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Feldhockey-Bundesliga feiert zwei runde Geburtstage

50 Saisons der Herren sind absolviert / Damen starteten vor 40 Jahren

15.04.2020 - Um zwei runde Geburtstage herum bewegt sich die Feldhockey-Bundesliga. Etwas mehr als 50 Jahre gibt es sie bei den Herren, vor genau 40 Jahren startete sie auch bei den Damen. Wir sind in die Archive gestiegen, haben die Geburtsstunden der bundesweiten Spielklassen im Deutschen Hockey-Bund beleuchtet.

Als am 20. September 1969 in Berlin vor immerhin 550 zahlenden Zuschauer das allererste Anspiel in einer Feldhockey-Bundesliga erfolgte und der 19-jährige BHC-Stürmer Dankert Schachner schon nach zwei Minuten das Premierentor der neuen Spielklasse schoss (beim 7:1-Sieg des Berliner HC über die TSG Kaiserslautern), da war der Startschuss gefallen. Aber natürlich wurde in Deutschland schon davor viele Jahre lang Hockey in Wettkampfform bestritten, seit 1937 mit wenigen Ausnahmen (1945 bis 49) nach dem Krieg auch jährlich ein Deutscher Meister ermittelt. Dies geschah über die Landesmeisterschaften, und die Besten aus den Landesverbänden sowie in regionalen Vorausscheidungsrunden qualifizierten sich für die Spiele um den nationalen Titel. In zwei Vierergruppen mit Berlin 1, Süd 1, West 2 und Nord 2 sowie West 1, Nord 1, Süd 2 und Süd 3 wurden anschließend in einer Hin- und Rückrunde die Gruppensieger ermittelt, abschließend das DM-Finale bestritten. So war es jedenfalls noch 1969 bei den Herren.

Die Idee einer Bundesliga, wie es sie beispielsweise im Fußball seit August 1963 gab, begann im Hockey ebenfalls schon in den 60er Jahren salonfähig zu werden. Ein erster Anlauf, solch eine bundesweite Herren-Spielklasse im DHB einzuführen, scheiterte, als beim außerordentlichen Bundestag 1966 in Wiesbaden ein entsprechender Antrag mit deutlicher Stimmenmehrheit der Delegierten abgelehnt wurde. Die Zeit war anscheinend noch nicht reif oder die vorliegenden Modelle der Umsetzung noch nicht ausgegoren genug. Von einer Damen-Bundesliga ganz zu schweigen. Das sollte noch länger dauern.

Richtig dramatisch wurde es beim Bundestag im April 1969 in Heidelberg. Befürworter und Gegner einer Feld-Bundesliga der Herren hatten sich in den Wochen bis zur Zusammenkunft der Delegierten einen engagierten Wettstreit der Argumente pro und contra geliefert. Und das schlug sich dann auch im Abstimmungsergebnis nieder: 334 Stimmen erhielt der Antrag für die Einführung der Bundesliga, 332 Delegierten stimmten dagegen, dazu kamen 27 Enthaltungen. Noch ehe bei den Befürwortern der erlösende Jubel ausbrechen konnte, meldete ein Vereinsvertreter, dass seine elf Stimmen (alle gegen den Antrag) nicht mitgezählt worden wären, weil sie auf einer Ersatzkarte (das Original war über die Mittagspause verloren gegangen) geschrieben waren. Was nun? Die Verwirrung war groß, ein dreiköpfiges Alterspräsidium musste über den weiteren Fortgang befinden. Man kam zum Schluss, dass die komplette Abstimmung wiederholt werden müsse. Dann die Überraschung, als es im zweiten Durchgang mit 406:265 Stimmen (und 17 Enthaltungen) zu einem deutlicheren Vorsprung kam. Die Bundesliga war geboren!

Qualifiziert für die Premierensaison ab Herbst 1969 waren jene acht Mannschaften der DM-Zwischenrunde 1969 sowie je ein drittes Team aus dem Westen und dem Norden sowie noch zwei weitere Vertreter aus dem Süden.

Die Besetzung der ersten BL-Saison 1969/70

Gruppe Nord: Gladbacher HTC, Rot-Weiß Köln, Schwarz-Weiß Köln, Klipper Hamburg, DHC Hannover, UHC Hamburg    
Gruppe Süd: Berliner HCSC, Frankfurt 80, HC Ludwigsburg, HC Heidelberg, Rot-Weiß München, TSG Kaiserslautern

Nach einer Hin- und Rückrunde innerhalb der Gruppen mit insgesamt 60 Spielen qualifizierte sich der Punktbeste jeder Gruppe für das DM-Endspiel: Erster Meister in der neuen Ligastruktur wurde der SC Frankfurt 80, der durch den 3:0-Finalsieg über RW Köln im Mai 1970 seinen DM-Titel aus dem Vorjahr erfolgreich verteidigen konnte.
Schon nach der zweiten Saison gab es die erste Änderung. Die Bundesliga wurde von 12 auf 16 Mannschaften aufgestockt. Das bedeutete eine Fast-Verdopplung der Spielanzahl (jetzt: 112). Bei dieser Konstellation von zwei Achtergruppen blieb es dann allerdings über viele Jahre hinweg bis Ende 2002. Neu war nur, dass ab der Saison 1975/76 die beiden Gruppenersten nicht mehr automatisch ihre Endspielteilnahme sicher hatten, sondern sich ab sofort einem Überkreuz-Halbfinale gegen den Zweiten der anderen Gruppe stellen mussten.

Diese Grundfesten der Feld-Bundesliga (16 Teilnehmer in zwei Gruppen; Halbfinale und Endspiel um den DM-Titel) kamen ebenfalls zur Anwendung, als auch die Damen endlich ihre Bundesliga bekamen. Das war in der Feldsaison 1980/81 der Fall. Ähnlich wie auf männlicher Seite bedurfte es dafür eines Bundestagsbeschlusses. 1979 in Gernsbach votierten 376 Delegierte für und 313 Delegierte gegen die Einführung einer Damen-Bundesliga. Dass in der Diskussion bestimmt nicht nur sportliche Argumente eine Rolle spielten, verdeutlicht der DHZ-Bericht über den Bundestag. Wörtlich heißt es da: „Es gab Zustimmung und Ablehnung, wobei letztere vor allem mit der familiären Verpflichtung der verheirateten Spielerinnen und den nicht aufzubringenden Kosten begründet wurde.“ Das liest sich aus heutiger Sicht und in Zeiten der Gleichstellungskampagne Equally Amazing mehr als schräg.

Die Besetzung der ersten Damen-BL-Saison 1980/81

Gruppe Nord: Blau-Weiß Köln, RTHC Leverkusen, Großflottbeker THGC, Club Raffelberg, UHC Hamburg, Eintr. Braunschweig, Düsseldorfer HC, Klipper Hamburg        
Gruppe Süd: 1. Hanauer THC, SC Brandenburg, Eintracht Frankfurt, Münchner SC, TSG Pasing München, Rot-Weiß Stuttgart, HTC Stuttgarter Kickers, Zehlendorfer Wespen

Die nächsten Veränderungen brachte die Saisonumstellung auf den Spielbetrieb im Kalenderjahr - mit Start im Frühjahr und dem DM-Finale im Spätherbst - ab 1983 und die vorübergehende Erweiterung der Bundesliga um ein Team pro Gruppe 1991 mit sich. Nach Herstellung der Deutschen Einheit und der Aufnahme der Hockeylandesverbände aus Ostdeutschland in den DHB wurde vereinbart, den besten Mannschaften des Deutschen Hockey-Sportverbandes der bisherigen DDR die Teilnahme an der Bundesliga zu gewähren. Im Saisonfazit 1991 zur 1. BL Herren hieß es in der DHZ: „Dass die beiden ehemaligen DDR-Spitzenteams SV Lindenau Grünau Leipzig und Cöthener HC in ihrer ersten Bundesligasaison einen ganz schweren Stand haben würden, war allen klar. Letztlich ist es so gekommen, wie Skeptiker befürchteten: Abstieg mit deutlichem Abstand, das ein oder andere Debakel auf Kunstrasen (Leipzigs 0:13 in Mülheim bedeutete Bundesliga-Torrekord) und eine Chance, wenigstens einigermaßen mitzuhalten, nur auf heimischem Naturrasen.“
Auf weiblicher Seite hatte sich nur ein ehemaliger DHSV-Verein gefunden, der sich das Abenteuer Bundesliga zumuten wollte. Die Damen des ATV Leipzig konnten den Abstieg ebenso wenig verhindern wie die Lindenauer und Köthener Herren, aber doch gab es einen Unterschied. In der DHZ-Berichterstattung stand: „Viele hätten dem Neuling ATV Leipzig ein längeres Gastspiel in der Bundesliga gewünscht. Trotz des Abstieges können die Sächsinnen jedoch erhobenen Hauptes abtreten. Sie sind nicht das von Skeptikern erwartete ,Schlachtopfer’ geworden, sondern haben in den meisten Spielen positiv überrascht.“ Tatsächlich schafften die ATV-Damen später noch für drei Spielzeiten die Rückkehr ins Feld-Oberhaus (1995, 96, 99) – als einziges Team mit DDR-Vergangenheit.



Das Jahr 2002 bedeutete für die Hockey-Bundesliga eine große Zäsur. Vielen war die Bundesliga in der praktizierten Form nach über 30 Jahren einfach nicht mehr attraktiv genug. Wenn schon Bundesliga, dann richtig. Sprich keine Gruppen mehr, sondern eine einteilige Topklasse mit den stärksten 12 Mannschaften. Bemühungen, solch eine Leistungskonzentration, aber auch ein weiteres Stück Professionalisierung herbeizuführen, gab es schon ab Mitte der 80er Jahre. Doch Anläufe, dafür auch eine Mehrheit der Vereine zu gewinnen, scheiterten mehrfach. Erst der damalige DHB-Vorstand-Bundesliga Hans Baumgartner schaffte durch akribische Vorarbeit und beharrliche Überzeugungskraft den Durchbruch. Bei einem außerordentlichen Bundestag im Januar 2002 in Duisburg wurde mit 752:357 Stimmen die hockeyliga beschlossen, mit der Saison 2002 als Qualifikationsspieljahr. Bei den Damen ging der Schritt sogar noch weiter: Da wurden die bislang 16 Erstligisten auf zehn reduziert, dafür gleichzeitig aber eine neue 2. Bundesliga eingeführt (die es bei den Herren schon seit 1988 gab). Erst ab 2010/11 wurde auch die 1. BL Damen von zehn auf zwölf Teams aufgestockt.

Mit der Ligareform einher ging eine erneute Saisonumstellung. Die Feldsaison der Erwachsenen sollte wieder, wie bis Anfang der 80er Jahre, von Herbst bis zum Frühsommer des Folgejahres laufen. Um in den Rhythmus zu kommen, gab es eine gestreckte Saison 2003/04, wobei nach der Hinrunde unter den ersten vier zu diesem Zeitpunkt führenden Bundesligisten ein deutscher Meister 2003 ausgespielt wurde und es sofort danach in die Ligarückrunde ging. Mitte der 2000er Jahre kamen Versuche hinzu, mit vermehrten Play-off-Spielen (dafür einer reduzierten Zahl normaler Ligaspiele) für noch mehr Spannung und Attraktivität zu sorgen. Ab der Saison 2011/12 kehrte man wieder zum ursprünglichen System mit einer kompletten Hin- und Rückrunde zurück.

Im Übrigen stand dem stark erweiterten BL-Programm in der olympischen Disziplin Feldhockey (immerhin 22 Ligaspiele) mit einer 2000/01 umgesetzten Ligareform im Hallenhockey eine Regionalisierung und Verkleinerung des Bundesliga-Winterspielbetriebs gegenüber.

In 50 bzw. 39 Jahren der Bundesliga spielten insgesamt 49 Vereine bei den Herren und 42 Clubs bei den Damen in der höchsten Feld-Spielklasse. Es gibt keinen Verein, der in allen BL-Spieljahren erstklassig war. Die beiden nach Saisonteilnahmen und erreichten Punkten führenden Clubs auf männlicher Seite, Uhlenhorst Mülheim und Rot-Weiss Köln, hatten ihre Schwächephase ausgerechnet zu der Zeit, als die einteilige 1. Bundesliga aus der taufe gehoben wurde. Beide waren abgestiegen (Mülheim 2001, Köln 2002) und gehörten dann auch nicht zu den Gründungsmitgliedern der Hockeyliga.

Der Berliner HC als erfolgreichster Bundesligist bei den Damen fehlte zwar in den ersten beiden Bundesligajahren, blieb dann aber 37 Jahre in Folge und bis heute erstklassig. Noch nie aus der ersten Liga absteigen mussten neben den BHC-Damen auch die Herren vom Club an der Alster (immerhin seit 1983 dabei) und vom Hamburger Polo Club, der allerdings auch erst seit 2018 erstklassig ist. Ganz stolz darf der Mannheimer HC sein: Er ist der einzige Verein, der bei Herren und Damen noch nie seinen Erstliga-Status verlor, und das bei immerhin 20 BL-Spielzeiten (elf bei den Herren und neun bei den Damen).  

lim