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Christoph Bechmann: „Mir egal, ob du der Favorit bist oder nicht“

Mit dem 3:2-Sieg beim amtierenden Meister Mannheimer HC machte der Hamburger Polo Club am drittletzten Spieltag den Gewinn der Bundesliga-Hauptrunde perfekt. Der Zwischenerfolg wurde mit „ein, zwei Getränken“ begossen, wie Trainer und Sportlicher Leiter Christoph Bechmann im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner bestätigte. Für Bechmann, der zusammen mit Jonathan Fröschle und Hendrik Lange ein Trainer-Trio bei den Polo-Herren bildet, ist jedoch auch klar, dass das Hauptziel in dieser Runde nur der Meistertitel sein kann. Aber der erfahrene Coach (53) warnt davor, aus dem aktuellen Stand einen Automatismus abzuleiten. Bechmann erwartet „ein ganz enges Rennen“ um den blauen Wimpel 2025.

Herr Bechmann, Glückwunsch zur inoffiziellen Hauptrunden-Meisterschaft und zum damit verbundenen Lösen des ersten deutschen EHL-Tickets. Wurde dieser Zwischenerfolg ein bisschen gefeiert?

CHRISTOPH BECHMANN: Wir haben uns Samstag nach dem Spiel schon ein, zwei Getränke gemeinsam als Mannschaft genehmigt. Das ist ein tolles Ziel, das wir erreicht haben und generell eine tolle Rückrunde, die die Jungs spielen. Insofern geht das dann auch mal in Ordnung. Wir haben dann aber natürlich auch wieder zügig den Fokus auf das Sonntagsspiel gelegt.

 

Erreicht hat Polo dieses Zwischenziel im Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten, den Mannheimer HC. Haben Sie am Samstag tatsächlich die beiden aktuell besten Mannschaften der Liga gesehen?

Ob das jetzt wirklich die beiden besten Mannschaften aktuell sind, will ich gar nicht bewerten - zumal ich Krefeld jetzt noch gar nicht in der Rückrunde live gesehen habe. Die haben auch gerade eine beeindruckende Serie. Es hat sich aber in jedem Fall den Namen „Spitzenspiel“ verdient. Es waren extrem viele gute Hockeyspieler auf dem Feld. Offensiv war es ein tolles Spiel, defensiv hatten beide Mannschaften sicherlich noch Luft nach oben. Für den neutralen Zuschauer dürfte es ein Highlight gewesen sein.

 

Trotz des Erreichens des Zwischenziels - und der ein, zwei Getränke - gelang Polo am Tag darauf beim TSV Mannheim erneut eine souveräne Leistung. Gefühlt werden die Auftritte immer souveräner und dominanter. Ist das eine Errungenschaft der Rückrunde?

Wir hatten nach der Hinrunde schon ein paar Punkte, in denen wir uns verbessern wollten, und haben uns unsere Gedanken gemacht. Dennoch war die Punkteausbeute in der Hinrunde auch schon absolut akzeptabel. Man hat auf jeden Fall gemerkt, dass mehrere Spieler nach den Olympischen Spielen in der BL-Hinrunde noch müde wirkten. Das beeinflusst natürlich auch die Gesamtleistung. Es ist sicherlich auch ein Faktor, dass man in der Rückrunde aus der Kälte langsam in die Wärme kommt. Das macht auch immer mehr Bock als Hockeyspieler. In der Hinrunde ist es genau umgekehrt, dazu die Belastung, die viele Jungs hatten. Die Stimmung spielt da sicherlich keine unbedeutende Rolle.

 

Ist die Leistungssteigerung mit dem neuen Trainergespann verbunden?

Das ist schwierig zu sagen. Robert (Tigges; d. Red.) hat in der Hinrunde auch einen guten Job gemacht. Er ist ein toller Mensch und Trainer, der viele Punkte geholt hat, mit dem wir auch Vizemeister geworden sind. Mit Jojo Fröschle kam natürlich eine Persönlichkeit dazu, der die Jungs gut kennt und teilweise noch mit ihnen zusammengespielt hat. Mit ihm und Hendrik Lange, der als dritter Trainer das Gespann an der Seitenlinie komplettiert, kam natürlich frischer Wind dazu. Das ist dann schon auch ein Grund. Dass wir drei so harmonieren und schnell ein eingespieltes Team werden, wussten wir ja vorher auch nicht. Sowas merkt natürlich auch die Mannschaft, die wir zu dritt vielleicht einen Tick besser erreichen. Ich will das aber auch nicht überbewerten. Es sind die viele Faktoren, die eine Rolle spielen. In der Summe kommt dann dieses Ergebnis gerade dabei raus.


Christoph Bechmann mit der für ihn bekannten Mütze auf dem Kopf. Nach vielen Jahren beim Harvestehuder THC machte der heute 53-jährige Ex-Nationalspieler im Sommer 2023 beim Hamburger Polo Club einen persönlichen Neuanfang. Foto: S.Müller

 

Ist die aktuelle Konstellation dann auch eine langfristige Lösung?

Das kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht zu 100 Prozent bejahen, aber das streben wir an.

 

Gegen eine Sache könnt Ihr Euch nun nicht mehr wehren: Die Favoritenrolle auf die Meisterschaft ist klar bei Polo. Nehmt Ihr diese an?

Mir war es persönlich schon immer egal, ob du der Favorit bist oder nicht. Entweder bist du besser oder schlechter als der Gegner. Wir haben natürlich viele Punkte gesammelt und haben einen guten Lauf. Den hat Krefeld aber wie gesagt auch. Jede Mannschaft, die im Viertelfinale stehen wird, will Deutscher Meister werden. So geht es uns auch. Wir haben auf jeden Fall die Qualität dazu, aber das gilt auch für drei, vier weitere Mannschaften. Es ist eine hohe Qualität in der Liga und dementsprechend ein ganz enges Rennen dieses Jahr.

 

Diese Polo-Mannschaft ist zweifelsfrei ein Star-Ensemble, hat unfassbar viel Qualität in ihren Reihen. Macht die Arbeit als Trainer mit so einer Truppe ausschließlich Spaß?

Wenn die Jungs so viel Bock auf Hockey haben, wie ich oben sagte, dann macht das schon brutal Spaß. Alle sind da, alle sind verletzungsfrei und haben Laune am Hockeyspielen. Die Kehrseite ist dann natürlich, dass man als Trainer am Wochenende ein, zwei Jungs draußen lassen muss. Aber das muss auch so sein. In der Hinrunde war es noch nicht so, da fehlte es dann an Konstanz. Mit so einer Mannschaft arbeiten zu dürfen, ist auf jeden Fall etwas Besonderes. Das macht jedem Trainer Spaß.

 

Das muss aber gefragt werden: Zu diesem Kader kommen im Sommer nun noch weitere absolute Top-Spieler dazu. Man könnte meinen, dass Polo bald zwei erstligataugliche Mannschaften stellen könnte. Wie managt Ihr das?

Unser Kader ist ausgewogen, aber nicht überbesetzt. Zumindest nicht in dieser Saison. Wir haben im Winter auch drei Spieler verloren. Wie gesagt, wir lassen pro Spiel ein, zwei Jungs draußen. Das wird bei jeder anderen Mannschaft genauso sein. Nächste Saison kommen wieder ein paar Jungs, ja. Aber es werden auch andere Jungs wieder gehen. Das ist ja ein gegenseitiger Wechsel. Von daher mache ich mir darüber keine Gedanken. Der Kader ist nicht zu „dick“.

 

Können Sie dennoch Stimmen verstehen, die sagen, dass manche Vereine bei diesem Wettbieten und Zahlen einfach nicht mithalten können und keine Chance haben, dieses Niveau zu erreichen?

Ich bin seit nunmehr 35 Jahren in dieser Liga und mache diesen Job extrem gerne. Und ich sehe gerade, dass mehrere Vereine nicht nur Geld, sondern vor allem auch viel Zeit und Leidenschaft investieren, die Qualität der Liga und des Hockeys in Deutschland voranzutreiben. Das befürworte ich sehr. Das ist eine spannende Zeit gerade. Wir haben eine Qualität bei den ersten sechs, sieben Mannschaften, die wir noch nie oder schon lange nicht mehr in der Liga hatten. Auf der anderen Seite kann ich komplett verstehen, dass der ein oder andere Club das nicht mitmachen und dann diese Qualität nicht erreichen kann. Aber das ist eben so, so hart das auch klingen mag. Ich finde es gut, dass wir diese tollen Spieler in der Liga haben.

 

Für Polo geht es jetzt am letzten Spieltag um „Nichts“ mehr. Ihr spielt aber eine ganz entscheidende Rolle im Fernduell um die Play-off-Plätze zwischen Mülheim und Alster. Wie geht Polo mit der Situation um? Zumal Ihr mit Eurer Leistung ja auch mitentscheiden könntet, gegen wen es dann im Viertelfinale geht.

Ich bin schon einmal froh, dass wir es nicht direkt beeinflussen können. Theoretisch kann der TSV ja auch noch auf den achten Platz rutschen. Da spielen ganz viele Ergebnisse eine Rolle. Wir haben uns vorgenommen, dass wir unseren Stiefel weiterspielen. Wir wollen so spielen wie in den letzten Wochen, wollen den Schwung mit ins Viertelfinale nehmen. Wir werden kein Deut nachlassen. Zumal man ohne Druck sogar etwas befreiter aufspielen kann, das haben wir in Mannheim schon gespürt. Abgesehen davon ist Mülheim keine schlechte Mannschaft und ist vor allem zuhause sehr stark. Das wird sowieso kein Selbstläufer. Wir werden auf jeden Fall nichts verändern und schauen, wie es am Ende dann ausschaut. Alster muss auch erst einmal in München gewinnen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!