DEUTSCHE
HOCKEY ZEITUNG

Mit Hockey erhalten Sie wertvolle Tipps und Informationen rund um den Hockeysport.

Laurens Halfmann: „In einer krassen Außenseiterrolle sehen wir uns mittlerweile nicht mehr“

Von den beiden aktuellen Aufsteigern in die 1. Bundesliga Herren hat zumindest einer Anschluss an die Konkurrenz gefunden. Während der SC Frankfurt 80 noch ohne Punkt nach zehn Spielen ziemlich abgehängt ist, hat der Gladbacher HTC nach anfänglichem Lehrgeld mittlerweile respektable Ergebnisse erzielt. Das 3:3-Unentschieden im jüngsten Auswärtsspiel beim Harvestehuder THC ist das aktuelle Beispiel. Zum Aufschwung des GHTC trägt Laurens Halfmann (25) besonders viel bei. Der wie auch sein drei Jahre jüngerer Bruder Quentin im Sommer nach Mönchengladbach gekommene Angreifer ist mit neun Treffern der erfolgreichste GHTC-Torschütze. Im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner geht es auch um die außergewöhnlichen Stationen in Halfmanns bisherigem Hockeyleben.  

 

Herr Halfmann, vom Auswärtstrip zum Harvestehude ist der GHTC mit einem Punkt zurückgekehrt. Ist das schon Grund zur Freude für Sie und Ihre Mannschaft oder wäre im Norden auch mehr drin gewesen?

LAURENS HALFMANN: Grundsätzlich wäre sicherlich mehr drin gewesen, da wir schon viele gute Möglichkeiten hatten. Wir hätten durchaus drei Punkte holen können, Gleiches gilt aber auch für den HTHC. Auch sie hatten viele Chancen, vor allem viele Strafecken, die wir aber vereiteln konnten. Das Unentschieden geht schon in Ordnung. Den Extrapunkt hätten wir schon gerne mitgenommen, aber da merken wir noch, dass uns ein wenig die Erfahrung fehlt. Da waren die Hamburger schon routinierter.

 

Mit welchem Anspruch sind Sie zu diesem Auswärtsspiel gefahren? Würden Sie sich noch als Aufsteiger in der krassen Außenseiterrolle in solchen Spielen sehen oder hat sich das über die Saison und mit den absolvierten Spielen verändert? Eure Ergebnisse haben sich zumindest nach anfänglichen Problemen nun deutlich stabilisiert.

In einer krassen Außenseiterrolle sehen wir uns mittlerweile nicht mehr. Wir mussten uns anfangs natürlich erst etwas finden. Wir hatten viele Neuzugänge, waren quasi eine neue Mannschaft. Dazu kamen noch einige Verletzte oder wichtige Spieler wie Mats Grambusch oder Max Silanoglu, die erst später zur Mannschaft kamen. Da muss man erst einmal schauen, wie sich das Ganze gestaltet, wie stabil wir in der Bundesliga schon spielen können. Die Spiele gegen Alster und Krefeld dürfen also eher als Ausrutscher nach unten gesehen werden. Die haben auch schon zu dem Zeitpunkt nicht unsere wahre Leistungsstärke widergespiegelt. Mittlerweile haben wir erkannt, wo unsere Stärken liegen, und können auch in Spielen gegen Köln oder Mülheim mithalten. Gegen Frankfurt konnten wir außerdem ein klares Ausrufezeichen setzen, dass wir uns nicht ganz nach unten orientieren müssen, sondern eher nach vorne schielen. Dementsprechend hat sich unsere Haltung und unser Anspruch in solchen Begegnungen natürlich etwas verändert.

 

Kaum dabei, zählt das Wort von Laurens Halfmann beim Gladbacher HTC schon eine ganze Menge. Der Neuzugang ist schnell zu einem der Leistungsträger beim Aufsteiger geworden. Foto: Breithaupt

 

Was war denn der Anspruch vor dem Saisonstart? Oder konkreter gefragt: Wie lautet die Zielsetzung für die Saison?

Ganz klar: Klassenerhalt. Als Aufsteiger wäre alles andere auch schwierig zu kommunizieren.

 

Sehen Sie Ihre Mannschaft da auf einem guten Weg?

Nach der Findungsphase am Anfang der Saison wissen wir jetzt ungefähr, wo die Reise hingehen kann und wie gut wir tatsächlich sein können. Das Ziel ist nicht nur der Klassenerhalt, sondern dass man sich so positioniert, dass man die bestmögliche Ausgangslage hat, um dieses Ziel auch zu erreichen. Das traue ich dieser Mannschaft auch zu. Wir haben genug individuelle Klasse im Vergleich zu unseren direkten Konkurrenten. Wir sind in Schlagdistanz zu München und sogar Krefeld und wollen den Kontakt nicht abreißen lassen – ganz im Gegenteil.

 

Sie helfen der Mannschaft beim Unterfangen „Klassenerhalt“ in jedem Fall tatkräftig mit Ihren Treffern. Ihnen gelangen bereits neun Treffer in zehn Spielen, was aktuell gleichbedeutend mit dem vierten Rang in der Torjägerliste ist. Warum läuft es bei Ihnen aktuell so gut vorm gegnerischen Gehäuse?

Meine Stärken lagen schon immer klar in der Offensive, und eine gewisse Torgefahr hatte ich eigentlich immer. Damit es aber so läuft, kommt es auf ganz viele Komponenten an. Es ist immer ein Zusammenspiel aus den eigenen Fähigkeiten und dem Umfeld. Wie wohl fühlt man sich? Wie viel Selbstvertrauen hat man gerade? Das Momentum ist gerade für einen Stürmer ganz entscheidend. Es lief für mich in dieser Saison von Anfang an gut, ich habe mich schnell wohlgefühlt in Gladbach und in dieser Mannschaft. Mit Mats habe ich natürlich auch einen Mitspieler, der dich als Stürmer optimal in Szene setzen kann – da gibt es keinen Besseren. Das Zusammenspiel funktioniert richtig gut. In erster Linie freut es mich, wenn ich der Mannschaft mit meinen Toren helfen kann. Dass ich jetzt so weit oben stehe, ist für mich persönlich natürlich auch schön.

 

Ihre Offensivqualitäten konnten Sie schon bei mehreren Stationen unter Beweis stellen. Dabei weisen Sie eine durchaus ungewöhnliche Hockeyvita auf: Nachdem Sie Teil des Mülheimer Meisterkaders waren, ging es für Sie zwei Jahre in die Hoofdklasse nach Eindhoven, wo Sie fester Bestandteil von Oranje-Rood waren. In Deutschland bekam davon allerdings kaum jemand etwas mit, obwohl deutsche Spieler in der Hoofdklasse nicht gerade zum Alltag zählen. Wie kam dieser Wechsel damals zustande?

In Mülheim hatte ich eigentlich bis 2021 eine ziemlich erfolgreiche Zeit – in der Jugend schon und dann später auch bei den Herren. Der Wechsel damals nach Eindhoven hat sich dann eher zufällig ergeben. Über einen niederländischen Spieler, den ich von Länderspielen mit U-Nationalmannschaften kannte, entstand der erste Kontakt. Ich habe dann einfach mal ein Probetraining dort absolviert, danach wollte mich der Trainer – Robert van der Horst war das damals – haben, und der Verein hat mir ein Vertragsangebot vorgelegt. Da musste ich nicht zweimal überlegen. Ich konnte zu einem niederländischen Topteam wechseln. Ich habe dort zwei Jahre gespielt, mich schnell integriert und in der Zeit quasi jedes Spiel gemacht. Es war persönlich eine erfolgreiche Zeit.

 

Nach zwei Jahren beendeten Sie dann Ihre Zeit in Eindhoven, und es ging zurück nach Deutschland. Allerdings nicht zu einem Top-Verein in der 1. Bundesliga, was man durchaus bei Ihren Arbeitsnachweisen vermuten dürfte, sondern in die 2. Bundesliga zum Düsseldorfer HC. Wieso?

Das hatte unterschiedliche Gründe. Zunächst habe ich die erste Hinrunde, nachdem meine Zeit in Eindhoven vorbei war, gar kein Hockey aufgrund eines Praktikums gespielt. Die Hallen-Europameisterschaft mit Portugal hat dann in erster Linie meine Vereinswahl beeinflusst. Ich brauchte einen Verein, in dem ich in der Halle auf möglichst hohem Niveau spielen konnte, um für die EM fit zu sein. Ich war dann schnell mit Tina Bachmann, die ich noch aus Mülheimer Zeiten kannte, in Kontakt. Da der DHC damals noch in der 1. Bundesliga gespielt hat, haben die Rahmenbedingungen grundsätzlich gepasst, sodass ich für die Hallensaison zunächst zugesagt habe. Der Verein hat dann schnell signalisiert, dass er mich gerne auch auf dem Feld haben würde. Und da das Regelwerk einen Wechsel zur Feld-Rückrunde sowieso verboten hätte, hat es sich dann so ergeben. Der DHC hatte auch Ambitionen und gute Chancen, in die 1. Bundesliga aufzusteigen. Außerdem ist es mein Kindheitsverein. Das hat in dem Moment alles gepasst.

Mit neun Toren in zehn Spielen ist Laurens Halfmann derzeit viertbester Bundesligaschütze. Foto: Breithaupt

 

Lange blieben Sie dann aber nicht. Eineinhalb Jahre später, im Sommer 2025, folgte der Wechsel zum Gladbacher HTC. Was waren dieses Mal die Gründe?

Mehrere Faktoren. Wir haben mit Düsseldorf versucht aufzusteigen, es aber nicht geschafft. Ich habe für mich gemerkt, dass es mir nicht reicht, nur in der 2. Bundesliga zu spielen. Nach der Saison gab es dann mehrere Möglichkeiten, weiterzumachen. Ich hatte auch erneut Angebote aus der Hoofdklasse. Das Engagement wollte ich aber nicht mehr eingehen. Da muss man schon Full-Time-Hockeyspieler sein. Das kann und wollte ich nicht mehr leisten. Mit Gladbach hatte ich dann schnell gute Gespräche. In den letzten Jahren hat die Entwicklung dort auch steil nach oben gezeigt – nicht zuletzt in der vergangenen Hallensaison. Mats war natürlich auch ein entscheidender Faktor. Es hat sich einfach gut angefühlt.

 

Welchen Stellenwert hat, beziehungsweise hatte, der Hockeysport denn für Sie?

Hockey hat mir natürlich immer viel bedeutet und auch einen großen Teil meines Lebens eingenommen, da ich immer auf höchstem Niveau spielen durfte. Der Stellenwert in meinem Leben war immer hoch. Ich habe bis einschließlich zur U21 in allen Nationalmannschaften für Deutschland spielen dürfen, was als Hockeyspieler natürlich das individuelle i-Tüpfelchen ist. Hockey war also naturgemäß ein großer Teil meines Lebens. 2018 hatte ich dann eine längere Verletzung. Da ging es gerade darum, ob ich den Sprung in den A-Kader – damals noch unter Stefan Kermas – schaffe. Zu der Zeit war ich fast ein ganzes Jahr raus. Da kam schon ein gewisser Bruch. Den Sprung habe ich dann nie geschafft. Hockey ist immer noch eine Priorität in meinem Leben, aber ich bin realistisch genug zu wissen, dass man das auch alles mit der akademischen und beruflichen Karriere vereinbaren muss.

 

Der Sprung in die deutsche Nationalmannschaft blieb Ihnen vielleicht verwehrt, doch für Portugal gehen Sie mittlerweile auch regelmäßig auf Torejagd. Wie kam es dazu?

Das ist eine Herzensangelegenheit – unseren Großeltern zuliebe. Portugal hat schon früher immer wieder angefragt, als ich noch in den U-Mannschaften spielte. Da war das aber noch kein Thema. Als Portugal dann erstmals bei einer A-Europameisterschaft in der Halle mitspielen durfte, wurde es interessant, und ich habe dem Ganzen einfach eine Chance gegeben. Es ist etwas Besonderes, für Portugal zu spielen – vor allem mit meinem kleinen Bruder zusammen. Bisher haben wir schöne Erfahrungen gemacht. Mal schauen, wo das noch hinführt in Zukunft.

 

Blicken wir abschließend noch auf das nächste Wochenende. Zum Abschluss der Hinrunde gastieren München und der MHC bei Euch. Wie geht der GHTC das Wochenende an? Voller Fokus auf Samstag?

Unser Ziel ist es zunächst, am Samstag drei Punkte zu holen. Das liegt auch absolut im Bereich des Möglichen. Am Sonntag gucken wir dann, was gegen so ein Topteam zu holen ist. Trotzdem gehen wir auch in das Spiel mit breiter Brust. Wir spüren, dass wir uns im Grunde vor niemandem verstecken müssen. Das haben wir jetzt unter Beweis gestellt. Das Hinspiel in Mannheim war auch schon knapp – da steht es kurz vor Ende nur 0:1. Wir wissen, wo wir unsere Qualitäten haben und wie wir diese einsetzen können.

 

Vielen Dank für das Gespräch!