24.06.2020 Seit 1937 wird der Titel eines Deutschen Feldhockeymeisters vergeben. Erst bei den Herren, ab 1940 spielten dann auch die Damen ihr bestes Vereinsteam aus. Die Endspiele um den Meistertitel sind jährlich nationale Höhepunkte im Hockeykalender. Die DHZ hat sich in die Archive gestürzt und die Finalduelle einer etwas genaueren Betrachtung unterzogen. Weil das für den Deutschen Hockey-Bund immerhin schon 151 solcher Duelle waren, ist das für eine einzige DHZ-Ausgabe zu viel Stoff. Wir machen heute den Start, im Juli-Magazin geht es in Teil zwei weiter. Dann werden auch die Meisterschaften des Deutschen Hockey-Sportverbandes der DDR beleuchtet, denn zwischen 1949 und 1990 wurden auch im Osten deutsche Meistertitel ausgespielt.
Deutsche Meister auszuspielen oder Vereinsmannschaften in einen Ligabetrieb einzuordnen, das war im deutschen Hockey anfangs kein allseits vorherrschender Wunsch. Das mag aus heutiger Sicht verwundern, doch solche Gedanken widersprachen vor allem in den Gründerjahren vor gut hundert Jahren dem Geist, mit dem die in Deutschland noch junge Sportart verstanden und betrieben wurde. In einer der ersten Satzungen des 1909 gegründeten Deutschen Hockey-Bundes wurde ausdrücklich festgelegt, „keine Spiele um Preise, Meisterschaften oder dergleichen“ auszuschreiben. Höchstens auf regionaler Ebene konnten die Vereine so etwas auf die Beine stellen, Clubkämpfe waren ein beliebtes Mittel. Aber Deutsche Meisterschaften? Man sträubte sich lange gegen fest durchstrukturierte Wettkampfsysteme.
Abgesehen von einigen regionalen Versuchen konnten sich erst die Spiele um den Silberschild zu einem nationalen Wettbewerb von echtem Gewicht etablieren. Aber dieser Pokal war ab 1913 eine Auseinandersetzung für Verbandsauswahlteams, die Vereinsmannschaften spielten lange eine untergeordnete Rolle. Wer in den Nationalkader und für Länderspiele berufen werden wollte, musste in seiner Länderauswahl beim Silberschild zu überzeugen wissen. Ähnliches galt für die Damen und deren 1935 eingeführten Eichenschild.
Bis in die 50er Jahre hinein spielten diese Verbandswettbewerbe eine dominierende Rolle und waren lange ein Grund, warum sich die Einführung von Deutschen Meisterschaften für Vereinsmannschaften hinauszögerte. Erst die Außerkraftsetzung der demokratischen Strukturen in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes war ausschlaggebend für den DM-Start. Auf Anordnung der damaligen Reichssportführung wurden entgegen der Mehrheitsmeinung der eigentlichen Hockeyfunktionäre Deutsche Hockeymeisterschaften organisiert und ausgespielt, erstmals 1937 bei den Herren und drei Jahre später dann auch bei den Damen. Über die Spiele in den einzelnen Regionen (damals: Gaue) konnten sich die Mannschaften dann über die Vor-, Zwischen- und Vorschlussrunde schließlich bis ins Endspiel vorkämpfen.
Auch wenn das Zustandekommen also alles andere als ein Lehrbeispiel eines demokratischen Prozesses war, so kamen die Meisterschaften trotzdem gleich erstaunlich gut an – bei den Teams selber, aber auch außerhalb. Die ersten Endspiele liefen vor beachtlichen Zuschauerzahlen ab, wie man sie beim Hockey bislang kaum kannte.
Das Kriegsende und die Folgen bremsten das junge Pflänzlein DM, aber nach fünf Jahren Zwangspause ging es dann rasch weiter – und bedingt durch die politische Teilung Deutschlands sogar auf zwei Ebenen. Im Osten war man da noch schneller als im Westen. Schon am 12. Juni 1949 fand ein „Ostzonen-Endspiel“ in Köthen statt, und nach der Gründung der DDR im Oktober 1949 wurden fortan DDR-Meisterschaften ausgetragen. Auf Beschluss des Deutschen Sportausschuss (DS) wurde die erste DDR-weite Spielklasse für das Spieljahr 1951/52 auch im Hockey als DS-Liga bezeichnet. Obwohl bis zum Jahr 1957 bereits mehrere Meisterschaften stattfanden, wurden die Titelkämpfe in diesem Jahr als „1. Deutsche Feldhockey-Meisterschaft“ der DDR bezeichnet. Diese Bezeichnung und die entsprechende Zählung wurden bis 1969 beibehalten, im folgenden Jahr 1970 hieß es „Deutsche Meisterschaft der DDR“, dann wieder nur noch „DDR-Meisterschaft“. Der Austragungsmodus der Meisterschaften bei den Damen und Herren im Feldhockey wurde in den frühen Jahren bis etwa 1970 relativ häufig geändert. Die Gründe waren vielfältig. Es wurde versucht, dadurch ein höheres Leistungsniveau zu erreichen, Reisezeiten und -kosten sollten möglich niedrig gehalten werden. Auch sollte mehr Zeit für Freundschaftsspiele geschaffen. Bei den Damen war die Anzahl der teilnehmenden Mannschaften zeitweise sehr gering, was zu Änderungen beim Austragungsmodus zwang. Richtige Endspiele um die Meistertitel des seit 1958 als Deutscher Hockey-Sportverband der DDR firmierenden Verbandes gab es eigentlich nur zwischen 1956 und 1966, im Anschluss gingen die Titel ohne Finale an die Tabellenersten der höchsten Spielklasse.
Anders der weitere Verlauf im Westen. Nach Wiedergründung des Deutschen Hockey-Bundes im Dezember 1949 standen ab 1950 regelmäßig Endspiele um die Deutsche Meisterschaft auf dem Programm. Diese Finals waren für Hockeyverhältnisse besonders in den 50er Jahren echte Straßenfeger. Von Zuschauerzahlen wie jenen 10 000 bei den Herren-Endspielen 1951 und 1956 sowie den 8000 Besuchern des Damen-Finals 1951 kann man heutzutage nur träumen.
Die Gründung der Feld-Bundesliga im Herbst 1969 (Herren; die Damen folgten 1980) bedeutete den nächsten großen Einschnitt. Wurden bislang die Teilnehmer des DM-Endspiels über die Landesmeisterschaften und dann über überregionale Zwischenrunden und Gruppenphasen ermittelt (wobei das Heimrecht für das Finale oftmals ausgelost wurde) , so konnten sich fortan nur noch die Bundesligateams für das DM-Finale qualifizieren. In den Anfangsjahren war das den beiden Siegern der BL-Gruppen Nord und Süd vorbehalten, ab 1976 war es dann üblich, dass die ersten beiden jeder Gruppe in einem Überkreuz-Halbfinale die zwei Finalisten ausspielten, in den 90er Jahren wurden noch Viertelfinals vorgeschaltet, um den Ligaalltag noch spannender zu machen.
Limburg 1986 bedeutete einen doppelten Einschnitt im Geschichtsbuch: Erstmals fand ein DM-Endspiel auf Kunstrasen statt (Mülheims Herren schlugen Stuttgart 4:3), und erstmals wurde die Meisterfindung in einer Turnierfom mit zwei Halbfinals am Samstag und dem Endspiel am Sonntag durchgeführt – ohne Kunstrasen undenkbar! Heute kennt man solche Events als „Final Four“, die seit einigen Jahren nun sogar als Doppelevent mit den besten vier Teams aus Damen- und Herren-Bundesliga bestückt werden.
Bei solchen eng getakteten Veranstaltungen würden Verlängerungen, wie sie jahrzehntelang üblich waren, den zeitlichen Rahmen sprengen. Verlängerungen im Anschluss an ein unentschieden ausgegangenes Entscheidungsspiel gibt es im deutschen Hockey seit 2015 nicht mehr (weil auch der Weltverband FIH solch eine Regelung aus seinen Bestimmungen gelöscht hatte). Zum gleichen Zeitpunkt wurde auch das Siebenmeterschießen aus dem Reglement entfernt und durch den Shoot-out-Wettbewerb ersetzt.
Aufgrund dieser Neuerungen wird die 21. Deutsche Meisterschaft der Damen mit größter Wahrscheinlichkeit als zeitlich längstes Finale in die deutsche Hockeygeschichte eingehen. Geschlagene 270 Minuten, also viereinhalb Stunden Nettospielzeit, bekämpften sich im Spätherbst 1965 Eintracht Braunschweig und Großflottbeker THGC. 0:0 endete nach 90 Minuten (die üblichen zweimal 35 plus zweimal zehn in zwei Verlängerungen) die erste Partie in Hamburg, eine Woche später gab es das gleiche Programm in Braunschweig: Endstand 1:1. Eine dritte Partie wurde auf neutralem Boden (Hannover) angesetzt. Schnellfall verhinderte kurzfristig die Austragung, an einem 21. November schließlich auch keine völlige meteorologische Überraschung. Der DHB wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als beide Mannschaften gemeinsam zu Meistern zu erklären – das wiederum wollten die Beteiligten nicht, die auf eine sportliche Entscheidung bestanden. Beide Vereine einigten sich auf ein kurioses Datum: 2. Januar 1966. Wieder ging es in die Verlängerung, wo dann endlich ein Sieger gefunden wurde. Braunschweig gewann mit 3:1.
In Ausgabe 21 der DHZ finden Sie die Aufstellung, welche Vereine wie oft Deutscher Feldmeister geworden sind. Wie unschwer zu erkennen ist, liegen im Bereich des DHSV die im Lauf der Jahre sich unterschiedlich firmierenden Vereine aus Jena im Damenbereich vorne, bei den Herren hat Osternienburg die meisten Titel errungen. Im DHB ist der Harvestehuder THC der größte Titelsammler im Damenbereich, der HTC Uhlenhorst Mülheim dominiert die Herrenseite. Der Verein, der wohl am meisten mit knapp verpassten Meisterschaften hadern dürfte, ist der UHC Hamburg. Gab es bei den Damen bei 17 Endspielteilnahmen wenigstens sechs Titel für die Uhlen aus der Hansestadt, so gingen die UHC-Herren bei allen ihren acht Finalbeteiligungen als unterlegenes Team vom Platz.
Nach der Übersicht zu allen deutschen Feldmeistern in West und Ost zwischen 1937 und 2019 (Seite 14/15) gibt es ab Seite 16 eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Endspiele. Aufgeführt sind Paarung, Spieldatum und –ort, Torfolge, Schiedsrichter, Zuschauerzahl, Aufstellung der Siegermannschaft und ein „Zitat“ aus der DHZ-Berichterstattung.
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