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1 ließ die Alster-Defensive nicht zu, so dass die Gäste am Ende mit 2:1 das Spiel gewonnen hatten und drei Punkte entführten. Foto: S.Müller

 

Personell fehlen also Routiniers wie zum Beispiel Vicky Huse, Kira Horn und Anne Schröder. Werden die nochmal einsteigen?

Wir haben einen massiven Umbruch erlebt, unter anderem durch den Wegfall von Vicky Huse und Kira Horn aufgrund langwieriger Verletzungen sowie Anne Schröder, die eine Hockeypause eingelegt hat. Spielerinnen dieses Kalibers ersetzt man nicht einfach. Sie haben das Spiel von Alster sowohl spielerisch als auch menschlich über viele Jahre geprägt. Da ein direkter Ersatz nicht möglich ist, versuchen wir, unser Spielsystem entsprechend anzupassen. Zum Glück haben wir einen sehr guten Kader aus erfahrenen Bundesligaspielerinnen wie Katharina Kirschbaum, Nele Aring, Emily Wolbers und Juliane Grashoff. Das hilft uns enorm in dieser Phase. In dieser Saison wird allerdings keine der drei genannten Spielerinnen noch einmal einsteigen.

 

Sie persönlich haben auch pausiert nach Olympia - aber hatten dann wieder Lust? Wie schafft man das, emotional und schließlich auch zeitlich mit Berufsleben?

Für mich war das Jahr 2024 sportlich gesehen extrem hart. Ich hatte mit zwei schweren Muskelverletzungen zu kämpfen und wurde am Ende auch nicht für die Olympischen Spiele in Paris nominiert. So etwas steckt man nicht so leicht weg, besonders wenn man vier Jahre lang alles auf dieses Ziel ausgerichtet hat. Ich habe den Sommer dringend gebraucht, um mich mental wieder aufzubauen und neue Ziele für die Zukunft zu setzen. Mein Verlobter, meine Familie und meine Freunde haben mir in dieser Zeit sehr geholfen, mich wieder aufzurichten und mich in den richtigen Momenten auch gut abzulenken. Letztlich habe ich aber gemerkt, wie sehr ich es liebe, mit den Mädels auf dem Platz zu stehen und mich national wie international zu messen.

Beruflich habe ich 2024 ein Masterstudium im Marketingmanagement an einer Fernuniversität begonnen, weil sich das besser mit Training und Lehrgängen vereinbaren lässt. Zuvor hatte ich meinen Bachelor in Wirtschaftspsychologie an einer Präsenzhochschule abgeschlossen, was deutlich schwerer mit dem Sport zu vereinbaren war. Seit Januar 2025 arbeite ich außerdem als Werkstudentin in der Abteilung Sports und Partner Relations bei der EDEKA-Zentrale, wo ich bereits 2023 ein Praktikum gemacht hatte. Ich habe großes Glück, mit EDEKA einen Arbeitgeber gefunden zu haben, der mich dabei unterstützt, Leistungssport und berufliche Entwicklung zu kombinieren.

Trotzdem erfordert es viel Organisation und Kommunikation, um Studium, Arbeit und Sport unter einen Hut zu bringen. Als Hockeyspielerin musst du einfach früh ein zweites Standbein aufbauen, da wir finanziell eben keine Profisportler sind. Ein typischer Dienstag sieht bei mir so aus: 7 Uhr Krafttraining, danach Arbeit bis 17 Uhr und direkt im Anschluss Vereinstraining – um 21:30 Uhr bin ich dann wieder zu Hause. Solche Belastungen führen natürlich dazu, dass viele Spielerinnen sich irgendwann entscheiden, sich nur noch auf Beruf, Familie und Freunde zu konzentrieren.

 

Im Abwehrzentrum fühlt sich die die positionsvariable Hanna Granitzki inzwischen am besten aufgehoben. Foto: Tischler

 

Auch bei den Danas gab es einen Wiedereinstieg für Sie, wie haben Sie den erlebt, und geht es weiter für Sie Richtung EM oder sogar noch WM 2026?

Mein Wiedereinstieg bei den Danas war sehr positiv. Ich habe mich auf die neue Herausforderung mit Bundestrainerin Janneke Schopman und der stark veränderten Danas-Mannschaft gefreut. Auch hier erleben wir gerade eine ähnliche Entwicklung wie bei Alster: viele junge, talentierte Spielerinnen und einige erfahrene Routiniers.

Mein klares Ziel ist die Heim-EM in Mönchengladbach dieses Jahr. Der Blick geht natürlich noch weiter Richtung WM 2026, aber jetzt zählt erstmal die Nominierung für die EM im Sommer.

 

Auf dem Spielfeld haben Sie schon vieles gespielt, ganz vorne drin, außen vorne und nun also im Abwehrzentrum. Haben Sie nun ihre liebste Spielposition gefunden?

Ja, ich glaube, bis auf Torwart habe ich wirklich jede Position gespielt! (lacht) Es ist sicherlich eine Stärke von mir, dass ich so flexibel bin und auch mitten im Spiel Positionen wechseln kann. Aber am Ende des Tages fühle ich mich in der Abwehr am wohlsten. Ich freue mich sehr, dass Janneke meinem Wunsch nachgekommen ist, wieder dorthin zu wechseln. Das hat mir den Wiedereinstieg bei den Danas erheblich erleichtert, denn 2024 hatte ich auf der Sturmposition doch sehr gestruggelt, und habe mich dort nicht zu 100 Prozent wohlgefühlt. In der Abwehr kann ich meine defensiven Stärken am besten einbringen und gut selber ins Spiel finden.

 

Vielen Dank für das Gespräch!