15.09.2020
Kaum waren an dieser Stelle vorige Woche die Zeilen verfasst, dass der Re-Start der Bundesliga nach langer Corona-Zwangspause ohne gravierende Vorfälle und damit erfolgreich über die Bühne gegangen war, platzte die Vorstellung von der heilen Welt. Der Hockeysport wurde kurz danach vom aktuellen Zeitgeschehen eingeholt.
Mitte der Woche wurde bekannt, dass es bei den Erstligaherren des Harvestehuder THC einen COVID-19-Verdachtsfall gegeben hatte, der Spieler wurde dann auch positiv getestet, in der Folge davon weitere zwei. Das örtliche Gesundheitsamt ordnete sogleich die häusliche Quarantäne von 13 Spielern aus der sogenannten Corona-Kontaktgruppe K1 an. Gemäß der Hygienschutzbestimmungen des Deutschen Hockey-Bundes hatte dies Spielabsagen der HTHC-Herren für das jetzt zurückliegende Wochenende zur Folge, da mehr als fünf Stammspieler nicht zur Verfügung standen (in der Folge wurden auch die Harvestehuder Damen noch von den Folgen eingeholt, auch deren Einsatz am Doppelspieltag fiel kurzfristig ins Wasser).
Diese Fälle zeigen, wie fragil in Zeiten der Pandemie alle Planungen in sportlicher Hinsicht sind. Und dass ungewollt sofort auch Härten entstehen können. Eine solche bekamen die Herren des Nürnberger HTC zu spüren. Auch bei ihnen gab es Verdachtsfälle und im Umfeld des Bundesligakaders dann auch nachgewiesene Infizierungen. Weil jedoch aus dem direkten Kreis des Nürnberger Bundesligakaders bis zum Wochenende keine behördlich festgestellten Corona-Fälle vorlagen, sah der DHB keinen zwingenden Anlass, auch den NHTC von seinen Spielverpflichtungen zu entbinden. So mussten die Franken statt dem geplanten Doppelwochenende in Hamburg (Samstag Flottbek, Sonntag HTHC) lediglich für eine Partie die weite Reise antreten (was auch für die Herren von RW Köln galt).
Auf ihrem langen Weg in den Norden ließen die Nürnberger Spieler ihren Gedanken freien Lauf und posteten in den sozialen Netzwerken ein Statement, das aufhorchen ließ. So wurde darin dem Verband unterstellt, dass ihm das Durchziehen des Spielverkehrs wichtiger sei als der Gesundheitsschutz und dass sich die Spieler „mehr Gehör und Flexibilität“ vom DHB gewünscht hätte, schließlich habe gerade in einem Amateursport jeder einzelne selbst die Abwägung zu treffen, ob er sich durch das Betreiben eines Kontaktsports einem erhöhten Ansteckungsrisiko aussetzen möchte oder nicht. Drei Bundesligaspieler des NHTC, zwei davon als Ärzte beruflich ohnehin in einer besonderen Situation, haben freiwillig auf die Reise nach Hamburg verzichtet. Dass die Nürnberger Rumpftruppe in Flottbek ein 1:1 erkämpfte, wird in diesen Zeiten zu einer sportlichen Randnotiz.
Uli Meyer