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Niklas Wellen: „Das könnte gegen Ende meiner Karriere natürlich eine Krönung sein“

Nach einem mehr als holprigen Saisonstart, der kurz auch mal den vorletzten Tabellenplatz einbrachte, haben die Herren des Crefelder HTC die Kurve bekommen. Und wie! Nach 16 Saisonspielen ohne Niederlage erreichten die Krefelder nicht nur einen guten vierten Platz in der Bundesliga-Abschlusstabelle, sondern nach zwei erfolgreichen Auftritten im Play-off gegen den Harvestehuder THC auch die Endrunde. Dass das Final-Four um den DM-Titel 2025 auf der Gerd-Wellen-Anlage in Krefeld stattfinden wird, stellt insbesondere für den Enkel des Namenspatrons eine besondere emotionale Verbindung her. Wie Niklas Wellen (30) diesem Event entgegensieht, erzählt der CHTC-Kapitän im Interview mit DHZ-Redakteur Uli Meyer. Dabei verrät der Weltmeister auch, dass er selbst im Falle eines DM-Gewinnes am kommenden Sonntag der Bundesliga noch mindestens eine weitere Saison erhalten bleibt.

Herr Wellen, was überwiegt bei Ihnen wenige Tage nach dem Einzug ins Final-Four auf der eigenen Anlage? Noch der Stolz über das Erreichte oder liegt schon jetzt der volle Fokus auf nächstem Samstag?

NIKLAS WELLEN: Ziemlich klar Letzteres. Der Stolz und die Freude waren unmittelbar nach dem Spiel natürlich groß. So, wie es aber aktuell läuft und wie wir drauf sind, ergibt es Sinn, den Fokus schnell wieder nach vorne zu richten und nicht zu lange zufrieden zu sein. Wir haben ein großes Ziel erreicht, aber wir sind in einer guten Verfassung, um am Wochenende noch ein richtiges Feuerwerk abzubrennen.

 

Der Weg in die „Endrunde Daheim“ war in der Viertelfinal-Serie gegen den Harvestehuder THC ein hartes Stück Arbeit für Sie und Ihre Mannschaft. Das hatten Sie sicherlich aber auch so erwartet, richtig?

Es hat der Tabellenvierte gegen den Fünften gespielt. Es war im Vorhinein klar, dass es eng werden würde. Wir sind vielleicht mit der besseren Form in die Serie gegangen, aber jeder, der sich in der Bundesliga nur etwas auskennt, weiß, dass es gegen den HTHC immer unangenehm ist. Vor allem, da sie nicht viel brauchen, um ihr Spiel zu spielen, gefährlich zu werden und vor allem ihre Tore zu schießen. Es gibt kaum eine Mannschaft in der Liga, die man weniger abschreiben darf als den HTHC. Egal bei welchem Spielstand, man ist nie sicher gegen sie. Wenn wir mal mit zwei Toren geführt haben, kam eigentlich prompt der Ausgleich. Sie schießen dann sogar noch ein aberkanntes Tor, verschießen einen Siebenmeter. Klar war das ein hartes Stück Arbeit, aber wir haben es am Ende gut gemeistert. Viele Dinge, die wir uns vor allem für unser Offensivspiel vorgenommen haben, haben geklappt und wurden deutlich besser über diese zwei Spiele. Letztendlich sind wir verdient weitergekommen.

 

2024 scheiterten die Herren des Crefelder HTC im DM-Halbfinale in Bonn mit 0:2 gegen den späteren Titelgewinner Mannheimer HC (in blau Linus Müller). Die CHTC-Angreifer Martin Ferreiro und (dahinter) Masi Pfandt rannten 60 Spielminuten lang vergeblich an. Die Partie litt unter einer zweieinhalbstündigen Regenpause. Foto: Kramhöller/Archiv

 

Der Spielverlauf war in beiden Begegnungen nahezu identisch und vor allem sehr torreich jeweils. In zwei Spielen hat der CHTC dabei sieben Gegentore kassiert - in der gesamten Rückrunde waren es zum Vergleich lediglich zehn. Woher kommt auf einmal die plötzliche Schwäche in der Defensive?

Um das richtig einzuordnen, würde Ich nur hinzufügen, dass es in der regulären Saison auch einfach extrem gut war. Dann fallen sieben Gegentore in zwei Spielen natürlich auch deutlich mehr ins Gewicht. Dennoch müssen und werden wir damit natürlich kritisch umgehen. Den klaren Grund dafür gibt es allerdings nicht. Wir haben, vielleicht aufgrund der Bedeutung der Spiele, wieder mehr Fehler gemacht, die wir vorher nicht gemacht haben. Da waren einige leichte Böcke dabei, die der HTHC effizient bestraft hat und die zu Gegentoren geführt haben. Das haben wir in den Spielen zuvor eigentlich abgestellt.

 

Etwas, was Krefeld auch mit Blick auf den bevorstehenden Gegner sicherlich abstellen muss. Im Halbfinale geht es jetzt gegen Ligameister Polo. Wie schätzen Sie den Gegner und die Rollenverteilung ein?

In erster Linie ist Polo eine unglaublich zusammengesetzte Mannschaft, die über eine brutale individuelle Qualität in ihren Reihen verfügt. Es ist meiner Meinung nach die Mannschaft, die wie keine andere Mannschaft Fehler so konsequent bestraft. Die Ergebnisse sprechen natürlich eine deutliche Sprache. Sie sind einfach unglaublich konsequent - das ist eine enorme Qualität. Vor allem in ihrem Konterspiel, was sowieso schon gut war und in dem sie jetzt nochmal stärker geworden sind. Polo geht nach der Saison natürlich als klarer Favorit in dieses Spiel. Wir werden aber unsere Mittel und Wege finden, um richtig Druck auf sie auszuüben.

 

Welche Relevanz haben dabei noch die Ergebnisse aus der regulären Saison? Der CHTC ist zumindest die letzte Mannschaft, die den Polo Club noch besiegen konnte?

Keine. Beide Spiele waren sogar vor der Hallensaison, dieses Jahr haben wir noch gar nicht gegen sie gespielt. Sie haben einen neuen Trainer seitdem und treten ganz anders auf. Wir gehen auch mit einem ganz anderen Lauf ins Halbfinale. Die Ligaspiele werden keinen Einfluss auf die Vorbereitung nehmen.

 

Nach dem Wiederaufstieg 2022 ist es nun die zweite Endrundenteilnahme in der dritten Saison, dazu noch die Vizemeisterschaft in der Halle in diesem Frühjahr. Gehört der CHTC also tatsächlich nun von der Leistungsstärke zum Kreis der Besten?

Ich würde es so formulieren: Wir gehören nicht zu den absoluten Topteams, aber sind aktuell vielleicht die Mannschaft, die dahinter am stärksten ist. Polo, Mannheim und Köln sind Topteams. Wenn man sich dort dazuzählen möchte, muss man das wie diese Mannschaften über Jahre hinweg abrufen. Es gibt vielleicht mal Ausnahmen, wie Köln beispielsweise im vergangenen Jahr, aber diese Mannschaften sind sonst bei jeder Endrunde dabei und das auch zurecht. Da sind wir noch nicht, aber wir sind auf einem guten, auf unserem Weg. Die Ergebnisse und die Entwicklung sprechen für sich. Es geht klar in eine Richtung. Von den Mannschaften im engen Ligamittelfeld haben wir vielleicht aktuell die beste Entwicklung genommen. Ich bin gespannt, wo das noch hinführen kann. Bei dieser Endrunde und in den nächsten Jahren.

 

Bei all dem, was Sie schon in ihrer Karriere erlebt haben: ein Final-Four auf der eigenen Anlage, die dazu noch nach Ihrem Großvater benannt ist - welchen Stellenwert nimmt dieses bevorstehende Event für Sie persönlich ein?

Definitiv einen besonderen. Für mich ist es auch erst das dritte Final-Four in Deutschland, also alleine das ist schon besonders für mich. Dazu kommt, dass es letztes Jahr in Bonn mit dem Unwetter und der langen Unterbrechung nicht so schön war, wie wir es vielleicht verdient gehabt hätten. Deswegen freue ich mich dieses Jahr noch mehr drauf - auch wegen der guten Wettervorhersage. Ich erinnere mich auch noch an die Endrunden 2018 und 2019 in Krefeld. Das waren schon hervorragend ausgerichtete Endrunden. Dem werden wir in diesem Jahr sicherlich in Nichts nachstehen. Es ist schon sehr besonders, ich freue mich extrem drauf. Mir fällt es aber jetzt schwer, das einzuordnen oder mit internationalen Turnieren zu vergleichen. Das könnte gegen Ende meiner Karriere - auf der eigenen Anlage, mit meinem Kindheitsverein - natürlich eine Krönung sein.

 

Die besten Vier kämpfen am Wochenende um die 82. Deutsche Feldmeisterschaft der Herren. Und Niklas Wellens CHTC ist einer davon. Foto: Hockeyliga 

Als die Endrunden-Ausrichtung verkündet wurde, hatte Ihre Mannschaft gerade einmal drei Punkte nach fünf Spielen auf dem Konto und war im Tabellenkeller. Dann folgte dieser unglaubliche Lauf. Wann hat der CHTC als Mannschaft die „Endrunde Daheim“ als Ziel oder Traum ausgesprochen? Und war es eine zusätzliche Motivation?

Ich weiß gar nicht, ob die Motivation dadurch so viel größer war. Klar freuen sich alle nochmal mehr, aber wir wollten ins Final-Four - egal ob das in Krefeld, Hamburg oder München ist. Das macht am Ende keinen Unterschied. Ich hatte ehrlicherweise auch nach dem schlechten Start nie das Gefühl, dass dieses Ziel in richtig weite Ferne gerückt ist. Das sah zu einem Zeitpunkt in dieser Saison sicherlich mal so aus. Wir standen aber nicht da unten, weil wir kein Hockey spielen konnten, sondern weil wir in dieser Phase einfach viel zu viele einfache Fehler gemacht haben. Ich wusste, dass wir die Qualität haben, um da unten wieder rauszukommen. Vor der Rückrunde haben wir uns natürlich hingesetzt, unsere Situation analysiert und klar gesagt, wo wir hinwollen. Wir wollten in die Play-offs und das mit der möglichst besten Platzierung. Dass es am Ende so kommt, wie es gekommen ist - mit mittlerweile 16 ungeschlagenen Spielen in Folge - hätte keiner gedacht.

 

Im Sommer 2024 verkündeten Sie bereits ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft, jetzt deuten Sie Ihr auch hier ein nahendes Karriereende an. Könnte ein mögliches Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 2025 eventuell auch Ihr letztes Vereinsspiel sein?

Ich spiele auf jeden Fall noch eine Saison weiter. Die letzte Saison wird das jetzt nicht sein.

 

Vielen Dank für das Gespräch!