Mehr draußen als Verletzte denn auf dem Platz als Spielerin hat Jette Fleschütz die bisherige Feldsaison begleitet. Doch nun ist die zweifache Olympiateilnehmerin wieder fit und hat für ihren Großflottbeker THGC am Sonntag gleich ein ganz wichtiges Tor geschossen. Ihr 1:0 gegen den Club an der Alster bedeutete für Flottbek nämlich den Auftaktsieg im Play-off. Nur noch ein weiterer Sieg fehlt für die erstmalige Teilnahme der GTHGC-Damen an einem Final-Four. Im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiterin Claudia Klatt erzählt Jette Fleschütz (22) von ihrer Verletzungsgeschichte, dem erlösenden Siegtreffer kurz vor Schluss und ihrer Lust, auch in der Nationalmannschaft bald wieder dabei zu sein.
Jette, wie bedeutend war der Sieg gegen Alster für den Verlauf Ihrer Saison?
Jette Fleschütz: Extrem wichtig, emotional und sportlich. Ich war ja leider den größten Teil der Saison gar nicht dabei, die Hinrunde gar nicht und bin jetzt erst zur Rückrunde wieder eingestiegen, und da auch mit Unterbrechungen. Die Saison war bislang durchwachsen, gerade am Anfang der Rückrunde hatten wir Schwierigkeiten und ließen Punkte liegen, die wir auf jeden Fall holen wollten, gegen Bremen und München zum Beispiel. Da war die Stimmung schon ein bisschen getrübt. Doch in der Saisonmitte haben wir dann schon nochmal richtig gute Spiele gemacht, gegen den Berliner HC und auch TSV Mannheim, und uns etwas gefangen. Jetzt, gegen Saisonende, läuft es besser, und dass wir zuhause das erste Viertelfinalspiel gewinnen konnten, ist großartig, denn so oft haben wir ja auch noch nicht im Viertelfinale gespielt, nur letztes Jahr gegen Köln. Die Freude war schon groß, aber nun müssen wir uns wieder erst einmal ein bisschen beruhigen. Wir dürfen uns auf jeden Fall nicht zu früh freuen, denn Alster hat mit der Mannschaft durchaus die Qualität, das wieder zu drehen.
Hat es länger gebraucht für Ihre Mannschaft, sich in dieser Saison einzuspielen?
Irgendwie schon. Auf dem Papier sind wir ja schon echt eine gute Mannschaft, und ich glaube, da war die Erwartung von außen wahrscheinlich auch hoch, dass das jetzt irgendwie auch von Anfang an funktioniert. Wir hatten aber fast zehn Neuzugänge, in der Hinrunde noch zwei Spielerinnen aus Argentinien, und es ist immer sehr schwer, sich dort zu finden. Es war schon klar, dass wir Zeit brauchen würden, bis alle Abläufe stimmen. Die Erwartungen waren hoch, aber ein neues Team braucht einfach Geduld, um zusammenzufinden. Hoffentlich passt es jetzt und bleibt auch so.
Sie selbst waren lange verletzt. Was war die Ursache dafür?
Es zieht sich schon ein bisschen länger und begann noch vor Olympia. Dann wurde es letztes Jahr mit den Problemen am linken Fuß schlimmer. Im November wurde ich operiert, und dann war es an diesem Fuß auch gut. Kaum war ich im Februar zurück und beim Nationalmannschaftslehrgang in Mannheim, fing es am rechten Fuß mit denselben Beschwerden an – wahrscheinlich überschüssiges Knochenmaterial. Nach einer zweiten Operation direkt im Februar trainiere ich nun seit vier Wochen wieder voll mit und bin soweit fit für die Endrunde.
In Paris bestritt Jette Fleschütz (in schwarz; hier im Gruppenspiel gegen Japan) bereits ihr zweites olympisches Hockeyturnier. Schon in Tokio 2021 war die damals mit 18 Jahren Jüngste des deutschen Damenteams bei den Olympischen Spielen dabei. Bereits 70 A-Länderspiele hat die 22-jährige Stürmerin (18 Tore) absolviert. Foto: Kaste
Aber mental ist das schon sehr herausfordernd, besonders wenn man zwei Mal dasselbe hat. Denkt man da: Ein Glück habe ich nur zwei Füße?
Ja, genau. Ich hatte bisher das Glück, dass ich mich nie schwerer verletzt hatte. Deswegen war das für mich auch irgendwie total neu. Nach der ersten OP war es schon zäh, weil es dann auch Winter war, und im Winter ist irgendwie alles schwerer, besonders wenn man dann eben immer nur zum Reha-Training geht. Es waren dann ja nur drei, vier Monate. Als ich bei dem Lehrgang zunächst so leicht diese Schmerzen am Fuß hatte, habe mir irgendwie gar nichts dabei gedacht. Als die Diagnose feststand, dass es dasselbe ist, war es irgendwie schon bitter. Natürlich wusste ich eigentlich, was dann nochmal auf mich zukommt. Das hat es natürlich einerseits leichter gemacht, aber anderseits auch wieder nicht, weil man dann irgendwie das Ganze eben nochmal machen musste. Gefühlt war es, würde ich sagen, aber doch einfacher für mich beim zweiten Fuß, weil man irgendwie mehr so ein Ziel vor Augen hatte mit der Liga-Rückrunde und auch die Nationalmannschaft jetzt erst wieder richtig losgeht. Deshalb hoffe ich, dass es das jetzt war und ich jetzt durch bin mit den Füßen.
Können Sie beschreiben, wie Ihr kurioses Siegtor gegen Alster zustande kam?
Zunächst hatte ich – ungefähr eine Minute davor - eine Riesenchance vergeben, die ich aus guter zentraler Schussposition am Kreis mit der Vorhand daneben geschossen habe, und war entsprechend frustriert. Denn so viele Kreissituationen hatten wir auch nicht, obwohl ich meine, dass das letzte Viertel eines unserer besseren war und in eine Phase fiel, in der wir eigentlich am Drücker waren. Direkt danach ergab sich dann diese Gelegenheit. Man ist dabei einfach voll auf den Ball fixiert. Wir waren im Pressing, und unser Otto-Ernst-Platz ist sehr tückisch, der ist leider sehr hoppelig, und irgendwie passiert es häufiger, dass irgendwie in der Verteidigung mal Bälle verstoppt werden. Und das kommt natürlich einem dann im Sturm manchmal zugute. Und dann dachte ich irgendwie, jetzt im Kreis einfach mal schießen. Es war für uns natürlich auch glücklich, dass dann die Alster-Spielerin irgendwie noch reinspringt und meines Erachtens der Torhüterin völlig die Sicht versperrt. Ich dachte nur: Jetzt einfach drauf! Glück gehört natürlich dazu. Es war aber ein echter Heimvorteil.
Wie geht das Team mit dem anstehenden Trainerwechsel von Dawid Zimnicki auf Russell Garcia um?
Wir haben uns als Mannschaft versucht darauf zu einigen, das Thema aktuell auszublenden, und genießen die letzten Wochen mit unserem jetzigen Trainer Dawid. Natürlich laufen im Hintergrund Planungen und Gespräche für die nächste Saison, wir wissen, dass Russell dazukommen wird, aber momentan zählt nur die aktuelle Herausforderung. Wichtig ist, dass die Mannschaft möglichst zusammenbleibt, wobei ich nicht weiß, wer aus dem aktuellen Kader alles aufhört. Ich denke aber, es ist wichtig, dass wir in der nächsten Saison nicht wieder mit zehn neuen Leuten spielen. Und unser Co-Trainer Malte Pingel, der in der Rückrunde dazugekommen ist, wird auf jeden Fall dabeiblieben, so dass wir dort Kontinuität haben. Aber ein neuer Trainer ist schon immer auch ein Umbruch.
Jette Fleschütz konnte aufgrund ihrer Fußoperationen in dieser Saison nur ganz wenige Spiele bestreiten. Hier eine Viertelfinalszene mit Alsters Katharina Haid (in rot). Foto: Tischler
Wie bereiten Sie sich auf das Rückspiel gegen Alster vor?
Wir bereiten uns genauso vor wie aufs erste Spiel: mit voller Konzentration und ohne daran zu denken, dass wir bereits ein Spiel gewonnen haben. Die Kunst ist es vermutlich, nichts anders zu machen und nicht daran zu denken, dass man das erste Spiel bereits für sich entschieden hat. Daher ist es am besten, mit der gleichen Einstellung wieder reinzugehen und quasi bei Null anzufangen, so wie beim ersten Spiel. Denn wenn es gut läuft, ist es ja nur ein Spiel und nicht zwei. Wir wollen ganz normal trainieren und die Spannung aufrechterhalten. Ich glaube, damit fahren wir ganz gut.
Wird es in der Nationalmannschaft künftig weitergehen für Sie?
Wenn es nach mir geht, schon. Dort gab es ja auch gerade einen ziemlich großen Umbruch. Ich habe ja viele Lehrgänge und auch Spiele und Reisen nach Indien, USA und Argentinien wegen der Verletzung verpasst, möchte aber unbedingt wieder dabei sein. Damals in Mannheim war ich ja nur für zwei Tage dabei. Alle anderen Maßnahmen habe ich wegen der Verletzungen verpasst, aber ich freue mich darauf, bald wieder einzusteigen und habe auch wieder richtig Lust.
Vielen Dank für das Gespräch!